Auch die archäologische Fachwelt zeigte sich enttäuscht bis empört. Das hiesige Publikum wird auf die Enthüllungen von Hollywood-Regiseur James Cameron noch einige Wochen warten müssen. Der deutsche Privatsender Pro7 zeigt den Film am Karfreitag (6. April). "Der Film enthält viele Ungenauigkeiten und sogar Betrügereien", sagte der israelische Archäologe Amos Kloner der Presseagentur Kipa in Jerusalem. Kloner hatte das Grab 1980 im Jerusalemer Stadtviertel Talpiot entdeckt, erforscht und 1996 den Fund mitsamt Inhalten wissenschaftlich publiziert. Er fand keine wissenschaftlich tragfähigen Anhaltspunkte für die Grundthese des Films, dass in der Grabhöhle Jesus und seine Familie - inklusive Ehefrau und Sohn - bestattet worden seien. Auch der vor Jahren an der Untersuchung der Knochenreste beteiligte US-israelische Archäologe Joe Zias lässt an der Dokumentation des Discovery Channel nichts Gutes. "Trotz allen Presserummels erweist sich der Film als Flop, weil er eine Zumutung an die Intelligenz der Zuschauer ist", sagte Zias nach der TV-Ausstrahlung. Auch in den USA, wo "Das Grab Jesu" am Wochenende lief, habe er nur eine Einschaltquote von rund drei Prozent erzielt. Zusammen mit Kloner und einem weiteren Archäologen sollte Zias auf Einladung des Senders zu einer Pressekonferenz nach Washington eingeflogen werden, um dem Film einen seriöseren Anstrich zu geben, berichtete Zias weiter. Doch die drei Wissenschaftler weigerten sich, mit den Filmemachern zu kooperieren - auch weil ihren Angaben zufolge ein im Film befragter israelischer Archäologe heimlich und gegen seinen Willen gefilmt worden sein soll. Die Tageszeitung " kritisierte die Machart des Streifens. "Mit ganz grossen Löffeln füttert Produzenten Simcha Jacobovici die Zuschauer mit seinen Thesen", schreibt der Filmkritiker des Blattes. "Vor lauter Sensationsgehabe um jeden Namen und Glockenläuten um jedes Detail zerstört er die ganze Geschichte." So moniert das Blatt etwa die lange Szene einer DNA-Prüfung von winzigen Knochenresten, deren Ergebnisse dem Zuschauer eigentlich schon vor dem Ergebnis der Analyse nahe gelegt werden: Die sterblichen Überreste von "Jesus Sohn des Josef" und einer gewissen "Maria Mara" zeigen keine Verwandtschaft. Damit ist für die Filmemacher "einwandfrei bewiesen": Jesus und Maria Magdalena waren verheiratet und hatten ein gemeinsames Kind namens "Jose", das in der Grabhöhle einen eigenen Sarkophag habe. "Da werden Fantasiegebilde als Fakten präsentiert. Das kann niemand ernst nehmen", urteilt Amos Kloner lapidar. Dan Browns "Da-Vinci-Code" lässt grüssen. Sowohl der Neutestamentler Max Küchler von der Universität Freiburg (Schweiz) als auch sein Fachkollege deutscher Wolfgang Stegemann hinterfragen auch die angebliche Entdeckung der Grabesstätte von Jesus. Alle seriösen Wissenschaftler, die er in Jerusalem kenne, so Küchler, schüttelten über die These von Cameron bloss den Kopf. Dessen Film "Das verlorene Grab Jesu" spiele bestehende archäologische Evidenzen mit angeblich wissenschaftlichen Argumenten zu "unhaltbaren Thesen" hoch, so Küchler. Beklagenswert ist für Küchler der Trend, dass seit einigen Jahren zu Ostern Wissenschaftler oder Pseudo-Wissenschaftler mit angeblich sensationellen Funden zu Gestalten der Bibel aufwarten. Das amerikanische Forscherteam habe ihre "gewitzte" Interpretation der Entdeckung eines Kammergrabes mit zehn Knochenkästen von 1980 in Jerusalem eher aus Dan Browns Krimi "Sakrileg" geschöpft als aus antiken Quellen, schreibt Neutestamentler Wolfgang Stegemann in der "Neuen Zürcher Zeitung". Stegemann ist Professor für Neues Testament an der Universität Neuendettelsau, der Kirchlichen Hochschule der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern. In Browns Krimi hätten die "Hobbyarchäologen", so Stegemann, die Hypothese von einer Ehe Jesu mit Maria Magdalena gefunden und diese auf "zwei Knochenkästen" angewendet. Camerons Interpretation werde wohl genau so untergehen, wie die angeblich unsinkbare "Titanic", spottet Stegemann Mehr zum Thema: Kopfschütteln über Jesus-Grab-Film Ungenauigkeiten und Betrügereien
„Film ist Flop“
Versuch eines seriösen Anstrichs
"Da-Vinci-Code" lässt grüssen
„Eine absurde Theorie“
These wird untergehen
Datum: 08.03.2007
Quelle: Kipa