Nach «Leben Live» folgt bald ein Musical über Martin Luther King
Meinrad Schicker, 28
Gemeinden und Werke sind in der Evangelischen Allianz der Region Thun mit
dabei. Können Sie die Allianz kurz vorstellen?
Meinrad Schicker: Unsere regionale Allianz
lebt vom Traum, dass wir mithelfen können, dass das Reich Gottes in unserer
Region sichtbarer und erlebbarer wird. Dieses «Reich Gottes» wird im
wertschätzenden Miteinander der christlichen Gemeinden und Werke sichtbar und
will sich an die Menschen in unserer Region ganzheitlich verschenken: Die
Menschen unserer Region sollen durch die diakonischen Initiativen und
evangelistischen Anlässe in Berührung mit der Liebe Gottes kommen.
Wie wichtig ist die
Allianz für die Gemeinden und Kirchen in Thun?
Persönlich bin ich
dankbar, dass praktisch alle Freikirchen und Werke unserer Region im Rahmen
der Allianz miteinander im Gespräch sind. Dieses Miteinander inspiriert und löst
immer wieder wertvolle Partnerschaften aus, die letztlich wieder unsere Region
bereichern. Ein Nebeneffekt, der praktisch nie erwähnt wird: Wo Menschen
miteinander unterwegs sind und sich echt aufeinander einlassen, beschützen sie
sich auch in einer gewissen Weise gegenseitig. So bin ich sehr dankbar, dass
keine der Kirchen der Allianz und kein ihr angeschlossenes Werk durch
irritierende Aktionen oder fragwürdige Überzeugungen ein schlechtes Licht auf
die Botschaft von Jesus geworfen hat. Nicht umsonst hat schon Jesus vor 2000
Jahren für die Einheit der Gläubigen gebetet: Durch diese Einheit wird die
Botschaft von der Liebe Gottes, die sich uns in Jesus gezeigt hat, erst richtig
glaubwürdig.
Wir wünschten uns, dass sich dieser bereichernde Dialog auch auf die Landeskirchen und auf die Arbeitsgemeinschaft der Kirchen hier in unserer Region ausdehnen könnte: Als Christen und Kirchen, die an Jesus als Freund und Retter glauben, sollten wir – bei aller Unterschiedlichkeit – in zentralen Fragen gemeinsam als Leuchtturm der christlichen Botschaft und Werte wahrgenommen werden.
Was sind die bisherigen
Highlights der Allianz Thun?
Natürlich fallen die
Grossveranstaltungen wie «Leben Live» oder die grossen Musikproduktionen
besonders auf, weil hier Tausende von Menschen zusammenkommen und so auf eine
zeitgemässe Weise mit der christlichen Botschaft und ihren Werten in Berührung
gekommen sind. Was aber nicht unterschätzt werden kann, ist die Atmosphäre der
gegenseitigen Wertschätzung, die sich in alltäglichen Begegnungen ausdrückt:
Wenn Christen aus unterschiedlichsten Konfessionen sich aneinander freuen
können, wenn die theologischen Unterschiede keine Gräben mehr bilden, wenn wir
entspannt suchenden Menschen nicht nur die eigene Kirche als geistliche Heimat
empfehlen, sondern sie zum Besuch anderer Gemeinden und Gemeinschaften ermutigen
können – dann ist dies etwas Einzigartiges und Kostbares. Das sind für mich die
eigentlichen Highlights.
Welche Aktionen und
Projekte sind als nächstes geplant?
In den letzten 15 Jahren
haben wir gemeinsam verschiedene Grossprojekte gestemmt, die in unserer Region
nicht unbemerkt blieben. Gleichzeitig wurde die Weggemeinschaft der in der
Allianz zusammengeschlossenen Kirchen, Gemeinden und Werke natürlich stark auch
durch die gemeinsame Arbeit geprägt. So haben wir uns für 2019 ein
«projektfreies Jahres» verordnet. Auch wenn äusserlich keine Projekte angedacht
wurden, so geschah doch Bedeutsames: Wir haben in unsere Beziehungen investiert
und uns vermehrt Zeit für das gemeinsame Gebet genommen. Ich denke, dass wir zu
gegebener Zeit aus dem Hören aufeinander und aus dem Hören auf Gott dann
spüren, was als Nächstes zum Wohl der Region geplant werden soll.
Vergessen dürfen wir nicht, dass verschiedene Mitglieder der Allianz trotz dieses projektfreien Jahres eigenverantwortlich oder in Kooperation mit anderen Partnern aus der Allianz eindrückliche Projekte verwirklichen. So startete diesen Sommer das Gebetshaus in Thun, das Junge und Ältere zum Gebet für unsere Region zusammenbringt. Am 28. März 2020 finden dann die Aufführungen des Chormusicals über das Leben von Martin Luther King statt: ein Anlass, den niemand verpassen sollte.
Was gibt die Allianz der
Stadt Thun?
Der Stadtpräsident von
Thun, Raphael Lanz, hat kürzlich in einem Interview wertschätzend ausgedrückt,
dass die Landes- und Freikirchen einen «sehr wichtigen Beitrag» zum Wohl der
Region leisten. Mit erstaunlicher Treue verschenken sich unzählige Menschen aus
einer christlichen Grundhaltung an Randständige, an Migrantinnen, an ältere und
pflegebedürftige Menschen. Besonders eindrücklich sind auch die vielen
Aktivitäten für Kinder und Junge. Raphael Lanz hob dann auch das Engagement der
jungen Leute hervor, das ihm besonders aufgefallen ist, und das Miteinander der
verschiedenen Generationen.
Wie offen sind die
Berner Oberländer heute für den christlichen Glauben?
Wahrscheinlich gibt es
darauf so viele Antworten wie Personen, die man befragt. Für mich ist es immer
wieder erstaunlich, dass viele Oberländer trotz der spürbaren Säkularisierung
auch weiterhin in einer gewissen Weise «spirituell» sind: Sie gehen von einer
«höheren Macht», von einer Art Gott aus, die diese Welt irgendwie geheimnisvoll
durchwebt. Dass der christliche Glaube aber von einem persönlichen Gott
ausgeht, mit dem man eine tragende Beziehung für das ganze Leben pflegen kann, ist
für viele etwas Unbekanntes. Dazu kommt heute eine spürbare Zurückhaltung
gegenüber jeder Form von «organisiertem Glauben» wie der Kirche. Dass Menschen
sich diesem persönlichen Gott anvertrauen und dann noch einer Gemeinde oder
Kirche anschliessen, ist keine alltägliche Erfahrung. Das hält uns aber nicht
davon ab, immer wieder alle einzuladen, in den liebenden Armen Gottes Hoffnung,
Annahme und letztlich einen tragenden Anker zu finden.
Welche Früchte entstehen
durch das Miteinander der Gemeinden?
Gerade komme ich von
einer Abdankung, wo Christen aus verschiedenen Gemeinden und Kirchen von einer
alleinstehenden Seniorin Abschied genommen haben. Es war augenfällig, dass sich
viele kannten und schnell im Gespräch miteinander waren. Diese spürbare gegenseitige
Wertschätzung, ja Vertrautheit über die Gemeindegrenzen hinweg ist wohl etwas
vom Kostbarsten, das im Laufe der Jahre herangewachsen ist. Damit kommen wir
einen Schritt näher an die Erfüllung des Gebets von Jesus: Er betete, dass
möglichst alle Christen in Einheit zusammenleben, damit alle Menschen erkennen
können, wer Jesus ist. Darum darf die Suche nach mehr Einheit kein Hobby
bleiben, sondern muss ein zentrales Herzensanliegen von uns allen sein.
Zum Thema:
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Datum: 24.11.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet