Für Kircheneintritt werben

Wie missionarisch darf eine Kirchgemeinde sein?

Viele Kirchgemeinden tun sich schwer, Menschen zum (Wieder-)Eintritt in die Kirchen oder gar zum Glauben einzuladen. Eine Kirchenleitung will sich damit nicht abfinden, und das könnte Schule machen. Denn es geht letztlich um die Existenz der Volkskirche.
Reformierte Kirchen suchen Wege, um mehr Menschen in die Gemeinde einzuladen.

 
In der Nordwestschweiz haben die reformierten Landeskirchen wiederholt mit Plakatkampagnen auf sich aufmerksam gemacht. Und sie geben mit einer Webseite Interessierten die Möglichkeit, in die Kirche einzutreten.

Ernüchterndes Ergebnis

Die reformierte Kirche Baselland wollte es dabei nicht bewenden lassen. Sie liess vom ehemaligen Regierungsrat Peter Schmid, heute Mitglied des Kirchenbundsvorstandes, eine «Visitation» erstellen, die zeigen sollte, wie viele Kirchgemeinden sich wirklich um Kircheneintritt und um das Werben für den Glauben bemühen. Ernüchterndes Resultat: 23 von 35 Kirchgemeinden, also zwei Drittel, bemühen sich nicht explizit darum.

Peter Schmid ist enttäuscht und führt das Resultat auf ein veraltetes Missionsverständnis vieler Pfarrpersonen zurück, die sich davor scheuen, den Menschen etwas aufzudrängen. Man lebe «eine noble reformierte Zurückhaltung». Und sie agierten so, als ob die Verhältnisse noch gleich wie in den 1960er-Jahren seien, als noch jeder selbstverständlich Kirchenmitglied war. Der Ex-Politiker und Kirchenmann Schmid vertritt dagegen die Meinung: «Wir müssen diese wohlanerzogene Bescheidenheit verlassen und Begeisterung zeigen.» Er scheut auch nicht den Vergleich mit dem Werben für einen Sportverein.

Für Kircheneintritt werben genügt nicht

Schmid bestätigt auch, dass «das Reden über seinen eigenen Glauben» dazu gehöre, wenn man Menschen zum Eintritt in die Kirche einlade. Gerade damit aber tun sich viele Pfarrpersonen, Kirchenpflegemitglieder und Kirchgänger schwer. Wer schon versucht hat, einen Glaubenskurs in der eigenen Kirchgemeinde zu organisieren, kann davon ein Lied singen. Da geistert die Angst herum, dass die Kirchenleitung als zu fromm – gar als sektiererisch – wahrgenommen werden könnte.

Dabei sind heutige Glaubenskurse alles andere als manipulativ aufgestellt, sondern lassen den Kursteilnehmern viel Raum zur persönlichen Entscheidung und Entwicklung. Ohne die Erfahrung des persönlichen oder selbst wiedergefundenen Glaubens gleicht eine Kirchenmitgliedschaft einer Vereinszugehörigkeit, die jederzeit auch wieder aufgelöst werden kann. Engagierte Freiwillige sind in der Regel Menschen, die sich vom Glauben getragen wissen.

Die Kirche muss lernen, Glauben zu vermitteln. Es sieht so aus, als ob diese Erkenntnisse bei Kirchenleitungen an Einfluss gewinnt.

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Datum: 07.11.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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