Mit ihrer Polemik gegen die „unkontrollierte Masseneinwanderung“ in die Stadt Zürich verband die SVP die Forderung, kriminelle Ausländer härter anzufassen. Fünf Monate vor den Wahlen kritisierte der SVP-Sprecher, die Einwanderung habe der Stadt Zürich „eine Explosion der Sozialleistungen, unzählige staatliche Förderungsprojekte für Immigranten, unlösbare Probleme in der Volksschule, die Gefährdung der einheimischen Kultur, eine sprunghaft angestiegene Ausländerkriminalität sowie zunehmende negative Gefühle der einheimischen Bevölkerung gegenüber Ausländern“ gebracht. Was die Stadt jetzt erleide, drohe wegen der Zusammenarbeit von SP und FDP in der Regierung dem ganzen Kanton. Die Linke halte am multikulturellen Irrweg fest, sagte der SVP-Sprecher. Mit Masseneinbürgerungen würden die Ausländerprobleme eingebürgert, nicht gelöst. In ihrer Erklärung forderte die SVP die Einschränkung der Zuwanderung in die Schweiz, die Erschwerung der Einbürgerung („als Abschluss der Integration“), die Ausschaffung krimineller Ausländer und – bei schweren Straftaten – die Ausbürgerung von Eingebürgerten. Die SP reagierte heftig auf die Ausführungen der SVP. Ein Vertreter warf der SVP vor, die Situation selber aufgeheizt zu haben – mit der «hirnrissigen Minarett-Diskussion». Zudem habe die SVP die Integrationskurse für Ausländer verhindern wollen. Die FDP ihrerseits entgegnete, die rückwärtsgewandten gesellschaftspolitischen Ansätze der SVP trügen nichts dazu bei, Fehlentwicklungen zu verhindern. Die CVP (ihr Mitglied in der Stadtregierung ist für die Schulen zuständig) forderte, die Wertschätzung der Gesellschaft gegenüber der Elternarbeit müsse gestärkt werden. Nötig seien kindergerechte Pausenplätze, mehr ausserschulische Beschäftigungen, mittelfristig kleinere Schulklassen und eine verbesserte Ausbildung der Lehrkräfte im pädagogischen und sozialen Bereich. Im Schulhaus Buhnrain in Seebach, wo das das Mädchen und vier der Verhafteten zur Schule gingen, sollen zwei der mutmasslichen Vergewaltiger bereits vor einem Jahr ein Mädchen drangsaliert haben. Dies schrieb die ‚Sonntags-Zeitung’. Die beiden hätten eine Mitschülerin massiv bedrängt und versucht, mit Gewalt Sex zu erzwingen. Als sich das Mädchen gewehrt habe, sei es verprügelt worden. Obwohl die Schulleitung von diesen Vorfällen wusste, durften laut der Zeitung die Täter an der Schule bleiben und wurden nicht weiter belangt. Der zuständige Stadtrat Gerold Lauber sagte dem Regionaljournal von Radio DRS am Montag, in den Schulakten sei nicht von sexueller Gewalt die Rede. Die Mutter habe keine Anzeige erstattet. Lauber bestätigte jedoch vor den Medien, vom Mädchen sei im Schulhaus eine Oben-ohne-Fotomontage herumgezeigt worden. Die Erschütterung in der Stadt, die sich sonst ihrer Partykultur rühmt, schlägt sich in den Zeitungsspalten nieder. Für den Kommentator der NZZ „häufen sich Signale dafür, dass der Nachwuchs wieder mehr Grenzen braucht“. Gewalt und Porno in neuen Medien seien ein gravierendes Problem; Pubertierende lebten mit dem allgegenwärtigen Klischee grenzenlos verfügbarer Frauen. „Die Gesellschaft muss Wege finden, die Jugend vor dieser Art von Bildern zu schützen.“ Die Öffentlichkeit solle nicht um die Schuldfrage kreisen, sondern ein „wacher, aber nüchterner Blick auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen“ sei gefragt. Die von der NZZ interviewte Jugendpsychiaterin Cornelia Bessler äussert, dass die Jugendlichen „in einer Entwicklungsphase sind“. Ihre Persönlichkeit sei verletzlich, die Gruppendynamik noch stärker als bei Erwachsenen. Bessler stellt in der Gesellschaft generell „eine vermehrte Sexualisierung“ fest – pornografische Inhalte seien in den Medien, im Internet und auch auf Handys rasch verfügbar. Manche Jugendliche könnten nicht damit umgehen. Sehr viele verhielten sich jedoch anständig. Die Täter nehmen gemäss Bessler nicht wahr, dass sie dem Opfer massive Verletzungen zufügen. „Der Jugendliche hat eine egozentrische Sichtweise. Er ist weder Kind noch Erwachsener. Er ist verunsichert und fragt sich: Wer bin ich, wie sehe ich aus?“ Die Taten hätten darum mit jenen eines erwachsenen Sexualstraftäters nichts zu tun. In diesem Zusammenhang begrüsst Cornelia Bessler, dass das Jugendstrafrecht nach der Revision nicht mehr zum Erwachsenenstrafrecht gehört. „Was nützt es, wenn ich Jugendliche ins Gefängnis sperre?“ Zu den Ausländern sagt die Leiterin der kantonalen Fachstelle für Jugendforensik, sie seien in einer schwierigeren Situation. „Sie sind desorientiert und haben berufliche Schwierigkeiten.“ Zudem werde in fremden Kulturen anders mit Sexualität umgegangen. Auf die Frage, wie die Prävention gestaltet werden soll, meint Bessler: „Die Jugendlichen müssen lernen, mit ihrem Gegenüber umzugehen, mit ihm zu flirten, es zum Tanz aufzufordern. Es braucht deshalb Freizeitangebote, wo sich die Intimpartner näherkommen können. Dies können Kletterkurse sein, Ausflüge oder Filmabende, an denen man auch über solche Themen diskutiert.“ Quelle: Livenet / Tagi „Ausländerprobleme eingebürgert“
Gegen Schuldzuweisungen
Zwei Burschen bereits vor einem Jahr aufgefallen
„Die Jugend vor dieser Art von Bildern schützen“
Egozentrische Jugendliche - sexualisierte Gesellschaft
Datum: 22.11.2006
Autor: Peter Schmid