Universität Leipzig feiert den Abschluss eines internationalen Forschungsprojektes. Eine Ausstellung zeigt den Weg von der Entdeckung der Bibelhandschrift «Codex Siniaticus» bis zum aufwendigen Digitalisierungsprozess, in dem die weltweit verstreuten Teile der Handschrift «virtuell» wiedervereint wurden.
Die Entdeckung der «Codex Siniaticus» zählt zu den spannendsten Wissenschaftskrimis der letzten zweihundert Jahre. Diese Ausstellung stellt die Geschichte dieses Fundes ins Zentrum.
Zu sehen sind beispielsweise auch zwei originale Blätter des äusserst wertvollen Manuskripts. Die Ausstellung entstand in einer Zusammenarbeit der Universitätsbibliothek mit dem Lehrstuhl für Byzantinische und Neugriechische Philologie der Universität Leipzig.
In der Welt zerstreut
Der Leipziger Forscher Konstantin von Tischendorf (1815-1874) entdeckte in den Jahren 1844 und 1859 im Katharinenkloster (Sinai) eine griechische Bibelhandschrift, den heute weltberühmten Codex Sinaiticus aus der Zeit von etwa 350 n.Chr. Die Abschrift enthält das gesamte Neue Testament und grosse Teile des Alten Testaments.
43 Blätter dieser wertvollen Bibelhandschrift werden in der Universitätsbibliothek Leipzig aufbewahrt. Der grösste Teil der Handschrift befindet sich heute in der British Library in England, sowie einzelne Blätter in St. Petersburg. 1975 wurden im Katharinenkloster 24 weiter Blätter bzw. Fragmente entdeckt.
Virtuell wiedervereint
In einem aufwendigen Digitalisierungsprojekt wurden die weltweit verstreuten Teile der Handschrift «virtuell» wiedervereint. Die Bibel «Codex Sinaiticus» kann im Internet abgerufen werden. Erst kürzlich ist zudem ein gedrucktes Farbfaksimile veröffentlicht worden.
Neben Blättern aus der fast 1800 Jahre alten Sinaibibel zeigt die Ausstellung weitere Handschriftenfunde Tischendorfs und dokumentiert das abenteuerliche Leben des Forschers. Angaben von Direktor Prof. Ulrich Schneider von der Uni Leipzig zufolge ist die Schau die bislang erfolgreichste Ausstellung der Universitätsbibliothek Leipzig.
Auf grosse Resonanz stiess in Leipzig der Vortrag des bekannten Israel- und Bibelexperten Alexander Schick, der seit Jahren das Leben von Konstantin von Tischendorf erforscht. Für Schick ist Tischendorf einer der faszinierendsten Gelehrten des 19. Jahrhunderts, da sich bei ihm in besonderer Weise Wissenschaft und gelebter Glaube verbanden.
Tischendorfs Anliegen sei es gewesen, die hervorragende Überlieferung des Neuen Testaments nachzuweisen. Schick ging in seinem Vortrag auch auf die Behauptung ein, Tischendorf habe den grössten Teil der Handschriften bei seiner Reise 1859 gestohlen und legte dar, wieso dass das nicht so war. Tischendorf hatte seine Reise 1859 unter dem Patronat des russichen Zaren angetreten. Die Handschrift schenkten die Mönche später dem Zaren.
Stalin verkaufte «seine» Blätter
1933 verkaufte Stalin die wertvolle Bibel nach England. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes sind 2006 in den alten Zarenarchiven die Schenkungsurkunden der Mönche wieder aufgetaucht.
«Die Erforschung der Dokumente zeigt, dass der Schenkungsakt kompliziert war aber rechtlich einwandfrei erfolgt ist». Tischendorf sei, so Schick, ein Ehrenmann und integrer Christ gewesen ist, der seine Forschungsarbeiten in den Dienst der christlichen Sache stellte. Der russische Zar adelte Tischendorf für seine wissenschaftlichen Leistungen.
Wichtiger Fund
«Heute gilt die Entdeckung des Codex Sinaiticus als so bedeutend, wie die Funde der Schriftrollen vom Toten Meer, die die hervorragende Überlieferungstreue der Heiligen Schrift belegen», so Alexander Schick.
Des grossen Erfolges wegen wird die Ausstellung «Tischendorf und die Suche nach der ältesten Bibel» in der Biblioteca Albertina der Leipziger Universität verlängert. Noch bis zum 5. Juni 2011 können sich die Besucher informieren.
Schick ist Leiter der grössten Bibelausstellung Europas, die von Gemeinden ausgeliehen werden kann. Im Internet kann zudem ein Artikel über das Katharinenkloster, «HighTech im Wüstenkloster», heruntergeladen werden.
Schick bietet auch eine CD mit 4000 erklärten Bilder der wichtigsten biblischen Stätten in Israel und Jordanien. 150 Fotos zeigen den Sinai und das Katharinenkloster.
Im November leitet Schick eine Studienreise nach Israel, Jordanien und zum Katharinenkloster. Informationen können unter der E-Mail-Adresse Schick.Sylt@gmx.de angefordert werden.
Datum: 25.05.2011
Quelle: Alexander Schick/Livenet