Der westliche Staat - noch zu christlich?

Wolfgang Schäuble

Berlin. Welches Gewicht eigenständige Muslime in ihrer Gemeinschaft haben, ist schwer auszumachen - der Dialog mit ihnen bietet sich an. Am Dienstag diskutierte der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble, Initiator der Islam-Konferenz, in Berlin mit dem sudanesisch-amerikanischen Rechtsprofessor Abdullahi Ahmed An-Naim über Religion und säkularen Staat. An-Naim, der an der Emory University in Atlanta lehrt, meint, dass auch der Islam am besten gelebt werden kann in einem neutralen, säkularen Staat. Er hat behauptet ("Islam und der säkulare Staat", 2008), seit Mohammeds Tod seien Staat und Religion getrennt gewesen und der Islam politisch instrumentalisiert worden.

Die Diskussion drehte sich darum, ob auch westliche, christlich geprägte Staaten ‚neutral' werden sollten. Diese Staaten sind für An-Naim aufgrund ihrer Geschichte, die durch die Auseinandersetzung mit dem Christentum geprägt sei, oft "nicht säkular genug". Dürfe der deutsche Staat die Muslime aussen vor lassen, nur weil sie weniger zentral organisiert seien als die Kirchen? Nicht der deutsche Staat müsse sich verändern, sagte Schäuble, sondern die muslimische Gemeinschaft in Deutschland, wenn sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden wolle.

Der in Khartum geborene An-Naim bezeichnet sich als "Kosmopoliten" mit sudanesischen Wurzeln. Vom Standpunkt des modernen Weltbürgers aus müssten historisch bedingte Eigenheiten staatlicher Strukturen überdacht werden, um sich auch neuen Bevölkerungsgruppen gegenüber vollständig zu öffnen. Schäuble hielt dagegen, die Politik müsse auf Mehrheiten und deren Identität Rücksicht nehmen. Zu einer Kleinstadt, die historisch christlich geprägt sei, passe kein Muezzinruf.

Quelle: Tagesspiegel

Datum: 23.05.2009

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