Der heimliche Bestseller: Seit 275 Jahren Tageslosungen

Die "Herrnhuter Losungen", deren 275. Ausgabe jetzt erschienen ist, kommen aus einem Städtchen in Sachsen. In Herrnhut, zwischen Görlitz und Zittau gelegen, hatte Reichsgraf Zinzendorf den vor Religionsverfolgungen geflüchteten evangelischen Mähren eine neue Heimat gegeben. 1722 gründeten sie hier die Herrnhuter Brüdergemeine, eine evangelische Bruderschaft. Schon seit dem 18. Jahrhundert schickt die kleine Freikirche Missionare in die entlegensten Weltgegenden.

Unterteilt in 19 "Provinzen", gibt es Gemeinden in 30 Ländern mit heute insgesamt 762000 Mitgliedern. In Deutschland ist die Evangelische Brüder-Unität mit Hauptsitz in Herrnhut seit 1948 mit der Evangelischen Kirche in Deutschland verbunden.

Die Geschichte der Losungen begann am 3. Mai 1728. An diesem Tag gab Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf zum ersten Mal eine mündliche Tagesparole aus, einen frommen Liedvers, der die Gemeindemitglieder den Tag über begleiten sollte. Zunächst wurde diese Losung mündlich von Haus zu Haus verbreitet. 1731 erschien zum ersten Mal ein Losungsbuch für das ganze Jahr, das durch die Missionare weltweit verbreitet wurde. Dafür ordnete Zinzendorf jeweils ein Bibelwort einem Liedvers zu. Der Name Losung ist übrigens wörtlich zu verstehen, denn die Bibelverse werden bis heute tatsächlich ausgelost - und zwar schon für mehrere Jahre im voraus.

Erfolgsstory

"Die Geschichte der Herrnhuter Losungen ist eine Erfolgsgeschichte", sagt Dorothea Weller von der Herrnhuter Brüdergemeine, dem Herausgeber der Losungen. Sie waren zunächst nur für die Gemeine in Herrnhut bestimmt, ab 1737 begann aber mit der damals einsetzenden Mission ihr Gang rund um die Welt. Herrnhuter Missionare hatten sie im Reisegepäck und schon 1741 gab es die erste Übersetzung - in Französisch. Weitere folgten.

Zum weltweit verbreiteten Bestseller wurde das Losungsbuch aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute gibt es das Bibelwort für jeden Tag für ungezählte Christen auf allen Kontinenten. Es erscheint jetzt in 51 Sprachen: neu hinzugekommen sind 2005 die Losungen in albanischer Sprache. In diesem europäischen Staat, in dem bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg der Atheismus vorgeschrieben war, gibt es jetzt nach Auskunft der Brüdergemeine eine Startauflage von 1.000 Exemplaren.

Vielfältig im Gebrauch

In Deutschland, dem Mutterland von Reformation und Pietismus, ist das Losungsbuch in evangelischen Haushalten mittlerweile zum Hausbuch geworden. Allein von der deutschsprachigen Ausgabe gebe es rund eine Million Exemplare, sagt Dorothea Weller. Sie aber sind nicht nur für den persönlichen Gebrauch gedacht, sondern dienen oft als Textbuch für Hausandachten und Predigten und sie werden oft auch bei Taufen, Trauungen und Bestattungen zu Grunde gelegt.

Der Sinn und Zweck der Losungen, täglich ein Bibelwort weiter zu geben, ist seit 1728 unverändert geblieben. Gewechselt hat seitdem ihre Gestalt. So bestanden sie anfangs aus einem von Zinzendorf persönlich ausgewählten Lied- oder Bibelvers. Später trat ein weiterer Text dazu, 1812 wurde fest gelegt, dass die Tageslosung alttestamentlichen Bibelversen, die Lehrtexte aber immer dem Neuen Testament entnommen werden. Seit 1864 ist ein Bibelleseplan dabei, der in vier Jahren durch das Neue und sieben Jahren durch das Alte Testament führt.

Angeboten werden die Losungsbücher auch im Grossdruck und mit Terminkalender, es sind Schreibausgaben mit leeren Seiten für persönliche Einträge auf dem Markt, ebenso Loseblatt-Würfel und Wandabreisskalender. Grosser Beliebtheit bei Theologen erfreut sich die Urtextausgabe in Hebräisch und Griechisch. Wer dagegen mit der Zeit gehen will, der kann auch zu Losungen auf CD-Rom greifen.

Livenet bietet die täglichen Losungen per Newsletter an. Diese können bestellt werden unter:
http://www.livenet.ch/www/index.php/D/newsletter?nladd=38

Die Losungen 2005
275. Ausgabe
Jubiläumsedition 3,80 Euro.
Webseite: www.losungen.de

Alle Losungsausgaben:
http://www.shop.livenet.ch/?r=6

Quellen: epd/Livenet