Ein Schweizer Politiker am National Prayer Breakfast in Washington

EVP-Nationalrat Walter Donzé.

EVP-Nationalrat Walter Donzé hat eine offizielle Einladung zum National Prayer Breakfast in Washington dazu benutzt, die amerikanische Politik von einer ganz anderen Seite kennenzulernen. Im Gespräch mit idea erzählt er von seinen Eindrücken vom Gebetstreffen, das keine Partei-, Religions- und Landesgrenzen zu kennen scheint. Ein Interview.

Thomas Hanimann: Walter Donzé, sie haben ein paar Stunden zusammen mit ein paar Grossen der Weltpolitik verbracht. Welcher Mann, welche Frau hat Sie an diesem Treffen besonders beeindruckt?
Walter Donzé: Es waren nicht in erster Linie herausragende Persönlichkeiten, die mich beeindruckt haben, sondern der ganze Anlass und die Offenheit der Amerikaner. Persönlichkeiten aus über 150 Ländern waren anwesend, zum Teil aus sich bekämpfenden Gruppierungen eines Landes oder einer Region. Der Geist des Gebets und der Anteilnahme am Schicksal des Anderen ist stark und kann ein Element der Versöhnung und der Konfliktbewältigung sein.

Gab es Aussagen, die Sie weiter bewegen?
Besonders aus der Ansprache des US-Präsidenten George W. Bush entnehme ich eine völlig andere Haltung als diejenige, die in europäischen Medien vertreten wird. Da war nichts von Cowboy zu spüren, sondern vielmehr von der Übernahme von Verantwortung. Man kann über das Vorgehen der USA (Krieg ohne UNO-Mandat gegen den Irak) durchaus Vorbehalte anmelden. Die amerikanische Bevölkerung leidet unter dem "Unverständnis" der Europäer, und das scheint mir nicht von der Regierung gemacht zu sein. Im Empfinden des amerikanischen Volkes herrscht die Meinung, man hätte den Kopf für andere hingehalten.

Aufgefallen ist mir, wie deutlich sich Leute, die öffentlich Verantwortung tragen, zu Jesus Christus bekannten. Andersgläubige wurden dabei aber nicht ausgegrenzt, ob dies nun Juden, Moslems, Katholiken oder Orthodoxe waren. Alle waren eingeladen, sich vom Geist Jesu erfassen zu lassen und ihm in ihrem Leben Raum zu geben.

Inwiefern hat das Treffen Ihr Bild von den USA bestärkt oder verändert?
Donzé: Ich war zum ersten Mal in den USA und hatte Gelegenheit, sowohl Christen und eine Baptistengemeinde als auch die Niederlassung eines Schweizer Pharmaunternehmens, ein Mitglied der Nationalversammlung und schliesslich die Schweizer Botschaft zu besuchen. Als kleines Land haben wir manchmal den Eindruck, die USA als einzige verbliebene Grossmacht spiele sich arrogant auf. Obwohl man sich der Macht der Vereinigten Staaten durchaus bewusst ist, verspürte ich viel Verständnis für die anderen. Beeindruckt war ich auch von der Selbstverständlichkeit, mit welcher Glaube und Alltag verbunden werden und von der Herzlichkeit, mit der man auf die Teilnehmer des Grossanlasses einging.

Kann ein solches Prayer-Breakfast den politischen Alltag verändern?
Zahlreiche Zeugnisse anlässlich der verschiedenen Lunches bekräftigten die positiven Veränderungen, die das gemeinsame Fragen nach Gottes Willen und das Gebet bewirken. Konkret führt das zu einer Haltung der gegenseitigen Annahme anstelle der Konkurrenz und der Bekämpfung. Republikaner und Demokraten in den USA aber auch Kontrahenten aus internationalen Krisengebieten erkennen im Anderen den Bruder und handeln aus neuen Motiven.

Wurden aktuelle US-politische Themen aufgegriffen oder hatte man das Gefühl, dass diese bewusst ausgeklammert wurden?
Diese Fragen werden natürlich auf der politischen Ebene traktandiert. Schliesslich stehen die USA ja in den Vorwahlen. Sie waren aber nicht auf der Themenliste des National Prayer Breakfast. Je nach Zusammensetzung der Teilnehmergruppen sprach man natürlich darüber.

Hat ein solches Gebetsmeeting nur innenpolitisch Bedeutung oder ist es auch für das Ausland, zum Beispiel für Europa, wichtig?
Das Gebetsfrühstück hat nicht zum Ziel, politische Fragen zu thematisieren, sondern vielmehr für die Probleme, die sich den Verantwortungsträgern stellen, zu beten. Durch das Gebet öffnen sich neue Möglichkeiten zur Konfliktbewältigung. Die Beteiligten werden sich bewusst, dass sie auf die Hilfe Gottes angewiesen sind und dass Gott sie beschenkt und leitet. Insofern hat das National Prayer Breakfast eine internationale Ausstrahlung. Das führte dazu, dass sich seit einigen Jahren in vielen Ländern Politiker und andere Verantwortungsträger zum Gebet zusammenfinden.

Wird das Erlebte in Ihre Arbeit im Parlament einfliessen?
Ich habe ganz neu die Bedeutung der Versöhnung entdeckt. In einer Zeit zunehmender Polarisierung kann das ein ganz starkes Element christlichen Einflusses auf die Politik sein.

Datum: 20.02.2004
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: idea Schweiz

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