Natascha und die grosse Schuld ihres Entführers

Wolfgang Priklopil, der „nette Nachbar“ und Entführer.
Natascha Kampusch, das Opfer

Was kann man einem Menschen Schlimmeres antun, als ihn um seine Kindheit zu bringen? Auf dramatische Weise widerfuhr das der jungen Natascha Kampusch.

Millionen Menschen weltweit erschüttert ihre Geschichte zutiefst, und sie verfolgen gespannt die Berichte in den Medien. Mit ihrem ersten Fernsehinterview hat Natascha inzwischen einen Einblick in ihr achtjähriges Gefangenendasein gegeben. Ihre Worte liessen die Zuschauer erschaudern über die Kaltblütigkeit ihres Kidnappers.

Ein verhindertes Leben

Wolfgang Priklopil, Mitte 40, war ein unscheinbarer Nachbar, immer nett und hilfsbereit. Aber was im Kopf und Herzen dieses Mannes vorging, hat nicht nur sein eigenes Leben zerstört: mit der Entführung der zehnjährigen Natascha zerbrach auch die Ehe ihrer Eltern vollends, und das Mädchen wurde ihrer Kindheit und Jugend beraubt.

In den langen Jahren in ihrem Verlies hing Natascha immer wieder den Gedanken über das nach, was sie alles nicht erleben durfte: mit anderen Kindern zur Schule gehen und danach zum Eisessen, sich mit dem ersten Freund verabreden, eigene Entscheidungen treffen. All das hat ihr Wolfgang Priklopil gestohlen. Warum? Was treibt einen Mann dazu, einem Kind so etwas anzutun?

Das Gewissen war stärker

Noch am Tag, als dem Mädchen die Flucht glückte, nahm er sich das Leben. Was sie selber aber über den Entführer erzählt hat, ist sehr wichtig: ihm setzte sein eigenes Gewissen zu. Natascha antwortete auf die Frage des Journalisten, ob Priklopil ein schlechtes Gewissen gehabt habe: „Ja, schon sehr. Sehr. Irgendwie war das so zwiespältig. Ich glaube, er hatte ein sehr starkes schlechtes Gewissen. Aber er versuchte, es massivst zu verdrängen und abzuleugnen. Und gerade das hat sozusagen gezeigt, dass er ein schlechtes Gewissen hat.“

Er feierte mit ihr Geburtstage und Weihnachten; dann gab es viele Geschenke, die die anklagende Stimme in seinem Inneren übertönen sollten. Diese Stimme sagte immer wieder: Du machst dich schuldig! Das volle Bewusstsein dieser Schuld kam wahrscheinlich erst am letzten Tag seines Lebens an die Oberfläche. Jetzt konnte er sie nicht länger wegschieben, sondern musste mit ihren Konsequenzen rechnen. Genau denen wollte er sich entziehen und flüchtete in den Tod.

Wohin mit der eigenen Schuld?

Viele Menschen schleppen eine Schuld mit sich herum, die ihnen ihr Leben schwer und mühsam macht. Um diese Last zu erleichtern, nehmen sie Alkohol oder Drogen. Doch viele werden davon abhängig, viele hassen sich selbst, viele nehmen sich schliesslich das Leben. Vor der eigenen Schuld kann man sich nicht verstecken, und man kann auch nicht vor ihr fliehen. Sie holt einen ein.

Nicht jeder hat die grosse Schuld eines Kindsentführers oder eines Diktators auf sich geladen, aber wir alle kennen unser eigenes „Paket“. Wohin damit? Gibt es einen Ausweg? Ja, denn Gott kann Schuld vergeben. Ungeschehen machen kann er sie nicht. Aber er kann sie vergeben. Er kann die Last wegnehmen und uns eine innere Leichtigkeit und Freiheit schenken, die wir kaum mehr für möglich gehalten hätten.

Vergebung ist möglich

Wie wohltuend, wie nötig ist dieser Gedanke, ist diese Tatsache: Meine Schuld kann vergeben werden. Was wir uns selber kaum eingestehen wollen – Gott gegenüber dürfen wir das wagen. Denn er will, dass wir frei werden und dassunser Leben neu anfangen kann. Die Verzweiflung, die wir befürchten müssten und vor der wir vielleicht fliehen, die hat Jesus bereits durchlitten. Darum kann er uns vergeben.

Über diese Vergebung Gottes gibt es ein wunderbares Lied:
Wie ein Regen in der Wüste, frischer Tau auf dürrem Land,
Heimatklänge für Vermisste, alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis, wie in Seenot “Land in Sicht”,
wie ein Weg aus der Bedrängnis, wie ein strahlendes Gesicht.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeihn,
so ist Versöhnung, so muss der wahre Frieden sein.

Wie ein Wort von toten Lippen, wie ein Blick, der Hoffnung weckt,
wie ein Licht auf steilen Klippen, wie ein Erdteil, neu entdeckt.
Wie der Frühling, wie der Morgen, wie ein Lied, wie ein Gedicht,
wie das Leben, wie die Liebe, wie Gott selbst, das wahre Licht.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeihn,
so ist Versöhnung, so muss der wahre Frieden sein. *

Die Schuld von Nataschas Entführer soll damit nicht relativiert werden; er wird sich vor Gott dafür verantworten müssen. Aber wir wollen auf die Vergebung hinweisen, die uns allen offensteht. Gott will, dass wir sie beanspruchen und wieder zu leben anfangen.

Wir wünschen Natascha Kampusch alles erdenklich Gute: den Segen Gottes, ein wahres Leben in Freiheit, die Kraft, ihrem Peiniger einmal zu vergeben, und einen himmlischen Vater, der sie tröstet und ihr die verlorenen Jahre ersetzt.

* Liedtext: Jürgen Werth; Melodie und Satz: Johannes Nitsch, Rechte: Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart

Bearbeitung: Jesus.ch

Datum: 14.09.2006
Quelle: Soulsaver

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