Gottes Herz kennenlernen

Was hat Jesus wütend gemacht?

Jesus wäre enttäuscht darüber, wie die Kirche heute kontroverse Themen angeht; davon ist Pastor Tim Harlow überzeugt. Er lädt Christen dazu ein, darauf zu schauen, was Jesus wütend gemacht hat – denn nur so finden wir heraus, wie er heute reagieren würde.
Szene aus dem Film «The Passion»

«Ich glaube, Jesus wäre wütend über die Weise, wie die Kirche heutzutage auf Dinge reagiert, selbst wenn die Reaktion theologisch korrekt ist», erklärte Tim Harlow gegenüber The Christian Post. «Wir haben ein Image-Problem und ich glaube, Jesus würde uns auch sagen, dass wir ein Image-Problem haben. Die Leute von draussen sehen zu, wie wir über diese Themen debattieren, und entscheiden deshalb, dass sie das, was es in der Kirche gibt, gar nicht wollen…» Er bezieht sich dabei auf die Debatte über die LGBTI-Rechte oder andere brisante Themen. Natürlich sei die Theologie wichtig, aber die Art und Weise, wie die Dinge angegangen werden, sei auch wichtig. «Jesus wurde wütend auf diejenigen, deren Einstellung seinem Ziel in die Quere kam», nämlich dem Ziel, die Verlorenen zu suchen, zu retten und uns mit Gottes Liebe zu vereinen.

In Harlows Buch «What Made Jesus Mad?: Rediscover the Blunt, Sarcastic, Passionate Savior of the Bible» (dt. Was machte Jesus wütend: den direkten, sarkastischen, leidenschaftlichen Retter aus der Bibel wiederentdecken) geht er genau auf die Dinge ein, die Jesus in der Bibel in Wut versetzten. Denn laut Harlow ist es wichtig zu wissen, was jemanden wütend macht, wenn man ihn wirklich kennenlernen möchte – und nicht nur zu wissen, was ihn glücklich macht. Es sei deshalb wichtiger, zu fragen: «Was machte Jesus wütend?» statt der vielbenutzten Frage «Was würde Jesus tun?».

Wer machte Jesus wütend?

«Oft schauen wir nur auf das sanfte, liebliche Bild von Jesus, aber in Wirklichkeit wurde er oft wütend», erklärt der Pastor aus Illinois. «Interessanterweise waren es meistens die Kirchenleiter – die Pharisäer – und religiöse Fanatiker, die ihn wütend machten; also die Autoritäten, die in Gottes Namen handelten. Wenn Jesus sich damals über diese Menschen aufregte, was würde er dann heute denken?»

Die Wut von Jesus habe vor allem denjenigen gegolten, die den Zugang zu Gott blockierten. «Die Ehebrecherin oder der Steuereintreiber verärgerten ihn nicht; er wurde wütend über diejenigen in der Kirche, die es besser hätten wissen sollen…»

Was machte ihn wütend?

Harlow identifiziert etwa Scheinheiligkeit, Gier, Richten und fehlendes Erbarmen in den Herzen derjenigen, die angeblich Gott nachfolgten. Hierbei bezieht sich der Autor unter anderem auf die Tempelreinigung, bei der Jesus alle diejenigen, die dort Geld wechselten und Tiere verkauften, aus dem Tempel warf (Matthäus, Kapitel 21, Verse 12-13; Markus, Kapitel 11, Verse 15-18; Johannes, Kapitel 2, Verse 13-22). «In diesen Passagen wirft Jesus aus berechtigtem Ärger die Tische um», erklärt Harlow. «Es ist faszinierend: Ich dachte immer, dass sein Ärger aufgrund der Geldwechsler kam, die zu viel für ihr Geld verlangten. Aber letztlich war er wütend, weil sie ihre Waren im 'Vorhof der Heiden' verkauften und dadurch diejenigen, die zur Anbetung Gottes angereist waren, verdrängten.» Sie blockierten wortwörtlich den Zugang zu Gott – und das machte Jesus wütend.

Theologisch richtig, aber…

Deshalb sei es wichtig, dass auch wir heute darauf achten, Gott durch unsere Reaktionen nicht in die Quere zu kommen, wo er am Arbeiten ist. «Wenn wir auf unser hohes Ross steigen und Menschen dadurch befremden, kommen wir dem in die Quere, was Gott versucht zu tun. Wir stehen auf und predigen über Themen, seien das LGBT-Rechte oder Alkohol, aber wir schauen oft nicht auf uns selbst und wie wir Dinge angehen. Theologisch gesehen lagen die Pharisäer richtig und Jesus durfte wirklich nicht am Sabbat arbeiten. Aber er richtete sich an einem höheren Ideal aus als den Regeln…»

Christen sollten die Pharisäer und religiösen Leiter nicht als Trottel abtun oder auf sie herabschauen, sondern vielmehr darauf achten, dass sie selbst nicht in die gleiche Falle tappen. In diesem Sinne sei sein Buch letztlich auch für ihn selbst und seine Gemeinde ein Blick nach innen.

Wie Kirche sein sollte

Der Blick auf das, was Jesus wütend machte, helfe nicht nur, Gottes Herz wirklich kennenzulernen, sondern auch so zu handeln, wie Jesus es tat. Und das könnte die Kirche grundlegend ändern. «Wenn du die Tür für diejenigen öffnest, die lange nach der Liebe eines Vaters gesucht haben, von der sie wussten, dass es sie gibt, aber nicht dachten, dass sie sie verdient haben, dann wäre die Kirche unaufhaltbar. Und so muss Kirche sein.»

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Datum: 30.05.2019
Autor: Leah MarieAnn Klett / Rebekka Schmidt
Quelle: Christian Post / Livenet

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