Das Thema ist unverändert hochaktuell: 850 Millionen Menschen weltweit sind unternährt. Jeden Tag sterben 24’000 Hungernde. Das Entsetzen über den Tod der kleinen Lea-Sophie im deutschen Schwerin letzten Monat war gross. Die Haare waren der Fünfjährigen büschelweise ausgefallen, die Fingernägel weggebrochen, sie stank nach Fäkalien, in denen sie hatte liegen müssen. In quälenden Hungerattacken hatte sie versucht, Teile des Teppichbodens zu essen. Die Eltern liessen das Kind verhungern und verdursten. Kaum vorstellbar, dass ein Kind einen dermassen grausamen Tod erleiden muss. Doch dieses Morden geschieht täglich zigtausendfach. Wenn auch nicht von den eigenen Eltern veranlasst, wie im Fall von Lea-Sophie, dann doch mit stillschweigender Genehmigung der Industrieländer, wie der UNO-Menschenrechtsbeobachter, der Schweizer Jean Ziegler, festhält. Jeden Tag sterben so 24’000 Männer, Frauen und vor allem Kinder an den Folgen gravierenden Hungerns. Die Zahl der hungernden Menschen ist deutlich gestiegen. Allein in den letzen zehn Jahren kamen 50 Millionen Hungernde hinzu. Bei aktuell 850 Millionen Menschen, die auf der Welt hungern, ist jeder siebte Erdbewohner davon betroffen. Den Hungertod erlebt das Individuum meist erbarmungslos: Wenn man keine Nahrung zu sich nimmt, stellen sich nach einer gewissen Zeit Mangelerscheinungen ein. Es treten Schwäche, Müdigkeit und Schwindel auf. Bleibt die Nahrungsaufnahme länger aus, kommt es rasch zu Apathie, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Wird dann noch immer keine Nahrung zugefügt, können die Organe ihrer Funktion nicht mehr nachkommen. Das Atmen wird zur Qual. Alles schmerzt, schliesslich kommt der Tod. Das Recht auf Nahrung ist in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wie sie von der Uno-Vollversammlung am 10. Dezember 1948 verkündet wurde, fest verankert. Dort steht, dass jeder Mensch Anspruch hat auf eine Lebenshaltung, die seine Gesundheit und sein Wohlbefinden gewährleistet. Dazu gehören Nahrung, Kleidung und Wohnung. Für die Hilfswerke ist klar: Das Recht auf Nahrung muss verwirklicht werden – gerade weil es ja möglich wäre. Jean Ziegler protestiert vehement angesichts der Tatsache, dass weltweit genügend Lebensmittel produziert werden könnten, und trotzdem millionenfach an Hunger gestorben wird. Er schreibt: "Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren. Das heisst, ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet." Einen Schwerpunkt legt die Fastenkampagne der Hilfswerke im Jahr 2008 auf den Zugang zu den natürlichen Ressourcen: Die Hälfte der hungernden Menschen auf diesem Planeten lebt auf dem Land. Es sind meist Kleinbauern, deren Land enteignet worden ist von Weltkonzernen und Grossunternehmen. Doch die Grundlage für eine ausreichende Ernährung ist der Zugang zu fruchtbarem Land, Wasser, Wald oder Küstenregionen. Die Politik ist gefordert. Agrarreformen, der Schutz von Wäldern und die Definition von Nutzungszonen sind Massnahmen, welche das Recht auf Nahrung garantieren. Die kirchlichen Hilfswerke verfolgen mit dem Insistieren auf das Thema Welthunger ein doppeltes Anliegen. Zum einen soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass es Menschen gibt, die hungern und verhungern, und dass mit konkreten (politischen) Massnahmen etwas dagegen getan werden kann. Zum anderen soll Mut gemacht werden, die Herausforderung anzunehmen und sich persönlich zu engagieren. Nach den Erfolgen der letzen Jahre findet auch diesmal wieder ein Rosen-Verkaufstag statt. Bei 130.000 verkauften Rosen in der ganzen Schweiz und unter Mithilfe von prominenten Persönlichkeiten konnten im vergangenen März auf diese Weise 640.000 Franken gesammelt werden für Hilfsprojekte in der Dritten Welt. Der mittlerweile vierte Rosen-Verkaufstag findet am 1. März 2008 in vielen Schweizer Städten statt. Die Rosen werden vom Grossverteiler Migros zur Verfügung gestellt. Eine weitere geplante Aktion ergibt sich aus der Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Bäcker-Konditoren-Verband. Ein eigens für diesen Anlass kreiertes "Brot zum Teilen" unterstützt die Kampagne, indem pro verkauftem Brot ein Franken den Hilfswerken zufliesst. Das Brot wird ab dem 6. Februar bis hin zu Ostern in zahlreichen Bäckereien der Schweiz verkauft. Eine Möglichkeit des Engagements bietet zudem die Petition "0.7% - Gemeinsam gegen Armut" . Die seit Juni 2007 laufende Petition fordert Bundesrat und Parlament auf, sich stärker für die Uno-Millenniumsziele zu engagieren. Diese wollen Hunger und extreme Armut bis ins Jahr 2015 halbieren. Die Petition fordert konkret, die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz bis 2015 schrittweise von derzeit 0,4 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Diese Mittel sollen dann gezielt zugunsten der Ärmsten und Benachteiligten sowie zum Schutz der Umwelt eingesetzt werden. Die Kirchenleitungen aller Landeskirchen unterstützen die Kampagne und fordern alle Mitglieder auf, die Petition bis zu ihrer Einreichung im Mai 2008 zu unterschreiben. "Das Gebet um das tägliche Brot verlangt von der Christenheit gleichzeitig den Einsatz für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung", so der Schriftsteller und Theologe Heinz Zahrndt. In den Gottesdiensten kommt die Thematik ebenso zur Sprache wie im Schulunterricht auf verschiedenen Stufen. Ziel ist es, zu sensibilisieren und gerade auch junge Menschen mit Diskussionen und Workshops auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Die bedrückende Thematik des Welthungers soll jedoch kirchlicherseits nicht "pessimistisch-destruktiv" angegangen werden, so dass bereits die Beschäftigung damit zur Qual werde. Vielmehr sei es wichtig, den Kampf um eine gerechtere Welt nicht zum Krampf werden zu lassen und nicht zu vergessen, dass spielen, spüren, feiern und singen Bestandteile dieses Kampfes sind. Mit der ökumenischen Kampagne 2008 der kirchlichen Hilfswerke beginnt ein Dreijahreszyklus zum Thema "Recht auf Nahrung". Im ersten Jahr geht es um den Zugang zu Land, Wasser und anderen natürlichen Ressourcen und die Rechte darauf. Ausserdem wird die Frage angegangen, was die (Industrie-)Staaten zum Recht auf Nahrung beitragen müssen. 2009 sollen die Umwelt und der Klimawandel mit einbezogen werden. 2010 wird der internationale Handel und sein Einfluss auf das Recht auf Nahrung thematisiert. Links zum Thema:
Datum: 21.12.2007Alle vier Sekunden stirbt jemand an Hunger
Das Recht auf Nahrung hat jeder
Recht auf Nahrung mehr als ein frommer Wunsch
150.000 Rosen gegen den Hunger
Forderung an Bundesrat und Parlament
Kampf und nicht Krampf
Projekte bis 2010
www.alliancesud.ch/dokumentation
Zugang zu Sachbüchern über Medienberichte, Dokumentationen über den Onlinekatalog oder persönlich mit Führungen und Beratungen. Diverse umfangreiche Dossiers zum «Recht auf Nahrung».
www.allianz-hunger.ch
Die schweizerische Allianz gegen den Hunger wurde im Oktober 2006 in Bern gegründet. Ihr Ziel ist es, die Schweizer Zivilgesellschaft über die Ursachen des Hungers und die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen zu informieren.
www.brot-fuer-die-welt.de/ernaehrung
Mit der Kampagne «Niemand isst für sich allein» informiert «Brot für die Welt» über die Zusammenhänge zwischen Hunger und Armut, unserer Art zu konsumieren und den Spielregeln des Welthandels.
www.fian.de
Das internationale Netzwerk «Food first» setzt sich speziell für die Durchsetzung des Rechts auf Nahrung ein.
www.humanrights.ch
Die Schweizer Informationsplattform zu Menschenrechten bietet diverse Hintergrundinformationen speziell auch zum Recht auf Nahrung an.
www.interportal.ch
Schweizerisches Internetportal mit entwicklungspolitischen Informationen und Dossiers sowie zahlreichen kommentierten Links.
www.righttofood.org
Berichte und Rapporte des Büros von Jean Ziegler, dem UNO-Sonderberichterstatter des Rechts auf Nahrung. (In Englisch und Französisch)
Quelle: Kipa
Die kirchlichen Hilfswerke Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein befassen sich zur Fastenzeit mit dem Thema Welthunger. "Damit das Recht auf Nahrung kein frommer Wunsch bleibt": So heisst die ökumenische Kampagne, die vom 10. Februar bis 23. März 2008 dauert, und die sich mit diversen Aktionen ins Gespräch bringen will.