Forum Evangelisation 2005

Reden und leben Christen so, dass sie verstanden werden?

Vom 24.-26. Januar fand im Kurszentrum Ländli bei Oberägeri das Forum Evangelisation 2005 statt. 160 Leiter aus Kirchen und christlichen Werken nahmen daran teil. Die von der Schweizerischen Evangelischen Allianz und dem Freikirchenverband VFG jährlich stattfindende Konferenz, stand unter dem Motto: „Sprachen der Evangelisation: verstehen, sprechen, leben". Jürg Pfister (Schweizerische Allianz Mission, Mission.ch) sprach über die Lebenswelt der Generationen (Boosters, Boomers, Xler und @ler) und erläuterte deren Werte und Verhaltensweisen. Das Wort Gottes müsse in jeder Generation neu ausgedeutscht werden. Pfister plädierte dafür, dass Gemeinden Gefässe für jede Generation einrichten. Senioren sollten auf Senioren zugehen, @ler (die mit Internet, Mail, SMS und Handy aufwachsende Generation) auf @ler. Dienen, nicht nur predigen
Hansjörg Leutwyler, Zentralsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz leitet das Konferenzteam.
Pfr. Monika Rivar
Matthias Oppliger (rechts) und seine Freunde.
Präsentation von Martin Voegelin zu den kulturellen Barrieren.
Wolfgang Simson
Mittwochs-Club
Walter Donzé

Einen Einblick in gesellschaftliche Tendenzen gab Monika Rivar. Die Pfarrerin betonte, durch die Zersplittung von Gemeinschaften in Kleinsteinheiten könnten Aufgaben nicht mehr wie bisher verteilt werden. Angesichts der Mobilität führe das zu viel Stress, den beispielsweise Alleinerziehende besonders spürten. Die steigende Isolierung bewirke einen Verlust von vorgelebten Modellen und Werten.

Eine starke Bedürfnisorientierung (was bringt es mir?) und der hohe Stellenwert von Freizeit, welcher viel geopfert wird, tragen dazu bei, dass die Frage nach Gott bei vielen Zeitgenossen gar nicht mehr besteht. Sie machten sich kaum Gedanken über Schuld und Sünde, auch wenn sie unter deren Konsequenzen litten, sagte Riwar. Um Menschen das Evangelium nahezubringen, empfahl sie, mit Diensten anzusetzen. Das Angebot der Hilfe Gottes, das Leben zu ordnen, werde heute besser verstanden als die Frage der Vergebung.

Arm und Reich
Hanspeter Schmutz (VBG-Institut) stellte fest, dass es in christlichen Gemeinden kaum Arme und Reiche gibt. Für Arme wollten sich viel Mittelstandschristen nicht Zeit nehmen oder die Hände schmutzig machen, obwohl das Evangelium sich gerade an sie richte. Beim finanziellen Auseinanderdriften der Bevölkerungsschichten sei dies aber nötig. 30 Prozent der Steuerpflichtigen haben ein Einkommen von 0 bis 1000 Franken im Jahr.

Schmutz verwies auf das finanziell ausgleichende „Gnadenjahr des Herrn", das von Mose angeordnet und von Jesus nicht aufgehoben worden sei (Lukas 4,18). Verschiedene christliche Werke sensibilisieren seit Herbst letzten Jahres für diese Zusammenhänge mit der Kampagne Stopp Armut 2015, www.stopparmut2015.ch .

 

Explosive Ermutigung
Verschiedene Berichte gaben einen Einblick in die praktische Evangelisation. Matthias Oppliger (ZH) und seine Freunde zeigten auf, dass authentisches gelebtes Christsein dazu führt, wie Menschen zum Glauben finden.

Für einen Pastor war die letztjährige Konferenz in Oberägeri der Auslöser, dass er seine Gemeinde motivierte, sich mehr nach Aussen zu orientieren. Die Folge: 60 Menschen entschieden sich neu für ein Leben mit Jesus. Weitere Erfahrungsberichte zeigten auf, dass auch ohne theologische Kenntnisse und trotz gesellschaftlichem Interesseverlust am Evangelium Menschen zum Glauben finden, wenn Christen ihren Glauben bezeugen.

Ein Evangelium - Vielfalt der Kulturen
Martin Voegelin (Arbeitsgemeinschaft Evangelische Missionen AEM) zeigte anhand der Apostelgeschichte kulturelle Barrieren auf. Damals standen die ersten Christen vor der Herausforderung, das Evangelium in einer hellenistischen Kultur zu vermitteln. Im Lauf der Kirchengeschichte änderte sich dies. Oft wurden Elemente westlicher Kultur fälschlicherweise als biblische Wahrheit verstanden.

Heute findet Mission von überall nach überall statt, sagte Voegelin. Lateinamerika habe 6000 Missionare ausgesandt, Nigeria 3800 und Korea über 11'000. In Europa sind etwa 1000 Missionare aus anderen Kulturen tätig. Der zweite Konferenztag, von der Ausländermission MEOS mitgestaltet, gab Einblicke in die afrikanische, lateinamerikanische, asiatische und arabische Kultur

Leiterforum
Ein Kreis von Kirchen- und Werkverantwortlichen diskutierte darüber, wie Synergien in der Evangelisation besser genutzt werden können. Neben Auskünften zu aktuellen Projekten beschäftigten das gesellschaftliche Engagement von Christen und der vermehrte Einbezug von jungen Leitern. Das gute Einvernehmen auf Leiterebene wird allgemein geschätzt

Die Gesellschaft grundlegend verändern
Mit der Frage der Transformation der Gesellschaft durch das Evangelium beschäftigten sich am dritten Tag verschiedene Referenten. Die schweizerische Führungskultur (keine Macht dem Einzelnen, demokratische mitbestimmungsrecht, föderalistische Freiheit, Wichtigkeit von Leistung und Arbeit) gelte es zu berücksichtigen. Doch dies mache niemand, meinte Dr. Fritz Peyer, Rektor der theologischen Ausbildungsstätte IGW. Die Schweizer Christen bemühten sich nicht, die eigene Kultur zu verstehen. Was in der Missionsarbeit in einer anderen Kultur selbstverständlich sei, geschehe hier nicht.

In seiner Analyse beleuchtete Peyer den Stellenwert von Aufbruch, Einheit und Spiritualität für eine Transformation der Schweiz. Er lud Gemeinden dazu ein, ihren Auftrag neu wahrzunehmen: das Evangelium verstehen, sprechen und vor allem leben. Der Theologe schlug vor, 2008 zum Jahr der Gemeinde zu machen. Christen sollen ihre Verantwortung vor Ort neu entdecken, damit Transformation geschehen kann und die Gesellschaft mit dem Evangelium durchdrungen wird. Dies nicht mit Konferenzen, sondern der tatkräftigen Umsetzung des Auftrages anhand der Bibel.

Reformation der Herzen
Der Missionswissenschaftler Wolfgang Simson, für seine provozierenden Anstösse bekannt, hinterfragte die Machtstrukturen von Kirchen. So genannte Transformationen wie die Erweckung von Wales (1904), in der brasilianischen Grossstadt Goiania oder in Uganda seinen oft nur von kurzer Dauer; die geistliche Dynamik gehe in Streitigkeiten verloren.

So genannte Erweckungsutopien sind laut Simson zu hinterfragen. Stattdessen gelte es, die Aussage von Jesus zu berücksichtigen, dass zuwenig Erntearbeiter vorhanden sind. Simson rief die Anwesenden auf, persönliches Sicherheitsdenken zu überwinden und sich von Gott über Grenzen hinaus führen zu lassen.

Mittwochs-Club
Jeanette Machi-Meier moderierte einen Mittwochs-Club mit Gottfried Locher (Kirchenbund), Brigitte Müller-Kaderli (Grossrätin EVP), Max Schläpfer (Präsident VFG) und Wolfgang Simson (Gemeindestratege). Kontrovers wurde über Kirche und Evangelisation debattiert. Nach Locher müssen, wenn Unglauben sich ausbreitet, Landes- und Freikirchen ihre Verantwortung gemeinsam übernehmen, anstatt einander das Christsein abzusprechen. Einheit liesse sich nicht machen, sondern werde vom Haupt des Leibes geführt.

Locher plädierte für eine Haltung, die den Glauben im Anderen sucht und das Eigene als Beitrag einbringt. Der Theologe, seit einem halben Jahr Vizepräsident des Reformierten Weltbunds, sieht den „Niedergang" (Finanz- und Imageverlust) der Landeskirche als Chance zum Neuaufbruch. Die Reformierte Kirche brauche ein Glaubensbekenntnis und eine klare strategische Ausrichtung.

Max Schläpfer plädierte dafür, dass möglichst viele Gemeinden die Evangelisation praktisch leben. Das Profil des Evangeliums dürfe nicht aufgegeben werden, nur um in der Oekumene zusammen zu stehen. Der Reformierten Kirche empfahl der Vorsitzende des Freikirchenverbands eine klare Definition des Leibes Christi. Dazu gehöre jemand, der von neuem geboren sei.

Nach Nationalrat Walter Donzé (Medien Schriften Dienste) liegt die grosse Chance der Evangelisation in der Gnade. Wer Gott auf dem Weg des Gesetzes gefallen wolle, verliere Christus. Anhand seiner Biografie und Parlamentstätigkeit erläuterte Donzé zehn Chancen und Risiken. Abschliessend zitierte er aus Carlos Hardmeiers Referat am Vortag: „Wenn uns der Heilige Geist etwas gibt, dann ist es immer für die anderen".

Datum: 29.01.2005
Autor: Beat Baumann
Quelle: Livenet.ch

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