160 bleiben vermisst

Nigeria: 100 entführte Schüler freigekommen

Trotz Freilassung einiger Schüler werden weitere Entführte immer noch vermisst
In Nigeria sind 100 der im November aus einer katholischen Schule verschleppten Kinder freigekommen. Doch über 160 weitere Geiseln werden weiterhin vermisst.

Die Massenentführung ereignete sich vor Tagesanbruch am 21. November, als bewaffnete Männer die «St. Mary’s Catholic Primary and Secondary School» in Papiri im Bundesstaat Niger überfielen und 315 Schüler (die meisten davon Kinder im Alter zwischen 9 und 14 Jahren) und Angestellte mit vorgehaltenen Waffen verschleppten.

Am Sonntag bestätigte der nigerianische Regierungssprecher Sunday Dare laut «Agence France»-Presse, dass 100 der Kinder freigelassen worden seien. Sie wurden nach Abuja ausgeflogen.

In den Berichten wurde nicht erwähnt, ob die Freilassung durch Verhandlungen, Lösegeldzahlungen oder eine militärische Operation erreicht wurde. Auch gab es keine Informationen über den Zustand oder Aufenthaltsort der noch festgehaltenen Geiseln.

Rund 50 konnten fliehen

Lokale Kirchenvertreter erklärten, sie hätten bislang keine offizielle Benachrichtigung der Bundesregierung erhalten. «Wir haben gebetet und auf ihre Rückkehr gewartet. Wenn es stimmt, dann ist es eine erfreuliche Nachricht», sagte Daniel Atori, Sprecher von Bischof Bulus Yohanna der Diözese Kontagora, welche die Schule betreibt.

Rund 50 Personen konnten bereits kurz nach dem Angriff fliehen. Später schätzten die Behörden, dass 265 Geiseln tief in die Wälder im Norden Nigerias verschleppt worden waren, wo Entführungen gegen Lösegeld inzwischen weit verbreitet sind.

Der Angriff auf St. Mary’s war eine von mehreren Massenentführungen, die im November in Nigeria gemeldet wurden – einem Monat, in dem die bewaffnete Gewalt stark zunahm, darunter die Entführung von mindestens zwei Dutzend muslimischen Schülerinnen, 38 Kirchenbesuchern und mehreren Angriffen auf Zivilisten in ländlichen Gemeinden.

Vater stirbt an Herzinfarkt

Drei Tage nach der Entführung in Papiri starb Anthony Musa, Vater von drei der verschleppten Kinder, an einem mutmasslichen Herzinfarkt, der auf die emotionale Belastung zurückgeführt wurde.

Nigeria kämpft weiterhin mit der wachsenden Bedrohung durch verschiedene bewaffnete Gruppen, darunter dschihadistische Aufständische, kriminelle Banden und Milizen. Die Entführungsindustrie hat sich zu einem organisierten illegalen Geschäft entwickelt, das laut einem Bericht des in Lagos ansässigen Analyseunternehmens «SBM Intelligence» zwischen Juli 2024 und Juni 2025 mindestens 1,66 Millionen US-Dollar eingebracht hat.

Sicherheit soll ausgebaut werden

Als Reaktion auf die Sicherheitskrise kündigte Präsident Bola Ahmed Tinubu Ende November eine umfassende Aufstockung der Sicherheitskräfte an. Er ordnete die Rekrutierung von 20’000 neuen Polizeibeamten zusätzlich zu den bereits genehmigten 30’000 an und genehmigte auch die Einstellung von Wald-Einheiten (da sich die Entführer teilweise in den Busch zurückziehen) unter dem «Department of State Services».

Der nigerianische Senat hielt eine Dringlichkeitsdebatte ab, in der Abgeordnete die Entführung als eine Form des Terrorismus bezeichneten und die Todesstrafe für Täter forderten. Mehrere Senatoren äusserten Besorgnis über eine Infiltration von Militär und Polizei und verwiesen auf Rekrutierungslisten, die Namen bekannter Milizionäre enthalten sollen.

Dschihadisten hinter Entführungen vermutet

Menschenrechtsorganisationen und Analysten gehen davon aus, dass eine Mischung aus dschihadistischen Akteuren, Banditenbanden und bewaffneten Fulani-Hirten hinter der Zunahme der Angriffe steckt.

Der Weltverfolgungsindex 2025 von «Open Doors» stellte fest, dass 3’100 der weltweit 4’476 Christen, die im Berichtszeitraum aufgrund ihres Glaubens getötet wurden, in Nigeria ums Leben kamen.

Kürzlich forderte die US-Regierung, dass Nigerias Regierung für die anhaltende Krise zur Rechenschaft gezogen wird.

Eine neu aktive Gruppe namens Lakurawa, die vermutlich mit dem westafrikanischen al-Qaida-Ableger JNIM verbunden ist, ist im Nordwesten aufgetaucht. Die Gruppe soll mit moderner Bewaffnung ausgestattet sein und eine radikal-islamistische Ideologie vertreten.

Pastor ermordet

In einem der meistbeachteten Vorfälle des vergangenen Monats wurde Pastor Edwin Achi von der anglikanischen Diözese Kaduna am 19. November tot aufgefunden (wie beispielsweise «Reuters» berichtete) – fast einen Monat nachdem er zusammen mit seiner Frau aus ihrem Haus in Nissi im Bundesstaat Kaduna entführt worden war. Die Entführer hatten ein Lösegeld von 600 Millionen Naira (rund 415’000 US-Dollar) gefordert. Seine Frau Sarah befindet sich weiterhin in Gefangenschaft, und auch ihre Tochter gilt als vermisst.

Der Überfall im nigerianischen Bundesstaat Niger ist die grösste Massenentführung von Schulkindern seit der Entführung von fast 300 Schülern im März 2024 im nördlichen Kaduna.

Einer der frühesten Entführungsfälle, der internationale Aufmerksamkeit erregte, ereignete sich 2014, als Boko Haram fast 300 Schülerinnen aus Chibok verschleppte und damit weltweite Empörung auslöste. Viele dieser Mädchen gelten noch immer als vermisst, und der Vorfall verfolgt die öffentliche Erinnerung bis heute – während bewaffnete Gruppen fast ein Jahrzehnt später weiterhin Nachahmungsentführungen verüben. Ausserdem jährte sich in diesem Sommer die ebenfalls international beachtete Entführung von Leah Sharibu zum siebten Mal.

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Datum: 10.12.2025
Autor: Anugrah Kumar/Daniel Gerber
Quelle: Christian Post/gekürzte Übersetzung: Livenet

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