Vater opfert sich und rettet dadurch «hunderte von Menschenleben»
Am Tag vor den Anschlägen von Paris – und viel weniger beachtet von der Weltpresse – töteten Selbstmordattentäter in Beirut 45 Menschen und verwundeten 200 weitere. Die Zahl der Opfer wäre viel höher, wenn nicht ein Mann todesmutig eingegriffen hätte. Jetzt wurde seine Tat bekannt.
Gesetz der Selbsterhaltung durchbrochen
Der 32 Jahre alte zweifache Vater Adel Tormos war mit seiner Tochter auf einem Markt unterwegs, als der erste Attentäter seine Bombe zündete. Mitten im Chaos, das entstand, erblickte Tormos den zweiten Attentäter, der sich bereit machte, seine Bombe zu zünden. Im Bruchteil einer Sekunde fasste Tormos seinen Entschluss und riss ihn zu Boden. Die Bombe ging los und tötete Tormos; aber zahllose andere – einschliesslich seiner Tochter – wurden gerettet.
«Es gibt viele, viele Familien, vielleicht hunderte, die ihr Leben diesem Opfer verdanken», sagte Elie Fares, ein Beiruter Arzt und Blogger, in einem Interview mit Radio International. «In gewisser Weise durchbrach Adel Tormos das menschliche Gesetz der Selbsterhaltung. Als Held gab er sein eigenes Leben, um andere zu retten», erklärte Fares gegenüber der «Washington Post». «Wie man diese Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde treffen kann, dass man lieber Hunderte rettet statt gesund zu seiner Familie heimzugehen, sich zu entscheiden, dass die Leben der Menschen um dich herum wichtiger sind als dein eigenes – solch eine Entscheidung kann niemand in der Tiefe ganz nachvollziehen.»
Zählen arabische Leben nichts?
Während die Geschichte von Tormos von den internationalen Medien weitgehend unbemerkt blieb, wurde er im Libanon über Nacht berühmt und in Gesprächen und sozialen Medien gefeiert. «Adel ist nicht länger auf dieser Welt, aber seine Heldentat (…) ist der Grund, dass wir heute nicht über eine dreistellige Zahl von Toten reden müssen. Er ist der Grund, dass Familien noch ihre Söhne, Töchter, Väter und Mütter haben. Er ist ein Held Libanons und sein Name sollte auf jeder Titelseite stehen», bloggte Elie Fares.
Es dauerte einige Tage, bis seine Heldentat langsam auch im Westen bekannt wurde – nicht zuletzt dank eines Blogs von Fares in der «Huffington Post»: «Aus Beirut – in einer Welt, in der arabische Leben nichts zählen.»
«Adel macht uns stolz»
«Als die Menschen in meinem Land starben, trauerte die Welt nicht», schrieb er. «Ihr Tod war nur ein unwichtiger Fleck im internationalen Kreislauf der Nachrichten – etwas, das in einem anderen Teil der Welt passiert. Wenn diese Angriffe nicht genug gehört und wahrgenommen werden, werden sie bald zur Seite gedrängt werden – einschliesslich Adel Tormos.»
«Adel macht uns stolz», sagte Ehefrau Basima Tormos dem TV-Sender CNN anlässlich der Beerdigung von Tormos. «Er gab mir Würde, Stolz und Respekt.»
Insgesamt hatten Terroristen an dem Abend des 12. November vier Selbstmordattentate in der Hauptstadt des Libanon geplant. Zwei konnten jedoch verhindert werden.
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Datum: 21.11.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / The Washington Post