Hightech-Glasfaserkabel auf Basis eines einfachen Meeresbewohners

Der Meeresschwamm mit dem lateinischen Namen Euplectella.

New York. Ein Tiefseeschwamm wird die digitale Kommunikation verbessern. Der Meeresbewohner klammert sich mit Glasfasern am Boden fest, die selbst die besten Produkte menschlicher Ingenieurskunst in den Schatten stellen.

Forscher der Bell Laboratories haben in einem Meeresschwamm ein optimales Baumuster für neue Glasfaserkabel entdeckt. Der Meeresbewohner Euplectella benutzt zur Verankerung im Boden ein Netzwerk aus Nadeln, das Licht genauso gut überträgt wie herkömmliche Glasfaserkabel, schreiben Forscher aus den USA und Israel in der Fachzeitschrift "Nature". Allerdings seien die Nadeln des Schwamms wesentlich stabiler und schwieriger zu beschädigen als die vom Menschen hergestellten bisherigen Glasfasen.

Die Nadeln bestehen aus drei Schichten, fanden Joanna Aizenberg und ihre Kollegen von den Bell Laboratories, der US-Firma OFS in Murray Hill und der Universität von Tel Aviv heraus. Während die beiden äusseren Schichten neben Silikaten auch organische Bestandteile enthalten und so die gesamte Faser stabilisieren, besteht der innere Kern aus reinem Quarz. Damit ist der Aufbau der Nadeln nahezu identisch mit dem in der Telekommunikation verwendeter Glasfaserkabel.

Eine Untersuchung der optischen Eigenschaften der Nadeln zeigte den Forschern, dass die Ähnlichkeiten mit technisch eingesetzten Glasfasern nicht bei der Struktur enden. Lichtwellen werden wie in Glasfaserkabeln auch in den Nadeln hauptsächlich durch den Kern geleitet, der einen hohen optischen Brechungsindex besitzt. Dabei werden sie am Übergang des Kernmaterials zum optisch weniger dichten Mantelmaterial reflektiert und so praktisch ohne Verlust im Kern der Faser gefangen.

Während die optischen Eigenschaften der natürlichen Fasern denen der künstlichen Kabel entsprechen, sorgen die Hüllenstruktur und die Anordnung der Schwammnadeln für eine erheblich bessere mechanische Stabilisierung der Fasern als die Ummantelung der Glasfaserkabel. So können sich beispielsweise Risse in der natürlichen Faser praktisch nicht ausbreiten, während dies für einen Grossteil der Schäden an kommerziellen Glasfaserkabeln verantwortlich ist. "Wir konnten die biologischen Fasern sogar zu einem Knoten binden, ohne dass sie brachen", sagte Aizenberg.

Die Forscher hoffen nun, durch die neuen Erkenntnisse Techniken entwickeln zu können, um herkömmliche optische Kabel zu stabilisieren. Hoffnungen macht vor allem die Tatsache, dass der Schwamm seine Fasern bei niedrigen Temperaturen formt, während industrielle Glasfaserkabel unter grosser Hitze hergestellt werden.

Kopfzerbrechen bereitet den Wissenschaftlern jedoch, warum der Venuskorb, der hunderte von Metern unter der Meeresoberfläche in fast vollkommener Düsternis lebt, überhaupt Lichtleitungen besitzt. Bisher können die Forscher nur raten: Der Schwamm, mutmassen sie, sammelt womöglich mit seinen Fasern die schwachen Lichtsignale von bioluminiszenten Lebewesen, um Futter anzulocken.

Im Fachbereich der Bionik beschäftigen sich Forscher mit Systemen aus der Natur. Ingenieure holen sich so Anregungen für neue Erfindungen. In der Folge sollte man meinen, dass Naturwissenschaftler, die sich so intensiv mit der Schöpfung auseinandersetzen, eine entsprechende Ehrfurcht gegenüber Gott, dem Erfinder des Lebens, entwicklen müssten.

Quellen: pte online/Livenet/factum

Datum: 25.08.2003

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