Umweltpfarrer

Getreideanbau in unseren Breitengraden vor dem Aus

Getreide

Speyer. Deutliche Folgen für die Landwirtschaft hat Pfarrer Gerhard Postel aufgrund des Klimawandels prophezeit. "Zuerst trifft es die Bauern", sagte der langjährige Umweltpfarrer der pfälzischen Landeskirche am Freitag in Freisbach. Die Botanik werde sich verändern, und die Landwirtschaft werde sich auf norditalienische Verhältnisse einstellen müssen.

"Seit 25 Jahren reden wir vom Klimawandel", sagte der 62-Jährige, der im Juni in Ruhestand ging. Eindeutig stehe fest, dass die Gesamterwärmung der Erde steige und die Gletscher schmölzen. "Einen so langen und so heissen Sommer hatten wir in 62 Jahren nicht", sagte Postel. Inzwischen sei der Modenbach ab Freisbach sogar ausgetrocknet. Noch im Vorjahr habe es dort Elritze, Gründlinge, Schmerle, Stichlinge und Flussbarsche gegeben. Auch den Fichten an den Südhängen des Pfälzerwaldes sei anzusehen, dass sie darben.

Postel geht davon aus, dass der Rüben-, Kartoffel- und Getreideanbau in hiesigen Breiten bald vor dem Ende steht. Während bei zunehmender Erwärmung in Russland ideale Anbaubedingungen herrschten, mache das benötigte Wasser den Anbau in Deutschland zu teuer. Hinzu komme, dass die Flüsse infolge des Klimawandels im Sommer immer weniger und im Winter immer mehr Wasser führten. "Es ist ein Glück, dass wir in diesem Sommer noch genügend Wasser haben und der Grundwasserspiegel hier in den vergangenen Jahren gestiegen ist", sagte Postel.

Bei zunehmender Unwirtschaftlichkeit des Anbaus sieht Postel die Gefahr, dass die Flächen zuwachsen und versteppen. Komme der Gemüseanbau zum Erliegen, drohe zum Beispiel eine Wüste zwischen Germersheim und Mutterstadt. Die Menschen müssten sich auf einen südländischen Lebensstil einstellen, schliesslich könne man auch im Klima der Poebene ganz gut leben. Der Wein müsse bewässert werden, und mediterrane Pflanzen kämen hinzu. So habe seine Nachbarin in Freisbach bereits Melonen angepflanzt. Da habe er noch gelacht. "Jetzt lache ich nicht mehr, jetzt ist der Garten voll davon", sagte Postel.

Der Deutsche Bauernverband schätzt den Gesamtschaden für Landwirte durch die Dürre auf über eine Milliarde Euro. Generalsekretär Helmut Born forderte deshalb am Donnerstag in Berlin Existenzhilfen in Höhe von 100 bis 150 Millionen Euro.

Datum: 19.08.2003
Quelle: Epd

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