Vom Einsiedler zum Bettler
Dabei halten verschiedene Fixpunkte im sogenannten «Strassenretreat» den Tag zusammen: Frühstück, Mittagessen, Stille, Austausch in Vierergruppen, Andacht, Nachtessen und Übernachten. Letzteres im Park oder in Notschlafstellen. Für diese Momente trifft sich die ganze Gruppe zu einer abgemachten Zeit an einem bestimmten Ort. In den übrigen Stunden des Tages haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit auf der Strasse zu leben, zu betteln, mit Menschen zu sprechen, ziellos durch die Stadt zu laufen, zu warten und vor allem genau zu schauen, zu hören und zu fühlen.
Patrick Schwarzenbach dazu: «Ein Strassenretreat ist kein Sozialpraktikum und irgendwie ist es doch eins. Zeit auf der Strasse zu verbringen hilft randständigen Menschen nicht direkt, und doch setzt jede und jeder, der sich der Strasse aussetzt, Prozesse in Gang.» Das Aushalten von schweren Situationen und das Teilen des Lebens mit anderen verändere die Teilnehmenden und alle, die mit ihnen in Kontakt kommen.
Die Strassenretraite
Retreat bezeichnet eine geplante, spirituelle Ruhepause oder Rückzug von der gewohnten Umgebung. Während der Begriff im Englischen auch allgemein für Phasen von Entspannung oder Stressabbau benutzt wird, hat sich im deutschen Sprachraum die Bedeutung einer spirituellen Praxis durchgesetzt. In Strassenretreats wird als Ort des Rückzugs die Strasse gewählt. Teilnehmende leben während einer begrenzten Zeit obdachlos im urbanen Raum.
Patrick Schwarzenbach (29) arbeitet als evangelischer Pfarrer in St.Gallen und leitet die Projektstelle «Spirituelles Leben mit jungen Erwachsenen». Er wohnt meistens im Kreis 4 in Zürich und interessiert sich für moderne spirituelle Experimente. Neben drei Monaten im Wald als «Gallus 2.0» hat er in Kopenhagen, Los Angeles und Wädenswil gewohnt.
Wer sich Anfang Oktober ebenfalls für fünf Tage der Strasse aussetzen möchte, erhält über die Streetretreat-Website mehr Informationen und kann sich dort anmelden.
Datum: 14.09.2013
Quelle: www.arm-dran.ch