Seelsorger von «Carlos»

«Oft bricht Schmerz auf, der jahrelang unterdrückt wurde»

Markus Giger ist Gefängnisseelsorger von Jugendlichen – auch von «Carlos», der wegen seiner aufwendigen Rundumbetreuung kürzlich in den Schlagzeilen war. «Die Jugendlichen brauchen Menschen mit unerschütterlichem Glauben an ihre gelingende Zukunft», erklärte der Pfarrer kürzlich in einem Gespräch.
Markus Giger

Markus Giger ist Leiter der Streetchurch in Zürich, doch schon seit 15 Jahren besucht er regelmässig straffällige Jugendliche. Im Massnahmezentrum Uitikon sind es derzeit 64 Klienten, in der Durchgangsstation Winterthur bis zu neun Jugendliche. Ausserdem begleitet er einige junge Menschen, die ihre Massnahme abgeschlossen oder abgebrochen haben und ihn freiwillig für die Seelsorge aufsuchen – so auch «Carlos», einen jugendlichen Straftäter, dessen aufwendige Rundumbetreuung kürzlich für Schlagzeilen sorgte.

Doch wie sehen solche seelsorgerlichen Gespräche aus? Im Gespräch mit der Reformierten Presse erklärte der Pfarrer, dass es anfänglich oft um Haftgründe und -bedingungen ginge. «Meistens aber drängen im Hintergrund die grossen Fragen: Warum bin ich so, wie ich bin? Wo ist Gott? Gibt es Gerechtigkeit, Vergebung, Neuanfang?» Viele der Jugendlichen hätten «das Bedürfnis, das eigene verbockte Leben zu verstehen, und die Sehnsucht, ein anderer werden zu können».

Von Tränen und Hoffnung

Mit einem «Pfarrer» wollen die meisten von ihnen eigentlich gar nicht reden, so Giger, doch eine Person, der man innere und äussere Kämpfe anvertrauen kann, sei ihnen wichtig. Und in Markus Giger finden sie so eine Person, welche sie bedingungslos annimmt und ihnen eine geschützte Beziehung anbietet. Diese Vertrauensbasis ist der Schlüssel. Dadurch können auch die tieferen Dimensionen der menschlichen Existenz angesprochen werden. «In der Seelsorge wird viel geweint. Oft bricht Schmerz auf, der jahrelang unterdrückt oder auch in den Delikten abreagiert wurde.»

Hoffnung weitergeben, den Jugendlichen Perspektiven schenken, darum geht es Markus Giger. Denn aus der Sicht des Evangeliums sterbe die Hoffnung zuletzt. «Die Jugendlichen brauchen Menschen mit diesem unerschütterlichen Glauben an ihre gelingende Zukunft.» Doch die Frage nach besonderen Erfolgserlebnissen weist der Pfarrer ab – es gebe für ihn nur bewegende Entwicklungen: «Besonders, wenn ein junger Mensch den Zugang zum Glauben an Christus findet und daraus neue Hoffnung schöpft oder wenn er über seine Taten Reue empfindet und sich um Wandel bemüht. Solche Entwicklungen motivieren mich, weiterzugehen und keinen dieser jungen Männer aufzugeben.»

Datum: 27.09.2013
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Reformierte Presse

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