Gebetsfrühstück und Gefängnis
Aktivisten warnen, dass Christen in Armenien zunehmend unter staatlichen Druck geraten. Berichten zufolge wurde inzwischen die Hälfte der Erzbischöfe des Landes inhaftiert.
Die Beziehungen zwischen der Armenischen Apostolischen Kirche und dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan begannen sich nach Armeniens Niederlage im Zweiten Bergkarabach-Krieg im Jahr 2020 deutlich zu verschlechtern.
Nach dem Ende des Krieges flohen rund 120’000 Armenier vor den siegreichen aserbaidschanischen Truppen. Gleichzeitig kam es zu landesweiten Protesten gegen die Regierung von Premierminister Paschinjan.
Als Reaktion auf den wachsenden innenpolitischen Widerstand wird Paschinjan vorgeworfen, zunehmend autoritäre Massnahmen zu ergreifen. Dazu gehören unter anderem Geldstrafen wegen Äusserungen in sozialen Medien. Regierungskritiker sahen sich Bedrohungen ausgesetzt oder wurden sogar festgenommen.
Kirchen-Oberhaupt soll Staats-Komitee weichen
Anfang dieses Jahres wurde Erzbischof Mikael Ajapahyan unter dem Vorwurf verhaftet, den Sturz der Regierung mit undemokratischen Mitteln gefördert zu haben.
Die armenische Staatsanwaltschaft verweist auf mehrere Aussagen des Erzbischofs, die als Aufruf zu einem Staatsstreich interpretiert werden. In einem Interview mit News.am sagte er: «Ich habe zu einem Putsch aufgerufen, um das Land vor diesem Wahnsinnigen zu retten. Wenn sie es nicht retten, tragen sie ebenfalls die Schuld an allem. Das ist nicht nur ein Aufruf – es muss getan werden.»
Die Organisation «Christian Solidarity Worldwide» warnt, dass die Regierung faktisch versuche, die Kontrolle über die Kirche zu übernehmen. Dies geschehe durch den Vorschlag, das Oberhaupt der Kirche, Katholikos Karekin II., durch ein staatlich kontrolliertes Komitee zu ersetzen.
Paschinjan hat diese Vorwürfe nicht zurückgewiesen. Im Gegenteil erklärte er, er wolle die Kirche vor «antichristlichen» und «staatsfeindlichen» Gruppen schützen, die seiner Ansicht nach die Kirche übernommen hätten. Zudem erklärte er offen, dass er die Absetzung Karekins anstrebe.
Hälfte der Erzbischöfe inhaftiert
Während Karekin II. bislang auf freiem Fuss ist, argumentieren Aktivisten, dass auch er zunehmend unter Druck gerät. Insgesamt sei inzwischen die Hälfte aller Erzbischöfe des Landes inhaftiert worden.
Der Unternehmer Samvel Karapetyan, ein prominenter Unterstützer der Kirche, wurde ebenfalls inhaftiert, nachdem er Paschinjan öffentlich kritisiert hatte. Darüber hinaus liess Paschinjan einer von Karapetyans grössten Vermögenswerten verstaatlichen – das armenische Stromnetz.
Der konservative britische Parlamentsabgeordnete Stewart Jackson, stellvertretender Vorsitzender der parteiübergreifenden Parlamentsgruppe für Religions- und Glaubensfreiheit, erklärte: «Armenische Christen geraten zunehmend unter Druck. Die Regierung von Premierminister Paschinjan, konfrontiert mit tiefem öffentlichen Unmut, driftet in den Autoritarismus ab: Kritiker werden zum Schweigen gebracht, Bürger für Beiträge in sozialen Medien bestraft, und die Armenische Apostolische Kirche – die vertrauenswürdigste Institution des Landes – wird gezielt angegriffen.»
Und weiter bedauert Stewart Jackson: «Dieses Vorgehen gegen die Meinungsfreiheit und gegen die Kirche ist inakzeptabel. Freunde Armeniens müssen dies klar benennen: Das armenische Volk und sein uraltes christliches Erbe verdienen Schutz – keine Verfolgung durch die eigene Regierung.»
Erstes nationales Gebetsfrühstück für Evangelikale
Gleichzeitig wurde am 14. und 15. November 2025 die erste Ausgabe des Nationalen Gebetsfrühstücks durchgeführt. Es handelte sich um ein bedeutendes Ereignis, bei dem die Rolle des christlichen Glaubens im Land ausdrücklich hervorgehoben wurde.
Dieses erstmalige Treffen brachte mehr als dreihundert einflussreiche Persönlichkeiten aus Armenien und dem Ausland zusammen: Politiker, Diplomaten, Unternehmer, Medien- und öffentliche Persönlichkeiten sowie religiöse Führungskräfte.
Die Veranstaltung wurde vom armenischen Premierminister Nikol Paschinjan unterstützt, der die Bedeutung christlicher Werte für das Land hervorhob. «Gutes Handeln ist eine Frage von Reformen, Regelungen sowie von Kontrolle und Gegengewichten. Doch gutes Handeln ist ohne die Gegenwart Gottes nicht möglich, ebenso wenig ohne das Wort Gottes. Ich glaube, dass der Weg des Friedens der Weg ist, auf den Gott uns führt», schloss der Politiker.
Dieses Ereignis wurde von den protestantischen Vertretern der armenischen Kirchen sehr positiv aufgenommen. Die Armenische Apostolische Kirche hingegen nutzte die Gelegenheit vor allem, um auf die bestehenden Spannungen zwischen ihr und der Regierung hinzuweisen.
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Datum: 23.12.2025
Autor:
Elormise Pierre/Daniel Gerber
Quelle:
Christian Today/Info Chrétienne/Übersetzung: Livenet