Gott löst derzeit eine neue Beziehung unter christlichen Leitern aus. Sie werden von Konkurrenten zu Kollegen, von Kollegen zu Freunden, von Freunden zu Brüdern. Gelebte Liebe ist die explosivste Kraft und der heiligste und unwiderstehlichste Virus, den Gott in diese Welt gesetzt hat. Dies wird die Art der Zusammenarbeit revolutionieren. Es ist „out“ zu sagen: „Er hat dieselbe Theologie und denselben Glauben wie ich!“. Anderseits ist es „in“ zu sagen: „Er ist mein Freund!“ Wenn Sie nach dem Herzen von christlichen Bewegungen suchen, die wirklich die Welt verändert haben, werden Sie nicht bei einer Person landen, sondern in aller Regel bei einer verschworenen Gemeinschaft von Freunden und deren Jüngern. Neu ist, dass Freunde oft das Herzstück von lokalen, regionalen, nationalen oder gar weltweiten Netzwerken sind und eine neue Art der Zusammenarbeit prägen. Zusammenarbeit war in der Vergangenheit viel zu oft eine Sache der Konvention. Man einigte sich auf ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, eine Grundsatzerklärung, geschriebene und ungeschriebene diplomatische Spielregeln, und arbeitete zusammen – so meinte man. Doch diese Art der Zusammenarbeit funktioniert nur sehr bedingt, denn sie ist auf einer falschen Basis aufgebaut: auf Angst voreinander. Das Problem ist, dass man mit einem halben Auge ständig schielen muss, ob der andere die gesetzte Grenze nicht übertritt. Dann wird es nämlich Zeit für eine Protestnote, oder es ist sogar der Punkt gekommen, die „Freundschaft“ zu kündigen. Die Basis fruchtbarer christlicher Zusammenarbeit und wahrer Vollmacht ist das Vertrauen. Die Vollmacht der Freunde begründet sich im Ausleben von erlösten Beziehungen zueinander. Christus hat uns erlöst (vertikal), auch damit wir erlöste Beziehungen untereinander (horizontal) leben können. Diese horizontalen Beziehungen werden immer mehr als Basis christlicher Zusammenarbeit wiederentdeckt. Grundlage gemeinsamen Handelns ist nicht die Kongruenz unseres Glaubens, sondern tiefe, in Gott gegründete Verbindungen zueinander. Diese Art von Beziehungen brauchen Zeit und Vertrauen. · Vom Konkurrentendasein (Phase eins; Stichwort: Runder Tisch, Austausch von diplomatischen, nichtssagenden Höflichkeiten), in dem man den anderen als Feind versteht, den es zu überrunden und zu bekämpfen gilt, der einem das Wasser abgräbt und vermeintlich Pfründe streitig macht, zum Kollegen. · Vom Kollegen (Phase zwei, Stichwort: Komitee), mit dem man Waffenstillstand geschlossen hat, weil man ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel verfolgt, mit dem man auf sichere Distanz leben kann, zum Freund. · Vom Freund (Phase drei, Stichwort: Stammtisch), dem man sein Vertrauen schenkt und mit dem man lernt, Rücken an Rücken zu kämpfen und zu feiern, zu lachen und zu weinen, zum Bruder. · Zum Bruder (Phase vier; Stichwort: David und Jonathan), einer Person, ohne die man nicht mehr leben möchte, mit der man zusammen eine kollektive Identität bildet, zu der man sich öffentlich begeistert bekennt und der man blind vertraut. Wenn in einem Land, einer Region oder einer Stadt die Zusammenarbeit der Verantwortlichen mehrheitlich in Phase eins steckt, ist sie schlicht und ergreifend peinlich und vollkommen unchristlich und nur eine andere Form von Krieg. Phase zwei ist langatmig und langweilig und meist ohne jedes wirkliche Ergebnis. Erst ab Phase drei wird es interessant, ab Phase vier aufregend und abenteuerlich. Jemand hat einmal Vollmacht definiert als die Fähigkeit, demütig zuzuhören, was Gott sagt, und gehorsam und gemeinsam mit anderen zu tun, was er sagt. Bei Organisationen, Kirchen und Bewegungen, die völlig um eine Person herum aufgebaut sind, bekommt man den Eindruck: Stirbt der Held, stirbt die Welt. Das ist das eine Extrem. Oft produzieren solche Bewegungen einen gehörigen Sturm im Wasserglas, aber ihre Arbeit hat fast keine Auswirkung auf die Gemeinden. Die Fangemeinde wächst zwar bis zu einer bestimmten Grenze an, die eigene Organisation oder Gemeinde durchläuft die Stadien Gründung, Wachstum, Euphorie, Stagnation, Zerfall und Vergessen. Nur was in der Kraft des Heiligen Geistes geschieht und an andere bleibend weitervermittelt wurde, hat langfristige Auswirkungen. Die Ausnahme ist nicht die Regel. Wenn ein inbrünstiges „Gott hat mir gezeigt“, das zur Begründung für eigene Aktionen herhalten muss , nicht ausbalanciert wird durch einen Konsens geistlich hellwacher Mitchristen, dann ist äusserste Vorsicht geboten. Das andere Extrem ist die Ökumanie, der zur Krankhaftigkeit verkommene Versuch, mit allen anderen „gut Freund“ zu sein und zusammenzuarbeiten, ja niemanden auszuschliessen und auf allen Hochzeiten zu tanzen. Das Endresultat einer solchen „Allianzmentalität um jeden Preis“ ist eine Zersplitterung und Verhinderung prophetischer Führung. Man wird zum Gefangenen einer Legion von Komitees, trägt mehr Titel und Hüte als man sich merken kann, und verheddert sich schliesslich im eigenen Netzwerk. Resultat: Es bewegt sich fast nichts. Die Vollmacht der guten Beziehungen reicht in der Regel aus zum Bewahren des Status Quo. Sie bringt uns aber nur in den seltensten Fällen weiter. Erweckung und Struktur, Liebe und Wahrheit, Planung und Vision, Power und Vernetztheit gehören zusammen und bringen sich gemeinsam zu gegenseitiger Entfaltung und voller Blüte. Power ohne Einbindung in ein breiteres Umfeld von selbständigen Mitchristen – nicht etwa hörigen Fans, die mitziehen – verpufft letztlich wirkungslos und wird zur leeren Vollmacht, weil sie sich nur auf die eigene kleine Welt auswirkt. „Allianzdenken“ allein blockiert sich selbst, weil hier die Vernetzung als Selbstzweck gesehen und ihr alles andere untergeordnet wird. Der Schlüssel liegt in der Verbindung von beidem: Grosse Dynamik mit einem gesunden Mass an Verbundenheit mit dem Rest des Leibes Christi. Zehn Tage lang - 240 Stunden lang - von Himmelfahrt bis Pfingsten - waren die Jünger Jesu im Oberstübchen zusammen: „Petrus, Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, des Alphäus' Sohn und Simon Zelotes und Judas, des Jakobus Sohn. Diese alle waren stets beieinander einmütig im Gebet samt den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern" (Apg. 1,13-14). Stellen Sie sich das doch einmal bildhaft vor! Versuchen Sie mal, in diesem trauten Kreis der Gegensätzlichkeiten einmütig zu sein. Sicher gab es genug Sünde und Versagen, das sie voreinander zugeben mussten. Und als ob das noch nicht genug wäre, waren auch die Frauen anwesend! Frauen hatten in der damaligen Kultur religiös noch nichts zu sagen. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, waren noch die Verwandten da. Jeder weiss, wie „entspannt“ die Situation sein kann, wenn Verwandte da sind. Sie waren durch Gottes Gnade und Kraft zu einem Gefäss von vollmächtigen Freunden zusammengeschweisst worden, in das hinein der Heilige Geist gegossen werden konnte. Einem Gefäss, in dem Unterschiedlichkeiten überwunden worden sind, wo man sich völlig durchschauen liess und sich anschliessend immer noch lieb hatte. Und die Konsequenz für uns? Es gibt keine Abkürzung, keine Billigvariante von Vollmacht ohne Freunde und Freunde ohne Vollmacht. Das Wunder vor Pfingsten war die Vorbereitung des Wunders von Pfingsten! Auszug aus „Gottes Megatrends – Sechs Wege aus dem christlichen Ghetto“ von Wolfgang Simson (1995, C und P / Koinonia) Überarbeitung: Antoinette Lüchinger, Livenet.Eine neue Art der Zusammenarbeit
Vertrauen überwindet Angst
In der Regel gibt es vier Phasen:
Freunde, keine gesalbten Supermenschen Hellwache Mitchristen
240 Stunden Einmütigkeit - und dann Pfingsten
Keine Vollmacht ohne Freunde
Datum: 30.05.2004