Der amerikanische Rockmusiker schminkt sich gerne wie eine Leiche und gefällt sich als Provokateur mit ordinären Auftritten. Er bezeichnet sich als „Antichrist Superstar“, zerreisst die Bibel, verbrennt die US-Flagge, huldigt dem Satanismus und entblösst sich auf der Konzertbühne. Er ruft zu Gewalt und Selbstmord auf. Trotzdem oder gerade deshalb – seit seinem Auftritt im Film „Bowling for Columbine“ von Michael Moore scheint er beliebter denn je. Provokatives kommt gut an. Manson tritt am 30. November in Zürich auf. Die 12’000 Tickets sind sind laut „20Minuten“ längst verkauft. Trotzdem ist für die EVP-Fraktion des Zürcher Kantonsrats klar: Einer wie Manson hat bei uns nichts zu suchen. „Irgendwo hört es doch auf. Man darf religiöse Gefühle nicht einfach so mit den Füssen treten“, meinte EVP-Kantonsrat Peter Reinhard gegenüber dem Pendlerblatt. Gegenüber Livenet präzisierte Reinhard, die Schweiz schütze Minderheiten mit einem Anti-Rassismusgesetz, verbiete den Sexismus, sehe aber keine Mittel zum Schutz vor religiöser Verunglimpfung vor. Dies sei höchst unbefriedigend. Reinhard gelangte auch mit einem Schreiben an den Verwaltungsrat des Hallenstadions, um der Forderung nach einem Verbot Nachdruck zu verleihen. Beim Hallenstadion handle es sich um eine Institution, welcher nicht zuletzt dank staatlicher Unterstützung das Überleben gesichert worden sei, begründete Reinhard diesen Schritt. Auch die Aufforderung der „Christen für die Wahrheit“ an Regierungsrätin Rita Fuhrer (SVP), das Konzert zu unterbinden, brachte nichts. Sie stuft die künstlerische Freiheit höher ein und sah bisher keine Handhabe, gegen allenfalls schlechten Geschmack einzuschreiten. Noch sind seit dem letzten Zürcher Manson-Konzert (2001) zwei Strafanzeigen hängig. Am Montag doppelte nun die EVP im Kantonsrat mit einer Fraktionserklärung nach: Aufrufe zu Gewalt oder Selbstmord, Verherrlichung von Pornografie und Hetztiraden gegen Gott seien zu befürchten, sagte EVP-Kantonsrat Kurt Schreiber (Wädenswil) laut Tages-Anzeiger. Manson verletze die religiösen Gefühle einer Mehrheit, wenn er sage: „Lieber Gott, wenn du am Leben wärest, du weisst, wir würden dich töten.“ Die Behörden müssten ihn „verbindlich verpflichten“, keine solchen Inhalte in Zürich zu verbreiten. Sonst verstosse er gegen das Unterhaltungsgewerbegesetz, das es verbiete, „in gemeiner Weise Menschen oder Menschengruppen verächtlich zu machen“. Die Regierung müsse umso mehr tätig werden, als der Kanton das Hallenstadion mitfinanziere. Überrascht von der EVP-Forderung zeigte man sich beim Konzertveranstalter. „Beim Manson-Konzert vor zwei Jahren kam es zu keinerlei Zwischenfällen“, rechtfrertigt sich Good-News-Chef André Béchir. „Und wer sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlt, muss ja kein Ticket kaufen.“ Im Kino sei noch Schlimmeres zu sehen. So einfach ist das. Dass die Manson-Konzerte nicht so harmlos sind, dokumentiert das abgebrochene Halloween-Konzert 2003 In Kansas City. Nachdem es zwei Mal unterbrochen wurde, weil Fans Absperrungen überschritten hatten, kam für das Open Air das vorzeitige Ende. Ein Grossteil der Manson-Fans strömte unter Buhrufen, Flüchen und kleinen Prügeleien in Richtung der Ausgänge, wie die Net-Zeitung berichtet. Schliesslich riefen die Sicherheitskräfte die Polizei, weil sie die aufgebrachte Menge nicht kontrollieren konnten. Diese bewog einen Teil der wütenden Fans dazu, das Gelände zu verlassen, doch rund 3000 Fans begannen, die Polizisten mit Steinen und mit Urin gefüllten Flaschen zu bewerfen. Neun Randalierer wurden vorübergehend verhaftet. Bei 20 Minuten kann man jetzt seine Meinung äussern, ob man für oder gegen ein Verbot des Manson-Konzerts ist: www.20min.ch/news/schweiz/zuerich/story/10135573 Quellen: Livenet/ 20Minuten/ Tages-Anzeiger/ NetzeitungErfolg schon garantiert
Darf ein Künstler Menschen verächtlich machen?
Auch die Sicherheit ist nicht garantiert
Datum: 05.11.2003
Autor: Fritz Imhof