Ägyptischer Präsident Sisi lädt Papst ein
Der Zeitpunkt für einen Ägypten-Besuch von Papst Franziskus sei noch völlig offen, die Visite werde zweifellos nicht 2015 erfolgen können, aber sowohl von ägyptischer wie von vatikanischer Seite bestehe grösstes Interesse daran, dass der Besuch so bald wie möglich stattfindet.
Der koptisch-katholische Bischof von Gizeh, Anba Antonios Aziz Mina, sagte im Gespräch mit der vatikanischen Nachrichtenagentur «Fides», es gebe zwar noch keine offiziellen Bestätigungen, aber ein Besuch des Papstes in «diesem besonderen historischen Moment» wäre ein grosser Trost und eine Ermutigung für alle Katholiken und darüber hinaus für alle Christen in der Region.
Der Fall Mursi
Die Einladung an den Papst fällt allerdings in einen ausgesprochen schlechten Zeitpunkt, nachdem aktuell sämtliche in Ägypten tätigen Kirchen «not amused» über das auf Druck al-Sisis am Dienstag bestätigte Todesurteil gegen den gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi sind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, gegen die getroffene Entscheidung kann Mursi in Berufung gehen. Vor der Bestätigung des Urteils hatte Grossmufti Schauki Allam eine beratende Stellungnahme zu dem Fall abgegeben – so sieht es das Gesetz vor. Der Mufti ist die oberste religiöse Autorität des Landes.
In dem Fall geht es um die Gefängnisausbrüche ranghoher Muslimbrüder während des Volksaufstands gegen den langjährigen Staatschef Husni Mubarak 2011. Die Staatsanwaltschaft behauptete, bewaffnete Mitglieder der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas hätten Mursi, mehr als 30 weitere Anführer der Muslimbruderschaft sowie rund 20'000 Insassen befreit. Einige Gefängniswärter wurden dabei getötet.
Umstrittene Massenprozesse
Das Todesurteil gegen Mursi ist umstritten – auch weil damals auf einen Schlag mehr als hundert weitere Angeklagte zum Tode verurteilt worden waren. Solche Massenprozesse seien unvereinbar mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und den internationalen Verpflichtungen Ägyptens, hatte ein Vertreter des US-Aussenministeriums im Mai gesagt. Die US-Regierung sei deswegen «sehr besorgt». Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Todesurteil gegen Mursi Anfang Juni kritisiert, als al-Sisi in Berlin zu Besuch war.
Mursi war nach dem Sturz von Machthaber Mubarak im Februar 2011 der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens, im Juli 2013 wurde er vom Militär entmachtet. Nach Mursis Absetzung kam der heutige Staatschef Abdel Fattah al-Sisi an die Macht. Seitdem wurden etwa 1'500 Anhänger getötet und mehr als 15'000 weitere inhaftiert. Frühere Massenprozesse, bei denen im Schnellverfahren Hunderte Islamisten zum Tode verurteilt wurden, lösten internationale Proteste aus.
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Datum: 25.06.2015
Quelle: kath.ch