Damaris Kunz im Jemen

«… aber es ist immerhin ein Tropfen!»

Damaris Kunz (46) arbeitet seit 2019 für das christliche Hilfswerk «Medair» im Jemen. Zuvor leistete sie während insgesamt acht Jahren medizinische Dienste im Südsudan, Irak und Somaliland. Das Elend im Jemen ist gross. Damaris Kunz: «Manchmal fühlt sich meine Arbeit wie ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein an, aber immerhin ist es ein Tropfen.»
Damaris Kunz beim Besuch einer Gesundheitseinrichtung (Bild: zVg)
Die erwähnte Ambulanz

Damaris Kunz, was sind Ihre Haupttätigkeiten im Jemen?
Damaris Kunz:
Ich bin Projektmanagerin eines Gesundheits- und Ernährungsprojekts im Jemen und unterstütze und betreue fünf lokale Gesundheitseinrichtungen, welche die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung gewährleisten. In unseren Kliniken behandeln wir Durchfall, Lungenentzündungen, Malaria, Hauterkrankungen, führen Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere durch und betreiben ein Ernährungsprogramm für unterernährte Kinder und Schwangere.

Wie hat sich das Leben im Jemen im laufenden Jahr verändert?
Bei Ausbruch der Corona-Pandemie erlebten wir sehr grosse Einschränkungen sowohl im Jemen allgemein als auch in unserer Arbeit. So konnten wir aufgrund des Infektionsrisikos viel weniger Menschen als gewöhnlich in unseren Gesundheitseinrichtungen empfangen. Ebenso mussten Schulungen abgesagt werden. Am Ende der ersten Infektionswelle wurden die Einschränkungen gelockert, wobei die üblichen Abstandsregeln immer noch gelten und eingehalten werden müssen.

Können Sie ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch Ihre Arbeit verändert worden sind?
Wir errichteten einen Ambulanzservice, um medizinische Notfälle in geeignete Gesundheitseinrichtungen überweisen zu können. Am selben Tag, als der Service startbereit war, mussten gleich zwei Patientinnen notfallmässig in ein grösseres Krankenhaus verlegt werden. Eine Patientin litt an einer lebensbedrohlichen Infektion und konnte noch am gleichen Tag operiert werden. Nach der Entlassung der Patientin erfuhren wir, dass es sich bei ihr um eine Mitarbeiterin einer von uns unterstützten Gesundheitseinrichtung handelte. Dank dieses Ambulanzservices hatte sie überlebt und konnte nach ihrer Genesung wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Bei der anderen Patientin handelte es sich um eine schwangere Frau in den Wehen, die im Krankenhaus unter fachkundiger Betreuung ein gesundes Mädchen auf die Welt bringen konnte.

Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
Es ist mein Herzensanliegen, Menschen zu helfen. Bei all den grossen Nöten im Jemen fühlt sich meine Arbeit zwar oft wie ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein an, aber immerhin ist es ein Tropfen. Mein Ziel ist es, einheimische Mitarbeitende soweit zu schulen und weiterzubilden, dass sie diese Arbeit ohne unsere Unterstützung, ohne Hilfe von aussen, tun können. Dazu überlege ich mir ständig geeignete Mittel und Wege.

Gibt es neue Projekte, die bei Ihnen anstehen?
Wir planen eine Expansion unserer Arbeit, so möchten wir unser bestehendes Projekt um ein Krankenhaus erweitern. Unsere Unterstützung würde in der Durchführung von Weiterbildungen, der Versorgung des Krankenhauses mit Medikamenten und medizinischem Gerät sowie in der Supervision bestehen. Zudem würde Medair die Gehälter der Angestellten übernehmen.

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Datum: 27.12.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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