Konfuzius schlägt Mao

Peking. Das Leben des grossen chinesischen Weisheitslehrers wird derzeit verfilmt; die Hauptrolle spielt der chinesische Actionstar Chow Yun Fat ("Fluch der Karibik", "Anna und der König"). Doch seit Jahren spielt Konfuzius eine weit bedeutendere Rolle: Im kommunistisch beherrschten China wird seine Lehre herangezogen, um bei der rasanten Wirtschaftsentwicklung der Mass- und Haltlosigkeit zu wehren und die Gesellschaft im Aufbruch zu stabilisieren. Dabei konkurriert Konfuzius mit Jesus - und hat in der Globalisierung den Vorteil des Einheimischen.

Konfuzius lebte vor 2500 Jahren. Er lehrte, dass sich das Leben in fünf Beziehungen ereignet (Herrscher-Untertan, Vater-Sohn, älterer Bruder-jüngerer Bruder, Mann-Frau, Freund-Freund. Das richtige Verhalten in ihnen sorgt für Stabilität; es ist laut Konfuzius vorzuleben, zu lehren und durchzusetzen. Heute lernen Schüler in der Volksrepublik China wieder Gedichte mit Sätzen wie: "Benimm dich wie ein jüngerer Bruder gegen ältere: das ist etwas vom Ersten, was du wissen must."

Um die alten Verhaltensmuster zu zerstören und das unterjochte Volk für sich zu mobilisieren, hatten Mao und seine Kommunistische Partei mehrere Kampagnen und schliesslich die Kulturrevolution angezettelt. Die Sinnsprüche des Konfuzius wurden verboten, der Weise als Klassenfeind gebrandmarkt und ihm gewidmete Tempel geplündert. (Auf Taiwan wurde Konfuzius dagegen als grösster Lehrer verehrt.) Seit den 1990er Jahren dient der Konfuzianismus, eine auf diesseitige Ordnung ausgerichtet Lehre, den KP-Ideologen als Grundlage, um ihr autoritäres Regime in der chinesischen Geschichte und Kultur zu verankern und eine gemeinchinesische Identität zu formulieren.