Ein Biker bekennt Farbe

Thomas Draxler, der Doktor auf der Harley

Thomas Draxler, der Doktor auf der Harley
Seit Draxler 15 Jahre alt wurde, war er auf der Suche nach Freiheit auf zwei Rädern. Inzwischen weiss er: Nur Jesus vervollständigt das grosse Gefühl der Freiheit. Und er nutzt die Aufmerksamkeit, die er als Biker erregt, um auf Gott hinzuweisen.
«Jesus Christus – Weg†Wahrheit†Leben»

Wer Thomas Draxler (59) sieht, vergisst ihn nicht so schnell: ein sympathisches Lächeln, lange graue Haare und ein markanter Bart. Dieses Äussere passt zu ihm, wenn er seine Harley aus der Garage holt, seine Lederkluft anzieht und mit Kumpels eine Runde dreht. Doch auf der Kutte, die sie tragen, steht kein Clubname, sondern der Name ihres «Präsidenten» – auf dem Rücken prangt gross und deutlich: «Jesus Christus – Weg†Wahrheit†Leben». Ausserdem treffen sich die Jesus-Biker vor jeder Ausfahrt zu einem Gebet in der Hauskapelle von Draxler.

Ein Multitalent

Dr. sc. hum. Thomas Draxler ist kein Biker von Beruf. Der gebürtige Schaafheimer ist studierter Verwaltungsfachwirt und Doktor der Gesundheitswissenschaften. Er arbeitet als Heilpraktiker und hilft Menschen vor allem im Bereich der Rückenschmerzen. Spannend ist eine Information auf seiner Website, dass niemand wegen finanzieller Grenzen abgewiesen wird. Hier scheint seine christliche Grundhaltung durch. Darüber hinaus bietet Draxler Gesundheitssport und Selbstverteidigungskurse an. Er selbst hält in mehreren Kampfsportarten den schwarzen Gürtel. Als «Gesundheitskapitän» tritt er auf der örtlichen Kleinkunstbühne auf, die er selbst ins Leben rief, und nebenbei hat er noch eine Farm mit Lamas. Ach ja: und er fährt leidenschaftlich gern Motorrad.

Das hört sich nach einem vollen Leben an, doch Draxler würde wahrscheinlich korrigieren: nach einem erfüllten. Denn der Mann vermittelt nicht den Eindruck, von Terminen getrieben zu sein. In diesem Punkt ist er Jesus sehr ähnlich. So ähnlich, dass Stefanie Ball in einem Artikel bei katholisch.de über ihn schreibt: «Manche nennen Draxler scherzhaft den Jesus, mit seinen langen grauen Haaren könnte man auf die Idee kommen. Aber Draxler will nur Werbung für den Sohn Gottes machen. 'Er ist unser Präsident.'»

Die Jesus-Biker

2014 behandelte Draxler in seiner Praxis den Präsidenten eines Motorradclubs, der ihn einlud, doch mit ihnen zu fahren. Draxler lehnte ab: «Ich trage nur noch das auf meiner Kutte, an was ich glaube.» Er erklärte es dem Biker und der war offensichtlich beindruckt, denn eine Weile später erschien er wieder und schenkte Draxler eine selbst gefertigte Kutte mit dem heutigen Emblem der Jesus-Biker.

Für Draxler war dies eine Art Berufung – von da an fuhr er mit dieser Botschaft durchs Land, doch er blieb nicht allein: Erst kam Tom dazu, Draxlers Sohn, dann Margarete aus der Nachbarschaft, Josch aus Regensburg und Hans aus der Pfalz. Inzwischen fahren rund 40 Leute mit der Bekenntnis-Kutte der Jesus-Biker auf den Strassen.

Dabei sind die Jesus-Biker – das ist Draxler sehr wichtig – weder ein Verein noch ein verbindlicher Club, sie sind ein lockerer Zusammenschluss mit einem gemeinsamen Bekenntnis zu Jesus. «Wer hier ist, ist freiwillig hier. Wer nicht kommt, kommt nicht», hält Draxler fest. Es dauerte eine Weile, bis sich die Jesus-Biker in der Motorradszene Respekt verschaffen konnten, doch inzwischen sind sie voll akzeptiert. In ihren Reihen finden sich Christinnen und Christen aus fast allen Denominationen, denn «Einheit durch Vielfalt» ist ihnen wichtig. Das spiegelt sich auch in Draxlers kleiner Kapelle wider, wo Symbole der verschiedenen Glaubensrichtungen vorkommen und auch immer wieder Pastoren dieser Kirchen eingeladen werden – es ist gelebte Ökumene.

Zu sich selbst und seinem Weg zum Glauben erklärte Draxler in einem Interview mit Christian Bethancourt: «Ich wurde in eine katholische Familie hineingeboren und bin mit den Ritualen der Kirche und des Glaubens gross geworden. Ich kenne es mein Leben lang nicht anders. Das Glaubenskonzept findet bei mir im Alltag auch tägliche Anwendung. Es gab also kein Erweckungserlebnis oder eine einschneidende Wende im Leben.»

Angetreten, um Gutes zu tun

Die Jesus-Biker sind allerdings keine Gruppe, die sich um ihre persönliche Frömmigkeit dreht. Immer wieder überlegen sie sich, wie sie anderen etwas Gutes tun können, um das Doppelgebot von Jesus zu erfüllen: Gott und die Mitmenschen lieben. Sehr praktisch und dabei spektakulär wurde es 2021 beim Peace-Ride nach Rom zu Papst Franziskus. Die Idee einer gemeinsamen Tour in den Vatikan stand schon länger im Raum. Sie wollten dort dem Papst eine Harley übergeben, signieren lassen und anschliessend für einen guten Zweck versteigern. Nach Jahren, in denen das Projekt «schlummerte», meldete sich der Zisterzienser und Professor Karl Wallner bei ihnen. Er hatte den Kontakt in den Vatikan hergestellt und meinte: «Papst Franziskus will die Jesus-Biker sehen und freut sich auf das Motorrad.»

Nun begann eine Zeit der hektischen Betriebsamkeit. In 2'000 Arbeitsstunden wurde eine Harley zum individuellen «Custom Bike» umgebaut – goldene Felgen, ein Kreuz auf dem Fender, ein besonderer Ledersitz und tausend andere Details.

Im Mai brachte eine kleine Delegation das Bike nach Rom, wo Papst Franziskus es im Rahmen einer Audienz segnete und signierte. Dann nahmen sie es erst einmal wieder mit. Auf der Peace-Ride-Website steht zum weiteren Verlauf: «Auf den Tag genau einen Monat später startete der Tross aus rund 40 Motorrädern, einem Trike, drei begleitenden Transportern, einem Bieranhänger und einem 40 Tonner LKW von Harley-Davidson Würzburg Village in Aschaffenburg zu einem neuntägigen Abenteuer nach Rom: dem PEACE-RIDE® – einer Friedensfahrt unter dem Segen des Heiligen Vaters Franziskus, um das Motorrad endgültig zu übergeben!» Mit dem Erlös der anschliessend versteigerten Harley unterstützten die Jesus-Biker ein Waisenhaus in Uganda, das sich um weggeworfene Waisenkinder kümmert.

Doch nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Momentan starten gerade vier Bikerinnen und Biker zu einem Fussmarsch: Sie pilgern ab 1. April den «Camino Primitivo», den beschwerlichsten Jakobsweg. Wegen seiner 8'000 Meter Höhenunterschied nehmen ihn nur die wenigsten Pilger. Die Jesus-Biker werden ihn in einem Peace-Walk gehen und sich damit nicht nur einen Wunsch erfüllen, sondern durch Kilometerpatenschaften Spenden für den Wiederaufbau im flutgeschädigten Ahrtal sammeln.

Stefanie Ball gegenüber erklärte Thomas Draxler, «die Welt sei so komplex geworden, […] da sei es wichtig, im Glauben eine Erdung zu finden. Und sich daran zu erinnern, was das Wichtigste im Leben sei: 'Gott und den Nächsten zu lieben.'»

Zum Thema:
Jesusfreak Festival: Freakstock: Vom Festen und fester Nahrung
Ein letztes Mal in Sumiswald: Biker-Gottesdienst an der letzten Biker-Party
Lehane Oosthuizen: «Wahre Champions werden in den härtesten Kämpfen geboren»

Datum: 29.03.2023
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung