Viel Freiheit und zuviel Angst
Herr Kuhn, haben Sie in der Schweiz schon Einschränkungen der Missionsfreiheit beobachten können?
Helmut Kuhn: Nein, noch nie. Im Rahmen der gesetzlichen Einschränkungen ist die Freiheit garantiert. Selbstverständlich sind evangelistische Einsätze von Gruppen auf privatem Grund, zum Beispiel in Einkaufszentren, nur möglich, wenn der Besitzer einwilligt.
Wie könnten die Behörden die Missionsfreiheit beschneiden?
In der Schweiz können sie dies nicht. Wenn sie zum Beispiel schikanöse Genehmigungen verlangen würden, wäre die Religionsfreiheit tangiert. Das geschieht aber meines Wissens nicht.
Sind Ihnen Personen oder Gruppen aufgefallen, welche die Missionsfreiheit beschränken möchten?
Es gibt Stimmen von wenigen Intellektuellen, die versuchen, missionarisch denkende Christen aus Führungspositionen auszuschliessen. Ein ETH-Professor hat im letzten Jahr im Zusammenhang mit der Debatte um die Evangelikalen in den USA das missionarisch aktive Christentum verbal angegriffen. Wie weit wir solche Versuche ernst nehmen sollen, ist mir nicht klar.
Gibt es mögliche Bedrohungen durch den Islam oder durch andere Religionsgruppen?
In einem Pariser Vorort hat eine muslimische Mehrheit den Bau einer evangelischen Kirche verhindert. In der Schweiz ist mir nicht bekannt, dass Einwände von islamischen Gruppen gegenüber missionarischen Aktivitäten von Christen gekommen wären.
Sind sich die Christen hierzulande bewusst, dass sie diese Freiheit haben?
Wenig, weil sie nie etwas anderes kannten und Religionsfreiheit für sie selbstverständlich ist.
Und nutzen sie diese Freiheit auch aus?
Ich beobachte, dass sie diese in wachsendem Masse nutzen. Verschiedene Gemeinden und Gruppen sind mit kreativen Methoden evangelistisch aktiv. Das ist sehr erfreulich. Das Bewusstsein des missionarischen Dienstes ist in den letzten zehn Jahren deutlich gewachsen.
Hört man viele Klagen aus der Bevölkerung über missionierende Gruppen?
Viele Leute sind sehr dankbar, dass man mit ihnen über den Glauben spricht. Wichtig ist jedoch der Respekt, den man den Menschen entgegenbringt. Als Christ muss man auch die anderen Glaubensüberzeugungen respektieren.
Beim Missionieren gibt es doch immer wieder Konflikte.
Ich bezweifle, dass wir so starke Konflikte haben, wie wir dies formulieren. Eher ist es so, dass es immer noch viele Christen gibt, die Angst haben, belächelt zu werden, wenn sie ihren Glauben bezeugen.
In anderen Ländern gibt es starke Einschränkungen der Religionsfreiheit. Wie sind wir davon betroffen?
Auf jeden Fall sollten sich Christen in der Öffentlichkeit für Religionsfreiheit in Ländern stark machen, wo diese bedroht wird.
Datum: 24.07.2008
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: ideaSpektrum Schweiz