Weltweite Dynamik unter christlichen Jugendlichen
Livenet: Was ist Ihnen in diesem Jahr in Kirche, Mission, Evangelisation besonders aufgefallen?
Christa Gasser: Mir fällt auf, dass der Hunger nach Gottes Gegenwart besonders stark unter der Jugend zu finden ist. Dies bei uns, aber auch auf der «andern Seite der Welt», wie Neuseeland und Singapur. In Gottes Gegenwart zu sein, ihn anzubeten, ist die Leidenschaft dieser Jungen. Die grosse Erwartung und Begeisterung natürlich-übernatürlich zu leben, ist ansteckend. Vor allem dort, wo es sich auch im Alltag zeigt: im Beruf, in der Schule oder im Studium. Es ist begeisternd, die Jugend in ihrer Scharnierfunktion zwischen Kindern und Erwachsenen zu erleben und zu sehen, wie sie Jüngere, aber auch Ältere mitbewegen.
Was hat Sie dabei besonders berührt?
Dass mir in Gemeinden gesagt wurde, dass es die Jungen sind, die vom Verlangen nach Gottes Gegenwart gepackt sind, egal, ob sich die Gemeinden in kleinen Dörfern in Neuseeland oder in Städten wie Auckland oder Singapur befinden.
Gab es Ereignisse von globaler Dimension im säkularen Raum, die Ihnen besonders eingefahren sind?
Dass wir in unserer aufgeklärten Zeit immer noch 27 Mio. Sklaven haben und diese Zahl eher zunimmt als abnimmt, schockiert mich immer wieder neu. Sei das in Kinderarbeit oder Sexarbeit oder anderen Bereichen. Menschen, denen ihre Würde genommen wird, die als Sache behandelt werden. Wenn nicht wir als Menschen, die Gottes Liebe erfahren haben und wissen, dass jeder einzelne Mensch von Gott gewollt ist, dagegen aufstehen, wer denn sonst?
Sehen Sie im Bereich von Gemeindebau, Mission und Evangelisation Trends, welche für die Zukunft verheissungsvoll sein können?
Für mich ist klar sichtbar, dass die befreiende Art, den Menschen mit Gottes Liebe zu begegnen, in den unterschiedlichsten Kirchen und Gemeinschaften Fuss fasst. Es geht nicht mehr in erster Linie darum, Menschen davon überzeugen zu wollen, dass sie mit ihrer Art zu denken, falsch liegen. Sondern davon auszugehen, dass Gott den Einzelnen begegnet und er selber «zur Umkehr» führt und diese nicht von uns herbeigeführt werden muss. Ich sehe, dass für viele die grosse Last, evangelisieren zu müssen, weicht und der Freude Raum macht, den Menschen mit Gottes Liebe zu begegnen. Die Verantwortung des Einzelnen ist «einzig», dass wir das, was wir selber leben und erleben, weitergeben und den Menschen um uns herum an unserem Erleben mit Gott Anteil geben. So wird es für alle möglich «evangelistisch» zu sein. Da sehe ich eine riesige Veränderung die grosse Auswirkungen in der Zukunft haben wird.
Sehen Sie Themen und Entwicklungen, die in den kommenden Jahren besondere Aufmerksamkeit der Christen benötigen?
Sicher alle Themen im Zusammenhang mit sozialer Gerechtigkeit. Aber auch die Verantwortung gegenüber unseren Schwestern und Brüdern, die verfolgt und bedroht sind, vor allem auch im arabischen Raum. Ihnen auszudrücken, dass wir sie nicht vergessen haben und sie uns kümmern. Und natürlich der ganze Bereich von Beziehung. Wie können wir in unseren Kirchen verbindliche Beziehungen leben und das auch weitergeben? Familien sein, die Gottes Gegenwart und verändernde Kraft erfahren und so Orte der Hoffnung sind?
Wie könnten Kirchen, Werke und Verbände darauf reagieren?
Wir müssen diese Themen ansprechen, auch solche, die schwer zu thematisieren sind. Die Spannung aushalten, nicht auf alles eine Antwort zu haben und immer entschieden ein weiches Herz zu haben. Wir haben eine Zukunft. Das zu wissen macht den grossen Unterschied. Wir sind nicht geprägt von Ängsten, sondern von Grosszügigkeit und Hoffnung. Was wir haben, wollen wir teilen. Mit anderen Kirchen, unseren Nachbarn und den Menschen weltweit. Das wird lauter reden als viele Worte. Ich bin überzeugt, dass Gott zu einzelnen Kirchen und Verbänden reden wird, was ihr spezifischer Beitrag im Gesamten ist. Unsere Aufgabe ist es, Herzen und Ohren offen zu halten. Oft spricht Gott durch Menschen in unseren Gemeinden, die ein gezieltes Anliegen, eine Leidenschaft von Gott für eine Not bekommen haben. Dieses als Verantwortliche zu prüfen und dann mutige Schritte aus unserer Komfortzone zu wagen, erhoffe ich mir für uns alle.
Christa Gasser ist Mitglied des Leitungsteams der Vineyard Bern. Sie ist verantwortlich für den Bereich «Beziehungen» (Kleingruppen, Beratung, Familien, Integration und Kinder, Teens und Jugend). Sie ist seit 30 Jahren verheiratet mit Wilf, hat drei erwachsene Kinder und ein Enkelkind.
Datum: 27.12.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet