Das Geheimnis der Gelassenheit

Ferienzeit – endlich Gelegenheit, das Leben ruhiger und gelassener anzugehen! Ungezählte Menschen sehnen sich nach Gelassenheit. Zu recht! Menschen, die Gelassenheit praktizieren, sind glückliche Menschen. Menschen, die Gelassenheit leben können, sind ruhig und ausgeglichen. Aber Gelassenheit können wir uns nicht abzwingen. Das habe ich von dem international bekannten Psychiater Viktor Frankl gelernt. Er konnte unmissverständlich sagen: “Wer Lust anstrebt, dem vergeht sie; wer Glück anstrebt, dem zerbricht es; wer Gelassenheit anstrebt, dem zerrinnt sie zwischen den Fingern. Lust, Glück und Gelassenheit sind Zugaben, Beigaben, Geschenke, wenn wir den Sinn des Lebens gefunden haben.” Ich übersetze: Wenn der Sinn des Lebens Christus ist, wenn man vor ihm ruhig wird, erlangt man Gelassenheit als Beigabe, als Geschenk. Gelassenheit ist kein Erfolg, den man anstreben kann. Wie sagte der Breslauer geistliche Dichter Angelus Silesius (1624-1677): “Was ist Gelassenheit? Ich sag ohn Heuchelei, dass es in deiner Seel der Wille Jesu sei.”

Von der eigenen Selbstsucht lassen
Wir beten ständig, dass Gott unser Tun segnen möge, unsere Aktivitäten, unsere Predigten, Dienste und evangelistischen Aktionen. In dem Wort Gelassenheit steckt das Wort lassen. “Herr segne unser Tun und Lassen!” Was wollen Sie lassen? Wem wollen Sie es lassen? Ich lasse mich, heisst: ich verlasse mich, ich löse mich von mir selber, von meiner Selbstsucht. Und wem überlasse ich mich? Ich überlasse mich meinem Herrn und werde ruhig. Das ist das Geheimnis. Gelassenheit ist in der deutschen Sprache eine Weiterbildung des Wortes “Gelass”. Das Gelass war ein geschützter und geborgener Ort, an dem sich Menschen getrost niederlassen konnten. Wer sich vor Christus niederlässt, wer ruhig wird vor diesem seinem Herrn, der erfährt Gelassenheit.

Der Autor, Reinhold Ruthe (Wuppertal), ist Eheberater, Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche und Buchautor