Kulturwissenschaftler: Fasching und Bibel

Die Narrenkappe war ursprünglich ein Symbole für Uneinsichtigkeit.

Tübingen. Fasnacht, Karneval und Fasching sind nach Einschätzung des Kulturwissenschaftlers Werner Mezger zu Unrecht als heidnisch verschrien. Das «närrische Treiben» habe biblische Wurzeln, sagt der Freiburger Professor für Volkskunde und beruft sich auf eigene Forschungsergebnisse.

Die «tollen Tage» in Deutschland seien erst in den Jahrhunderten vor der Reformation entstanden, sagt Mezger. Damals bildeten sich «Fastnachtsspiele» mit Masken aus. Übliche Verkleidungen waren «Bauer» und «Teufel». Erst im 15. Jahrhundert trat schliesslich während der Fastnacht die Figur des Narren auf, die sich Mezger zufolge aus der Bibel herleitet. Der Narr wird in der Bibel mehrfach genannt. Typisch für ihn ist, dass er Gott leugnet. Narrheit steht zudem für Geistesblindheit, menschliche Unzulänglichkeit und Unvollkommenheit sowie schliesslich für die Erbsünde selbst. Die Narrenschelle erinnere an das Bibelwort, wonach das Reden des Menschen «wie eine klingende Schelle» sei, wenn es ohne Liebe geschehe (Die Bibel, 1. Korinther, Kapitel 13, Vers 1), sagt Mezger. Die Eselsohren an den Narrenkappen waren ursprünglich Symbole für Uneinsichtigkeit und der Fuchsschwanz am Gewand stand für soziale Ausgestossenheit.

Die «närrischen Tage» sind fest in das katholische Kirchenjahr eingebunden. Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil war am Fastnachtssonntag das Bibelwort von der klingenden Schelle als Sonntags-Epistel vorgeschrieben. Bis heute folgt auf das weltliche Treiben in der Fastnacht das «Memento mori» («Bedenke, dass Du sterben musst») am Aschermittwoch.

Auf evangelischer Seite hingegen wandte sich schon der Reformator Martin Luther heftig gegen das närrische Treiben. Er zählte sie zu jenen Dingen, die es in der evangelischen Kirche nicht mehr geben sollte. Martin Luther bezeichnete den Karneval als „Scheiterhaufen der Eitelkeiten“ und forderte die Christen auf für Werte wie: Wohlanständigkeit, Fleiss, Ernsthaftigkeit, Bescheidenheit, Ordnung, Klugheit, Vernunft, Selbstkontrolle und Nüchternheit zu stehen. Die «tollen Tage» haben deshalb im evangelischen Bereich keine Tradition.

Datum: 13.02.2009
Quelle: Livenet / epd

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