Michael Girgis

«Für jeden gibt es den besten Job der Welt»

Michael Girgis
«Ich habe den besten Job der Welt», sagte Michael Girgis in einem früheren Interview mit Livenet. Nun beendet er nach 22 spannenden Jahren seine Arbeit bei IGW – und spricht darüber, ob er künftig den zweitbesten Job der Welt ausüben wird.

Michael Girgis, in einem früheren Interview sagten Sie, dass Sie den besten Job der Welt haben – werden Sie nun den zweitbesten Job der Welt annehmen (der ja dann auch immer noch vor mehreren Milliarden mittelmässigen Jobs liegt)?
Michael Girgis:
Ich hatte das Privileg, in den letzten 22 Jahren einen Job zu haben, der mir vom ersten Tag an wahnsinnig viel Freude gemacht hat und deshalb mein Traumjob war. Ich hatte tatsächlich den besten Job der Welt, weil ich mir nichts anderes vorstellen konnte, was ich noch lieber gemacht hätte. Das liegt insbesondere an zweierlei: Erstens an der Übereinstimmung mit meiner Berufung, meinen Werten und meiner Leidenschaft. Ich konnte das machen, wofür ich innerlich leidenschaftlich brenne. Zweitens an der Zusammenarbeit mit Gott. Ich empfinde es als absolutes Vorrecht, mit ihm in seiner Mission arbeiten zu dürfen und zu erleben, dass seine guten Absichten in dieser Welt durch mich, dank mir, aber auch trotz mir Wirklichkeit werden. Das ist unglaublich faszinierend und beglückend. Diese Erfahrung durfte ich sowohl als Rektor von IGW als auch als Co-Leiter der Vineyard Bülach machen. Und ich werde sie auch in meiner zukünftigen Rolle in einem neuen «besten Job der Welt» erleben.

Die gute Nachricht ist, dass es für jeden Menschen einen besten Job der Welt gibt – nämlich den Platz, an den Gott uns hinstellt, um unseren Beitrag zum grossen Ganzen zu leisten, beruflich, aber auch privat. Das beschränkt sich ja nicht auf bezahlte Tätigkeiten.

Was waren für Sie die grössten Höhepunkte Ihrer IGW-Zeit?
Die vergangenen 22 Jahre waren ein spannendes Abenteuer, geprägt von vielen unterschiedlichen Erfahrungen und Höhepunkten. Die Entwicklung von IGW von einer verrückten Idee im Jahr 1991 bis hin zur grössten theologischen Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum ab 2001 war äusserst motivierend und wurde nur möglich, weil wir immer wieder den Mut hatten, das scheinbar Unmögliche zu wagen. Der eigentliche Höhepunkt und Segen meiner Zeit bei IGW sind jedoch die Studierenden beziehungsweise die Absolventinnen und Absolventen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es bald 1'000 Menschen aus verschiedenen Kirchen und Werken, die bei IGW einen Bachelor- oder Masterabschluss erworben haben und heute in leitenden Positionen tätig sind. Jeder von ihnen hat eine einzigartige Geschichte mit Höhen und Tiefen. Es war für mich immer ein grosses Privileg und Glück, als Studienleiter an ihrer persönlichen Entwicklung und Entfaltung teilhaben zu dürfen. Ich erinnere mich gerne an die Wegstrecken mit den Studierenden, die oft von Fragen, Kämpfen, manchmal Enttäuschungen und Krisen begleitet waren. Und ich bin einfach nur glücklich und dankbar, wenn ich sehe, wohin diese Entwicklung geführt hat. Für mich besteht der absolute Höhepunkt von IGW in den veränderten Menschen, die ihre Berufung leben und so das Reich Gottes in seiner ganzen Vielfalt sichtbar machen.

Was wird jeweils aus den IGW-Studenten?
Seit 1991 bietet IGW eine duale Ausbildung an, welche Theorie und Praxis verbindet, weil eine vorwiegend formale (kognitive) Bildung einseitig und begrenzt ist. Daher bilden wir unsere Studierenden ganzheitlich aus, inklusive Praxis und Persönlichkeitsentwicklung. Die studienbegleitende Praxis von mindestens zehn Stunden pro Woche ist ein integraler Bestandteil der Ausbildung. Er sorgt dafür, dass die Studierenden bereits einen Fuss in der Praxis haben und daher nach Abschluss ihres Studiums bereits reichlich praktische Erfahrungen mitbringen, vergleichbar mit Abgängern von Fachhochschulen.

Rund 70 Prozent aller Absolvierenden mit einem Bachelor- oder Masterabschluss arbeiten in einem vollzeitlichen Dienst, und zwar in den folgenden Berufen: 47 Prozent sind anschliessend Pastoren und Gemeindeleiter, 19 Prozent sozialdiakonische Mitarbeiter, 14 Prozent Jugendpastoren, 10 Prozent Werksleiter, 7 Prozent Missionare und 4 Prozent Gemeindegründer.

Unter anderem entstand das ICF, die Godi-Arbeit, Heartwings, die Arche Kreuzlingen und viele weitere Initiativen (auch) durch IGW-Studenten – was geht in Ihnen vor, wenn Sie diese Spuren sehen?
Es erfüllt mich mit riesiger Freude und Dankbarkeit, solche «Früchte» zu sehen. Dafür brenne ich, und dafür habe ich in den letzten 22 Jahren stets alles gegeben. Diese Beispiele zeigen auf, welchen Unterschied einzelne Menschen machen können, wenn sie in ihrer Berufung laufen und sie nicht abhalten lassen, das zu tun, was sie leidenschaftlich gerne tun wollen. Wenn ich diese Projekte beziehungsweise die Leiterinnen und Leiter sehe, dann wird mir klar, warum ich meinen Job liebe, beziehungsweise, warum ich den besten Job der Welt habe.

Was sind die nächsten Projekte, die IGW startet?
Wir träumen davon, dass Gottes Reich in seiner ganzen Vielfalt sichtbar wird, durch Menschen, die ihre Berufung hier und jetzt leben. Wir träumen von einem unerwarteten Comeback des christlichen Glaubens und der Kirchen in unserer Gesellschaft. Die Kirche ist keineswegs ein Auslaufmodell; sie ist die Hoffnung der Welt. Gottes Reich und seine neue Wirklichkeit sollen in dieser Welt, hier und jetzt, sichtbar werden – in veränderten Menschen, veränderten Kirchen und in einer veränderten Gesellschaft.

Die Grundlage dazu bildet eine Faszination für das Reich Gottes, die Person Jesus Christus, die Kirche und ein ungebrochenes Vertrauen in die Bibel. Das Abenteuer der Nachfolge bedeutet: Gott radikal nachzufolgen und ihm die Herrschaft über alle Lebensbereiche zu übergeben (Beruf, Finanzen, und so weiter), ihm zu vertrauen und (immer wieder neu) und bereit sein, aufzubrechen und Neues zu wagen, auch in Fragen von Gemeindebau, Weltmission oder Aus- und Weiterbildung. Daher wird sich IGW mit Sicherheit weiterentwickeln und verändern.

Sie arbeiten daneben auch in der Gemeindeleitung der Vineyard Bülach; wie stark hilft dies, auch den «Alltag» in einer Gemeinde zu kennen?
Eine gute Theologie kommt aus der Praxis und führt wieder zurück in die Praxis. Die gleichzeitige Tätigkeit als Rektor und als Co-Leiter einer Kirche habe ich immer als grosse Bereicherung empfunden. Sie war sehr hilfreich, um die Fragen der Praxis in die Ausbildung zu bringen und die theologischen Impulse aus der akademischen Welt in der Praxis vor Ort zu erproben. Diese beiden Aufgaben haben sich laufend gegenseitig befruchtet.

Werden Sie den 1000. IGW-Studienabgänger noch als Rektor feiern können?
Bisher haben wir rund 950 IGW-Studienabgänger, die einen Bachelor- oder Masterabschluss gemacht haben. Hinzu kommen mehrere hundert Abgänger, die ein Kurzprogramm absolviert haben. Diesen Herbst werden gut 30 weitere dazukommen. Dem 1'000. Abgänger werde ich bei der Absolvierung also nicht mehr persönlich gratulieren. In meinem Herzen werde ich ihn aber nächstes Jahr feiern.

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Datum: 13.10.2023
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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