Während etwa 20 Jahren betrieb ich den Radsport im wahrsten Sinne des Wortes fanatisch, das heisst jede freie Minute, bei jeder Witterung absolvierte ich die mir selbst vorgegebenen Trainingseinheiten. Total waren das pro Jahr 15'000 Kilometer. Sporttests, Pulsmessung, Ernährungs- und Gewichtskontrolle füllten mein ganzes Denken aus. All dies mit dem Ziel, an den grossen internationalen Radmarathons in Europa teilzunehmen - natürlich mit einer sehr guten Zeit und Rangierung. Ich merkte nicht, dass ich süchtig war, empfand aber viel Selbstbestätigung, Befriedigung und - wie ich meinte - einen gesunden Ausgleich zum Beruf. Höhepunkte meiner Radkarriere waren 1996 und 1997 der härteste Radmarathon der Welt, der Tauern: Total 265 Kilometer mit 6'500 Höhenmetern und neun zeitlimitierten Alpenpässen. Die Strapazen vor und während diesem Marathon waren furchtbar. Auch ich war aber unter den wenigen, die das Ziel erreichten. Ich war glücklich über diesen Erfolg, doch erschöpft und körperlich und geistig leer. Die Sinnfrage liess mich nicht mehr los, und ich kehrte nach und nach um. Ich trainierte sorgfältig ab, liess Pulsuhr und Kilometerzähler weg und hatte plötzlich ein Lächeln statt eine Verbissenheit auf dem Gesicht. Ich fand einen neuen Lebensstil. Ich brauchte keine neuen sportlichen Herausforderungen mehr. Heute fahre ich genussvoll Rad, freue mich an der Natur, der Freiheit und der Bewegung und kann seit drei Jahren mit meiner Frau zusammen durch die schöne Landschaft radeln und es einfach geniessen. Ich bin Gott sehr dankbar für diese Umkehr, aber auch, dass er mich auf den vielen Kilometern bewahrt hat. Jakob Wolf Mit 16 Jahren mit dem Zug nach Skandinavien, mit 17 nach Marokko, dann nach England, mit 20 Jahren Weltreise und damit zum ersten Mal von insgesamt fünf Mal in Australien... Ich musste gehen! Ich hatte eine gewisse Unruhe in mir: Solange ich auf Reisen war, ging es mir gut. Meine Minderwertigkeitsgefühle tauchten in der Anonymität der weiten Welt unter! Eigentlich fällte ich die Entscheidung für mein nächstes Reiseziel immer völlig locker aus dem Bauch heraus. Einmal beispielsweise auf der Bahnfahrt zur Aufnahmeprüfung an die Techniker-Schule. Mein Kollege und ich fielen tatsächlich durch und machten dann einfach die Reise. Ich war in dieser Zeit auch auf der Suche nach Gott, nach einem erfüllten Leben. Falsche Vorstellungen, zum Beispiel dass ich als Christ nicht mehr reisen dürfe, hinderten mich länger an einer klaren Entscheidung. Heute reise ich immer noch gerne, aber meine Motivation hat sich verändert! Reisen sind für mich heute Horizonterweiterung. Alois Wenk Meine Lieblingshose war aus braunem Gabadine, weit geschnitten und mit "Schlag". Dazu trug ich ein knalloranges Hemd und einen giftgrünen, ärmellosen Pullover. Auf dem prankte ein tassenbodengrosser Button, wahlweise in grün oder rot. Manchmal trug ich auch beide. "New life in Jesus" stand auf dem grünen, "Jesus liebt dich" auf dem roten. Damit fiel ich überall auf. Und wegen der Traktate, die ich ungefragt verteilte, Passanten aufnötigte und Mitschülern wöchentlich auf die Schultische legte. Überall zettelte ich fromme Gespräche an. Mein Lieblingsthema: "Du musst dich bekehren!" Da konnte ich so richtig vom Leder ziehen. Den anderen Bibelsprüche um die Ohren schlagen, dass ihnen der Mund vor Staunen offen stehen blieb. Deshalb hatte ich auch immer das letzte Wort. Und Recht natürlich sowieso. Wer etwas anderes glaubte als ich, war ein Gegner Gottes und darum mein Feind, den man im Gespräch schon mal anschreien durfte. Zur höheren Ehre Gottes sozusagen und damit er es endlich kapierte, das Christsein! 16 war ich damals. Mit 17 hörte mir keiner mehr zu. Mühsam musste ich lernen, dass es die Liebe Gottes ist, die Menschen verändert - und nicht religiöser Eifer. Und dass "glühende Retterliebe" etwas anderes ist, als mit glühenden Wangen andere fromm abzukanzeln. Heute bin ich dankbar für ein ansprechendes Christsein, mit dem ich als Sünder vor Sündern stehen darf - ein Zeuge für Gottes Gnade und Geduld. Günther KressOhne Reise unruhig
Überall fromme Gespräche
Datum: 17.06.2004
Autor: Günther Kress
Quelle: Chrischona Magazin