Kirche sein für jene, die noch nicht da sind
Mit einer Ermutigung aus England startete das jährliche Treffen von Leiterinnen und Leitern aus dem Netzwerk der SEA und dem Dachverband Freikirchen. Der CEO von Alpha, Miles Toulmin, berichtete per Videobotschaft von der stillen Erweckung («quiet revival»), dem zunehmenden Interesse junger Menschen in seinem Land am christlichen Glauben, das sich inzwischen mit Daten belegen lässt. Er forderte die Kirchen auf, angesichts dieser erfreulichen Entwicklung nicht nachzulassen im Gebet, die Suche nach Gott und seinem Willen über Programme zu stellen und ihre Jugendarbeit verstärkt beziehungsorientiert zu gestalten.
Die neu aufkommende Relevanz des Glaubens war tags darauf auch Thema auf einem Podium: In verschiedenen Bereichen – Wissenschaft, Wirtschaft, Sport, Jugend und interkulturelle Arbeit – engagierte Christinnen und Christen erzählten Geschichten, wie lebendige Nachfolge aussehen kann. So berichtete Heike Breitenstein vom Pontes Institut von einer neuen Offenheit der Menschen im akademischen Umfeld. Dementsprechend wichtig sei es, dass Kirchen ihnen Raum böten, ehrlich ihre Fragen zu stellen, und dass sie tragfähige Antworten erhielten. Die SEA-Jugendbeauftragte Jaël Binggeli erlebt es als Schlüssel, für Junge auf ihrer Suche im Alltag verfügbar zu sein, echte Gemeinschaft zu bieten, sich auch selbst verletzlich zu zeigen. Egzon Shala, der interkulturelle Beauftragte der SEA, zeigte auf, wie wichtig es ist, ehemalige Muslime über eine längere Zeit zu begleiten und sich dabei auf sie einzulassen und Leben zu teilen. Denn für sie kann die Zuwendung zum Christentum mit einem hohen Preis, zum Beispiel dem Ausschluss aus der eigenen Familie, verbunden sein.
Aus der Beziehung zu Gott Verantwortung übernehmen
Vom «zweiteiligen Masterplan Gottes» her betrachtete der Gemeindegründer Matthias Kuhn die Aufgabe der Kirche, Identität und Verantwortung: «Wir können nicht Verantwortung übernehmen, wenn wir nicht immer wieder unsere Identität beim Vater suchen. Beides ist wichtig, damit wir Gottes Herrlichkeit in der Welt sichtbar machen können.» Um die Verantwortung der Kirche zu veranschaulichen, gebrauchte Kuhn eine Analogie, die unter die Haut ging: Er verglich den Schmerz, den Gott über jeden einzelnen verlorenen Menschen verspürt, mit dem Leiden jener Väter und Mütter, die in Israel auf die Rückkehr ihrer als Geiseln verschleppten Kinder gewartet haben. Wie jene über die letzten Jahre einen mit Namen reservierten Platz am gedeckten Tisch für ihr Kind freigehalten haben, so tue das auch Gott für jedes seiner verlorenen Kinder. Damit betonte er die Dringlichkeit, die gute Botschaft zu verkündigen und die Menschen auf ihrem Weg zurück zum Vater zu begleiten. «Wir müssen Kirche bauen für jene, die noch nicht da sind.»
Prägnant auf den Punkt brachte der deutsche Theologe Stefan Vatter, wie das Evangelium heute weitergegeben werden kann: «Wenn wir wissen, woher wir kommen, warum wir leben und wohin wir gehen, haben wir etwas Kostbares zur Orientierung weiterzugeben.» Er sprach auch vom Evangelium als der Botschaft der Orientierung, angesichts der weit verbreiteten Orientierungslosigkeit vieler Menschen. Zudem sei Zugehörigkeit eine grosse Sehnsucht des Menschen – und die passende Antwort darauf: «Gott möchte mit dir in Beziehung treten, du bist nicht allein.»
Starkes Miteinander ermöglicht Neues
Kurze Einblicke in anstehende Schlüsselereignisse zeigten eindrücklich, wie stark im «Ökosystem des Evangeliums» die Zusammenarbeit und das Miteinander für die gemeinsame Mission bereits gediehen sind. Beat Ungricht sprach für die schweizweite Bewegung «Kirche für Andere», die eine langfristige Kulturveränderung in den Kirchen beabsichtigt und den Auftrag von Christus ins Zentrum stellt. «Über alles andere wollen wir nicht streiten», so Ungricht. Geplant ist eine erste Konferenz im März 2027 mit einem zentralen und diversen regionalen Hubs in der ganzen Schweiz. Manuel Leiser stellte das Hoffnungsfestival im Zürcher Hauptbahnhof vor, eine Kooperation von Campus für Christus, Livenet und SEA, das im Herbst 2027 stattfinden soll. Und Rachel Stoessel lud zum «Leaders Gathering» am 29. Dezember im Rahmen der Explo 25 ein.
«Am Forum durften wir miteinander entdecken und staunen, was Gott in der Deutschschweiz und weltweit am Tun ist. Und wir inspirierten einander, wie wir uns optimal und koordiniert an seiner Mission beteiligen können», bilanziert Andi Bachmann-Roth vom Vorbereitungsteam. Die Qualität des Anlasses liege jedoch vor allem an der Möglichkeit, vertrauensvolle Beziehungen zu knüpfen und zu vertiefen. Und genau das sei ein entscheidender Faktor für gelingende Mission. «Besonders freue ich mich, dass auch Leitende aus nicht-kirchlichen Gesellschaftsbereichen oder neuen kirchlichen Segmenten am Forum teilgenommen haben.»
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Datum: 17.12.2025
Autor:
Daniela Baumann
Quelle:
Schweizerische Evangelische Allianz SEA