Zum Tod von Uwe Holmer

Er lebte Versöhnung

Uwe Holmers bei Konigskinder
Am 25. September starb Pastor Uwe Holmer. Viele im fortgeschrittenen Alter können sich erinnern, dass es 1990 im Osten Deutschlands ein Pastorenehepaar gab, das wirkliche Feindesliebe lebte. Erinnerungen von alt-Nationalrat Heiner Studer.

Im Oktober 1989 wurde der DDR-Staatschef Erich Honecker gestürzt. Kurz darauf brach die DDR zusammen. Zusammen mit seiner Frau Margot, der von Christen gefürchteten Volksbildungsministerin, wurde er obdachlos. Seine einstigen Verbündeten waren nicht in der Lage, eine sichere Unterkunft anzubieten.

Uwe Holmer war damals Leiter der Lobetaler Anstalten, ein evangelisches Diakoniewerk, ausserhalb von Berlin gelegen. Er war auch Bürgermeister dieses Ortes. Anfangs 1990 nahmen Pastor Uwe Holmer und seine Frau Sigrid das Ehepaar Honecker für schliesslich zehn Wochen in ihr Pfarrhaus auf. Dies war keine einfache Entscheidung. Holmers nahmen die Herausforderung an, Gastgeber für dieses verhasste Ehepaar zu sein.

Gespaltene Meinung

Die Aufnahme wurde vor allem im Ausland als eindrückliche Feindesliebe gesehen. Bei den Glaubensgeschwistern zeigte ein Teil Verständnis, doch erlebten Holmers viel Hass und Unverständnis. Sie konnten dies nachvollziehen. Wer sich in der DDR als Christ bekannte, erlitt Diskriminierung. So durfte keines der zehn Kinder der Holmers die Oberschule besuchen; vier wurden Pastoren. Sigrid, bereits 1995 verstorben, schrieb mir damals, dass sie diese herausfordernde Gastgeberrolle als Gottes Auftrag annahmen. Einige Jahre nach Sigrids Tod heiratete Uwe die Pastorenwitwe Christine, welche bis zu seinem Tod während mehr als 25 Jahren seine zweite Ehefrau war.

Uwe Holmer war ein bibelgläubiger Pastor, der überzeugend predigte und Verantwortung übernahm. Er war Gemeindepfarrer, Leiter der Bibelschule Falkenberg und bei der Aufnahme von Honeckers bereits längere Zeit Leiter der Lobetaler Anstalten.   

Sein Vermächtnis

Uwe Holmer freute sich über die Wiedervereinigung Deutschlands, auch über die freie Verkündigung. Der zunehmenden Entchristlichung und Verwässerung im kirchlichen Leben setzte er die grossartige Botschaft entgegen. So engagierte er sich auch für den Lebensschutz. Ich lernte Uwe in der Zusammenarbeit im Blauen Kreuz kennen und wir trafen uns besonders an Konferenzen der Deutschen Evangelischen Allianz. Zu seinem 90. Geburtstag sandte Uwe seiner Familie und uns Freunden ein schriftliches Vermächtnis, das in den Sätzen gipfelte: «Macht euer Leben fest bei Jesus. Dann wisst ihr, wofür ihr lebt. Dann braucht ihr den Tod nicht zu fürchten.»

Uwe Holmers Leben macht deutlich, dass Vergebung und Versöhnung zentral sind. Für mich war Uwe Holmer Vorbild und Freund. 

Dieser Beitrag wurde von alt-Nationalrat Heiner Studer geschrieben.

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Datum: 30.09.2023
Autor: Heiner Studer
Quelle: Livenet

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