Ausstellung dokumentiert Streit um Jesus-Bild
Heute würde sich kaum jemand über dieses Bild aufregen. Aber damals, der Sohn Gottes ein schmutziger, naseweiser Juden-Bengel? Unerhört! Kaum ein Liebermann-Gemälde hat solch einen deutschlandweiten Skandal hervorgerufen wie "Der zwölfjährige Jesus im Tempel" von 1879», betonen die Ausstellungsmacher. Der Grund für die Aufregung sei die ungewohnt naturalistische Darstellung des Jesusknaben gewesen. «Man war entrüstet, wie er als jüdischer Maler es überhaupt wagen konnte, das christliche Thema zu malen».
Antisemitische Welle
Sowohl in der Presse als auch im bayerischen Landtag kam es daraufhin zu empörten Reaktionen über diese angeblich gotteslästerliche Darstellung des christlichen Heilands als «Judenbengel». Auch die jüdischen Eltern des Malers waren wie breite Teile der jüdischen Öffentlichkeit von dem Skandal peinlich berührt, der als Symptom für eine erste antisemitische Welle im Kaiserreich gilt.Liebermann (1847-1935) sah sich schliesslich gezwungen, das Bild zu übermalen. Die nackten Füsse ergänzte er um Sandalen, aus dem dunklen wurde goldenes Haar und die Schläfenlocken wurden entfernt. Zudem verzichtete er in seinen folgenden Werken darauf, religiöse Themen aufzugreifen. Das damals umstrittene Gemälde befindet sich seit knapp hundert Jahren im Besitz der Hamburger Kunsthalle und gilt heute als ein Hauptwerk des impressionistischen Malers.
Die Ausstellung «Der Jesus-Skandal - Ein Liebermann-Bild im Kreuzfeuer der Kritik» ist bis 1. März in der Liebermann-Villa am Wannsee, Colomierstrasse 3, 14109 Berlin, täglich ausser dienstags von 10 bis 17 Uhr zu sehen.
Datum: 24.11.2009
Quelle: Epd