Links-alternatives Blatt berichtet positiv über den Streetworker Erich Esch

Erich Esch
Streetworker

Unter der Schlagzeile “Wunder auf Weckruf” berichtet die links-alternative Tageszeitung taz in ihrer Ausgabe vom 20. Januar über das Leben des Hamburger Streetworkers Erich Esch, der im Auftrag des Jesus-Centers sich „unermüdlich im Schanzenviertel um Obdachlose und Drogenabhängige“ kümmert.

„Ich war früher selbst einer von ihnen“, sagt Esch. Auch seine spektakuläre Bekehrungsgeschichte, der 30 Jahren drogenabhängig war und 15 Jahre auf der Strasse lebte, wird unspektakulär dargestellt. Wörtlich heisst es über seine Erfahrung vom 16. August 1994: „An diesem Tag erhielt ich einen Weckruf von Gott, sagt er heute trocken und grinst. Was auch immer passiert war, Esch hatte seine Krankheiten besiegt und plötzlich die Kraft und den Glauben daran, für sich den Sinn des Lebens völlig neu zu definieren.“ Damals war Esch von einer Leberzirrhose im Endstadium und Magengeschwüren geheilt worden.

Über seine Arbeit heute heisst es in der taz: „Der Erfolg gibt ihm Recht: In vier Jahren hat Esch drei Therapieerfolge zu verzeichnen und 30 ehemaligen Suchtkranken eine Wohnung vermittelt, 18 davon dauerhaft.“ Doch auch Rückschläge gehörten dazu: „Zwölf Menschen, die Erich aus dem Viertel kannte, sind heute tot.“

Arm neben reich

"Hier konnte ich vor zwei Jahren im Winter einem jungen Mann mit einer Lungenentzündung das Leben retten", sagt Esch und zeigt auf ein Stück Wiese. "Und hier schläft meistens auch einer drin", sagt der Streetworker mit Blick auf eine Backsteinkammer, die als Müllabstellplatz dient. "Es ist schon verrückt", findet Erich Esch, "hier im Viertel halten sich die Ärmsten direkt neben den Reichsten auf", und deutet auf den roten Backsteinbau des Gewerbehofs, in dem Werbeagenturen und Filmproduktionsfirmen ihren Sitz haben.

Ob Erich Esch aber wirklich so heisst, wie er heisst, wird er wohl nie erfahren, so die taz weiter. Er ist ein Findelkind, nur sein Vorname stehe fest. "Die haben da irgendeinen Zettel gefunden", weiss er. "Zuerst habe ich Erich Heilmann geheissen, dann Erich Esch-Heilmann und heute nur noch Erich Esch", sagt der besonnene, kräftige Mann mit dem gutmütigen Blick und dem ständigen Lächeln im Gesicht.

Der Stoff, aus dem die Albträume sind

Dabei ist das, was Esch in seinem Leben widerfahren ist, der Stoff, aus dem Albträume sind. Nachdem er "Ende 1944 irgendwo in der DDR" gefunden und in ein Heim gesteckt worden war, begann er bereits mit neun Jahren, Farbe und Benzin zu schnüffeln. Mit elf wurde er von einem Erzieher vergewaltigt, mit 17 kam er zu einer Pflegefamilie. Doch das Martyrium hielt an.

Nach drei Jahren wollte ihn die Familie nicht mehr - glücklicherweise, denn auch hier wurde er von der Pflegemutter zu sexuellen Handlungen gezwungen. "Erst als Volljähriger fing ich an, mich zu wehren", erinnert sich Erich Esch. Die Zeit, die dann folgte, beschreibt er heute als "die glücklichste meines Lebens". Er reiste jahrelang durch Europa, verbrachte die "Flower-Power-Zeit" in England, Frankreich, Italien und Jugoslawien - nie mit festem Wohnsitz: "Dort lernte ich mich durchzusetzen."

Von den Leuten akzeptiert

Die Leute, um die sich Esch kümmert, finden: "Er ist so kollegial. Wir verstehen ihn und er versteht uns", bringt es einer von ihnen auf den Punkt. "Die Jugendlichen", die in den verschiedenen Einrichtungen des Jesus-Center arbeiten, "sind nur wegen Erich hier", bekennt ein anderer.

Gegenüber dem Schanzenbahnhof betreibt das Jesus-Center seit Jahren einen kleinen, antialkoholischen Kiosk, den dennoch besonders Alkoholiker aufsuchen, die "sich treffen wollen oder ein offenes Ohr brauchen", so Esch.

Der Beitrag der taz schiesst nachdenklich: „Manche nennen Esch den ‚Jesus von St. Pauli’. Wunder geschehen doch.“


Weiterer Artikel: http://www.revolution-one.ch/index.php/D/article/238/5932

Quelle: taz

Datum: 26.01.2004
Autor: Bruno Graber

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