Schickt uns Missionare - aber die richtigen!

Emmanuel NJOCK

Das Christentum hat in Afrika eine lange Geschichte. Schon bei der Ausgiessung des Heiligen Geistes in Jerusalem zu Pfingsten im Jahr 30 waren Afrikaner dabei. Sie kehrten anschliessend in ihre Heimatländer zurück, unter anderem auch nach Nordafrika. Im Jahr 34 brachte der äthiopische Eunuch, den Philippus getauft hatte, das Evangelium in den Sudan. 332 entstand die orthodoxe Kirche in Äthiopien. Um 640 gab es in Ägypten mehr als 200 000 Christen. Um 650 kamen christliche Berber nach Niger. 1445 brachten portugiesische Entdecker das Evangelium nach Senegal. In demselben Jahrzehnt wurden auch Guinea-Bissau, Äquatorial-Guinea und Mauretanien zum ersten Mal evangelisiert. Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Missionare in grosser Zahl nach Afrika zu strömen. Die Afrikaner, die offenbar tief religiös sind, haben dieses Evangelium im allgemeinen gut aufgenommen. Die Kirchen entstanden und wuchsen sehr schnell. Sogar heute vermehren sich Denominationen und Sekten stark.

Wir verfügen noch über einige Zeugnisse von Christen der ersten Generation über die Wichtigkeit von Gottes Wort für ihr Leben, so etwa das Zeugnis des Pastors Jacob Nwalal (1890-1977): "In meiner Jugend machte ich als Angehöriger des Stammes der Bàsàa die Musik für den "ngee", einen Fetisch, ich war Trommler. Wir lebten nur in Hass und Kampf mit unseren Nachbarn. Dank der Wirkung von Gottes Wort habe ich gelernt, meinen Nächsten zu lieben und ihm zu vergeben ..."

Pastor Nwalal war dankbar für das Evangelium und für das Wirken der Missionare im allgemeinen. Aber es gibt auch viele Afrikaner, die die Missionare in schlechter Erinnerung haben, denn - so sagen sie - einige Missionare haben die Herzen der Menschen in Sicherheit gewiegt, um den Kolonialherren zu ermöglichen, die Macht an sich zu reissen. Man schreibt Jomo Kenyatta, einem berühmten kenianischen Staatsmann, folgende Aussage zu:"Die Missionare haben uns gelehrt, beim Beten die Augen zu schliessen, und sobald wir unsere Augen geschlossen hatten, um zu beten, nahmen sie unser Land." Andere sagen auch, dass die Missionare ihnen ihre westliche Kultur aufgezwungen haben, indem sie die einheimische Kultur zerstörten. Anhand vieler Beispiele von negativen Einflüssen einzelner Missionare kann man sich schon die Frage stellen, ob es noch notwendig ist, dass Missionare nach Afrika kommen.

Fachleute gesucht

Innerhalb der letzten zwei Jahrhunderte sind die Kirchen Afrikas gewachsen und haben ihre eigenen Bischöfe und Pastoren ausgebildet. Sie können also ihre Gemeinden selber betreuen und die evangelistische Arbeit in ihren Ländern fortsetzen. Aber vergessen wir nicht, dass die Arbeit gewaltig ist! Die Feststellung des Kirchenvaters Origenes aus dem Jahr 220 gilt auch heute noch: "Viele Menschen, nicht nur unter den Barbaren, sondern auch im (Römischen) Reich, haben das Wort von Christus noch nicht gehört" und "Das Evangelium wurde noch nicht allen Nationen gepredigt, da es die Chinesen oder die Äthiopier jenseits des Flusses noch nicht erreicht hat, sondern nur kleine Teile von entfernteren und barbarischen Stämmen."

Wir finden die Besuche von Evangelisten wie Billy Graham, Reinhard Bonnke und anderen immer noch sehr nützlich in Afrika. Durch diese Grossevangelisationen stärkt der Herr die Christen und zieht Nichtchristen zu sich. Wir brauchen Erweckung, und sowohl afrikanische wie auch ausländische Evangelisten können auf diese Weise einen wichtigen Beitrag leisten.

Was Afrika aber am meisten braucht, sind Missionare, die das Evangelium nicht nur verkündigen, sondern uns auch lehren und vorleben können, wie man es anwenden und sich selbst und dem Nächsten in allen Bereichen seines Lebens damit helfen kann. Wir suchen Missionare, die uns dazu bringen, Gott zu suchen, zu finden und zu lieben; die uns helfen, in unserer Welt zu leben, sich daran zu freuen und sie in Dankbarkeit dem Schöpfer gegenüber zu verändern. Wir würden gerne sehen, wie der christliche Glaube das aktive Leben der Menschen beeinflusst, etwa wie ein christlicher Landwirt seinen Alltag auf dem Land gestaltet, wie ein tatkräftiges Leben in der Schule, im Büro, in der Werkstatt oder in der Familie aussieht. Finden wir noch demütige Leute, die bereit sind, in Afrika mit Afrikanern in deren Umgebung zu leben? Werden wir noch Missionare finden, die nicht in der Absicht kommen, "Wilde" zu "zivilisieren", sondern die mit Menschen Gemeinschaft haben wollen, die man etwas lehren, von denen man aber auch etwas lernen kann?

Dank sei Gott, dass es solche Missionare noch gibt! In Kamerun existiert zum Beispiel seit 1972 eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern der presbyterianischen Kirche von Kamerun. Diese Gruppe von jungen Christen wurde von der "Jesus-Bruderschaft", einer evangelischen Bruderschaft aus Gnadenthal in Deutschland, gegründet. Am Anfang waren es nur drei Brüder und drei Schwestern. Diese jungen Christen mit verschiedenen Berufen (Ingenieur, Lehrer, Krankenschwester) begannen, die einheimische Sprache zu lernen und sich in das Leben der Afrikaner einzufügen. Sie arbeiteten mit ihnen auf dem Feld, gingen auf den Markt, führten den Haushalt wie die Menschen Kameruns und gingen mit ihnen in den Gottesdienst. Zugleich bildeten sie Gebets- und Bibelstudiengruppen und begannen mit den Frauen Näh- und Bastelkurse. Die Schwestern führen inzwischen in der einheimischen Sprache Unterricht für erwachsene Analphabeten durch. Um die einseitige Landwirtschaft zu ergänzen, haben sie Obstbäume gepflanzt und Hühner- und Gänsehaltung mit einheimischen Mitteln eingeführt. Kurz, sie wurden ein Vorbild für christliches Leben auf dem Land.

Weiter benötigen wir auch Missionare, die audio-visuelle Medien einsetzen können. Angesichts der Dringlichkeit, noch so vielen Menschen die Frohe Botschaft zu bringen, haben evangelistische Tonbandaufnahmen gute Dienste geleistet. Man nimmt Bibeltexte in einer bestimmten Sprache auf und spielt sie dann den Menschen vor. In mehreren Ländern Afrikas haben sich schon Gruppen gebildet, um solche Kassetten regelmässig zu hören. Man erzählt sich die Geschichte von einem Nigerianer, der gefragt wurde, zu welcher Kirche er gehöre. Er wusste nicht recht, was er antworten sollte, denn er verstand den Begriff "Kirche" nicht. Schliesslich meinte er: "Ich bin Mitglied der Kirche der Kassette." Dieser Mann kam regelmässig mit anderen Dorfbewohnern zusammen, um biblische Kassetten in ihrer Muttersprache zu hören. Daraus entwickelte sich in seinem Dorf eine Gemeinde.

Auch Radio, Zeitungen, Fernsehen und Videos sind Werkzeuge, die zur Verbreitung des Evangeliums beitragen. Wir haben schon öfters Berichte von Leuten gehört, die sich durch Botschaften im Rundfunk oder in Zeitungen bekehrt haben. Ich selber nehme an einer wöchentlichen Gebetsgruppe teil, die nach der Vorführung des von "Campus für Christus" produzierten Jesus-Filmes entstanden ist.

Bibelübersetzer gesucht

Schliesslich suchen wir Missionare, die uns helfen, das Wort Gottes in unsere Sprachen zu übersetzen, damit auch die einfachen Leute es leicht verstehen können. Obwohl viele Kameruner stolz darauf sind, eine der offiziellen Landessprachen Französisch und Englisch oder sogar andere Fremdsprachen zu beherrschen, spricht die grosse Mehrheit der Bevölkerung Kameruns im alltäglichen Leben eine der 270 einheimischen Sprachen als Muttersprache. Diese Sprachen stellen einen Reichtum dar, den wir zum Wohl aller nützen sollten. Wir werden uns immer mehr bewusst, wie wichtig es ist, die Bibel in der Muttersprache zu besitzen. Das Wort Gottes ist wie Dynamit. Es zerschlägt die Sünde und verändert die Herzen. Wenn dieses Wort einmal das Herz eines Menschen in einer Sprache erreicht, die er versteht, geschieht etwas, und man sieht Veränderungen.

Umfragen haben gezeigt, dass die Christen aus 39 Sprachgruppen Kameruns sich dringend eine Bibelübersetzung wünschen, und 159 Sprachgruppen würden es begrüssen. Missionare, Sprachwissenschaftler und Theologen haben schon viel auf diesem Gebiet geleistet. Seit den sechziger Jahren sind in Kamerun und anderen Ländern Afrikas vor allem die Wycliff-Bibelübersetzer tätig. Sie haben schon vielen Volksgruppen geholfen, für ihre Sprache eine Schrift zu entwickeln und zumindest das Neue Testament zu übersetzen.

1990 wohnte ich der Einweihung des Neuen Testaments in der Nso-Sprache im Norden Kameruns bei. Als ein alter Mann zum ersten Mal die Lesung eines Bibeltextes in seiner eigenen Sprache hörte, rief er: "Jetzt spricht Gott in meiner eigenen Sprache zu mir!" Dieser kurze Satz zeigt die Freude eines Menschen, dem bewusst wird, dass man seine Sprache schreiben kann, aber auch die Bereitschaft, die Botschaft anzunehmen, die ihm in seiner Muttersprache übermittelt wird.

Viele der Menschen Kameruns können diesen Satz noch nicht nachsprechen, denn in ihrer Muttersprache gibt es keine Bibelübersetzung. Zudem könnten viele Menschen die Bibel gar nicht lesen, selbst wenn es eine Übersetzung schon gäbe. Die Kolonialregierung hatte in den vierziger Jahren das Unterrichten dieser Sprachen in den Schulen verboten. Deshalb sind auch heute noch auf dem Lande viele Menschen Analphabeten. Missionare, die mit uns bei der Überwindung des Analphabetentums und bei der Übersetzung der Bibel in unsere Sprachen zusammenarbeiten, sind in unserem Land dringend erwünscht.

Trotz aller Kritik an den Fehlern der ersten Missionare sind wir bei der Ausführung des Missionsbefehls immer noch dazu aufgefordert, die Zusammenarbeit mit ausländischen Christen zu suchen. Sicher geschieht ihr Einsatz nicht mehr in der gleichen Weise wie früher, aber trotzdem sind sie noch Missionare. Wir brauchen sie, und wir laden sie ein, doch zu uns zu kommen.

Dr. Emmanuel Njock ist Kameruner. Er besuchte eine Missionsschule; später hat er selber in dieser Schule unterrichtet und sie mehrere Jahre lang geleitet. Seit mehreren Jahren ist er für eine kamerunische Organisation tätig, die sich mit Bibelübersetzung in die Sprachen des Landes befasst. Ausserdem hat er verschiedene kirchliche Ämter inne.

Quelle: „Mission unter Beschuss“, Hänssler-Verlag 1996. Copyright beim Herausgeber, Andreas Holzhausen.

Datum: 29.11.2003
Autor: Dr. Pierre Emmanuel Njock
Quelle: Hänssler Verlag

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