Kommentar: Irans Vernichtungsphantasie – wo bleibt das «Nie wieder»?

Die Vereinten Nationen wurden gegründet, um weitere Völkermorde zu verhindern. Dem «Nie wieder!» folgten Genozide beispielsweise in Ruanda, Südsudan und Darfur. Angestrengt schaute die UNO weg. Und nun tischt ein Herrscher am Laufmeter die Vernichtung einer Nation vor der Weltgemeinschaft auf.
Irans Präsident Mahmud Ahmedinejad macht keinen Hehl aus seinen Vernichtungsphantasien, die er gegenüber Israel hegt. Und auch den Holocaust stellt er in Frage. (Foto: Daniella Zalcman).

Immer wieder. Jahr für Jahr. Offen und unverblümt. Gleichzeitig treibt sein Land konsequent und unbeirrt ein Atomprogramm voran. Die Reaktion ist aber nicht ein entschlossenes «Nie wieder!». Im Gegenteil. Der Brandstifter erhielt die Ehre, den ersten Vortrag auf der Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen zu halten. Ein solches Drehbuch würde in Hollywood durchfallen. Zu unglaubwürdig wäre die Geschichte. Aber der iranische Präsident Mahmud Ahmedinejad lässt sie Realität werden.

Eine Entgleisung?

Mahmud Ahmedinejads erste Vernichtungsphantasie wurde als Entgleisung abgetan. Und als Übersetzungsfehler. Zuerst wurde überliefert, er habe gesagt, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden. Richtig aber habe es geheissen, der iranische Präsident fordere, Israel müsse aus der Geschichte ausradiert werden - als ob diese Version besser wäre.

Dann wurde Ahmadinejad als Einzelfall dargestellt. Man habe nicht gewusst, wen man wählt, wurde in westlichen Medien behauptet - als ob der langjährige Gouverneur und spätere Bürgermeister Teherans ein Unbekannter war. Dass er westliche Fast-Food-Lokale schloss, westliche Musik und David-Beckham-Poster verbot, war so geheim nicht.

Nicht nur im Wahlkampf

Seine damaligen Konkurrenten, wie etwa Rafsandschani, gelten als «pragmatisch» (Quelle: Spiegel). So übel kann es die iranische Regierungsspitze also nicht meinen, wird suggeriert. Auch wenn Rafsandschani schon zum Besten gab, dass wenn der Iran eine Atombombe habe, «wird diese im Fall von Israel nicht nur zur Verteidigung gebraucht» (Welt am Sonntag).

Da hilft auch der beschönigende Hinweis nicht, dass im Iran «halt Wahlkampf» ist. Tatsächlich werden am 12. Juni 2009 Wahlen durchgeführt. Aber Ahmedinejad wiederholt seine Triaden im Akkord, seit mehreren Jahren. Nicht erst jetzt, wo es um den Verblieb im Amt geht.

Ohrenbetäubendes Schweigen

Auch von der offiziellen Schweiz, die sich gerne «stiller Diplomatie» rühmt, war ohrenbetäubendes Schweigen zu vernehmen: Unterwürfig schäkernd und mit Kopftuch nähert sich die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-«Reisli» dem Mann, der eisern Hitler-Rhetorik pflegt und Merz bietet ebenfalls Handschlag, den er zwar nicht fotografiert haben wollte, der aber dank iranischen Medien zwecks Propaganda dennoch um die Welt ging.

Dann sprach Ahmedinejad in Genf, auf der Anti-Rassismus-Konferenz. Grauer Anzug, helles Hemd, keine Krawatte. Diese hatte er im letzten Jahr als untragbar bezeichnet, sie sei ein Zeichen des Westens (NZZ). «Im Namen Allahs, des Barmherzigen ...» begann er. Ein 41sekündiges Glaubensbekenntnis folgte.

Drei als Clowns verkleidete Studenten störten seine Rede. Rasch wurden sie von Sicherheitskräften aus dem Raum geführt. Gütig bat Ahmedinejad im Namen Allahs um Vergebung für diese «ignoranten Menschen». Ein 60sekündiges Glaubensbekenntnis folgte. Dann relativierte er auf Schweizer Boden den Holocaust. Anschliessend Israel-Hetze. Die europäischen Delegationen verliessen protestieren die Assembly Hall des Palais de Nations.

Neutrale Schweiz

Während sich Ahmedinejad auf Schweizer Boden als neuer Hitler präsentierte, blieb die Schweizer Vertretung artig sitzen. Schliesslich sind wir Schweizer neutral. Und auch hatte man tags zuvor versucht, dem iranischen Regenten die Menschenrechte schmackhaft zu machen. Darüber hatte man sich wenig später in Teheran offenbar krummgelacht (Berner Zeitung).

Eine zur Tatzeit Minderjährige und andere Menschen wurden wenig später im Iran hingerichtet, der Schweizer Diplomatie zum Trotz; oder Spott. Und während faktenresistente Gutmenschen in der Schweizer Regierungsspitze eitel die geleisteten «Guten Dienste» bejubelten, liess sich Ahmedinejad in seiner Heimat als «Eroberer von Genf» feiern.

Möglichst viel Schaden

Ein Staat - Ahmedinejad ist alles andere als allein; auch dank dem religiösen Wächterrat, der keine echten Reformer zulässt - kündigt in missionarischem Eifer die Vernichtung eines anderen Staates an. Und das «Nie wieder!» hat sich nicht nur auf der verbalen Ebene zum «Schon wieder!» aufgetürmt. Iran strebt nicht nur nach Massenvernichtungswaffen, sondern sucht bereits jetzt die Hisbollah (im Libanon) und die Hamas (Gaza) aufzurüsten, um Israel möglichst viel Schaden zuzufügen.

Wo bleibt das «Nie wieder!»? Wo? Sollte Teheran zur Tat schreiten, kann niemand sagen, er habe es nicht gewusst. Ausführlicher kann eine derartige Ankündigung nicht sein.

Video-Link zu Ahmedinejads jüngster Hass-Rede

Datum: 09.05.2009
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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