Glaube, der durchträgt!
Es war ein stetiger Wechsel von zu Gott schreien, einnicken und aufschrecken. Und dann steht in diesem fensterlosen Raum die Onkologin vor mir.
«Herr Ruh, wir haben nun das Resultat der Histologie erhalten. Es zeigt, dass sie an einem Peripheren T-Zell Lymphom erkrankt sind. Diese Form von Blutkrebs ist leider nicht heilbar, kann jedoch mit einer Chemotherapie zu 50–70 Prozent temporär gestoppt werden. Sie wird aber wieder zurückkommen. Ihre Lebenserwartung liegt statistisch gesehen bei maximal 2 bis 3 Jahren.»
Angst vor dem Leiden
Noch vor vierzehn Tagen schien mir mein Leben genial aufgegleist: seit einem halben Jahr pensioniert, ein wunderschönes Zuhause, einen attraktiven Teilzeitjob und eine starke Beziehung mit meiner Frau Prisca. Dazu die Freude über die neue Nähe zu unseren Kindern und den neun Enkeln… Nun werde ich in ein Viererzimmer der Onkologie geschoben, mein Blick Richtung Bettnachbar landet bei einer Karte, die über seinem Bett hängt. Er kann sie nicht lesen, sie hängt da nur für mich: «Der Herr segne und behüte dich!» Ist Gott mit mir? Ist er mir so nah, gerade jetzt, wo alles wankt?
Einige Stunden später kann ich weinen und das tut richtig gut. Dies ist nicht meine Art, normalerweise bringen mich Erschütterungen zum Kämpfen. Doch ich habe zu viele Menschen auch im Endstadium begleitet und so packt mich die Angst vor dem Leiden. Nicht die Angst vor dem Tod – da ist an meiner Gewissheit einer genialen Zukun in meiner neuen Heimat bei Jesus, beim Vater, nicht zu rütteln. Doch wie werde ich diese vielleicht letzte Zeit erleben?
«Was mir Frieden und Ruhe schenkt, ist die Gewissheit, dass meine Beziehung zu Jesus Christus mich durchträgt.»
Überraschend grosse Gelassenheit
Nun sind drei Monate vergangen, ich bin mitten in der Chemotherapie, dazu kommen Komplikationen wie Covid und dass sich meine Gesichtsnerven nur langsam erholen. Ich habe meine Krisen, aber es überrascht uns auch als Ehepaar, welche Gelassenheit und welchen Frie-den wir emp nden dürfen. Wir erleben einmal mehr, dass man Glaube nur Schritt für Schritt, Tag für Tag buchstabieren kann und dass dies genügt. Ich habe keine Ahnung, was Gott mit mir vorhat. Erleben wir ein Wunder und Gott wird mich heilen? Was mir Frieden und Ruhe schenkt, ist die Gewissheit, dass meine Beziehung zu Jesus Christus mich durchträgt, auch durch die Nacht, durch den Sturm, auch durch meine Ängste. Noch nie empfand ich das Vorrecht so stark, dass ich Jesus suchen und nden dur e, dass er mich festhält, dass ich mich ihm anvertrauen kann und ich Geborgenheit in ihm erleben darf. Diesen Jesus kennenzulernen, das wünsche ich auch Ihnen von ganzem Herzen!
Datum: 17.11.2022
Autor:
Andreas Ruh
Quelle:
HOPE-Regiozeitungen