Der Glaube des «Man in Black»

Matthias Huffs Biografie über Johnny Cash

Johnny Cash
Kann man über eine Ikone der Musik wie den Country- und Rockstar Johnny Cash noch etwas Neues schreiben? Man kann. Zu seinem 20. Todestag hat Matthias Huff genau das getan und beleuchtet Abstürze und Erfolge des prominenten Christen.

Wer bei Spotify nach Johnny Cash sucht, ist in guter Gesellschaft: 11,5 Millionen Menschen hören ihn pro Monat auf dem Streamingportal. Seine Toptitel wurden allein dort 300- bis 500-millionenmal gespielt. Dabei starb der Ausnahmemusiker bereits vor 20 Jahren, am 12. September 2003. Trotzdem hat der «Man in Black» bis heute eine feste Fangemeinde und fasziniert auch jüngere Menschen durch sein Erscheinungsbild und seine Musik, die sich keinem Stil einfach zuordnen lassen, und sein Leben, das auch in keine Schublade passt.

Einer seiner Fans ist der Journalist Dr. Matthias Huff. Der Redaktionsleiter des Kinderkanals KiKA beschäftigt sich dort beruflich mit Musik und Religion – beides zusammen führte letztlich zu seinem aktuellen Buch «Johnny Cash. Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen. Der ‘Man in Black’ und seine Glaubensreise».

Welche Seite hätten Sie denn gern?

Wer über so eine vielschillernde Person wie Johnny Cash berichtet, muss sich festlegen: Was soll der Schwerpunkt sein? Die Filmbiografie «I walk the line» von 2005 setzt den Fokus auf Cashs Beziehung zu June Carter. Andere Bücher betonen sein legendäres Gefängniskonzert im Folsom Prison oder liefern Hintergründe und Entstehungsgeschichten zu seinen Liedern. Matthias Huff will die christliche Seite des Musikers darstellen.

Anders als in dem umstrittenen Film «Johnny Cash: The Redemption of an American Icon» (dt. Die Erlösung einer amerikanischen Ikone) hält Huff allerdings fest, dass es nicht das eine Erlösungserlebnis in seinem Leben gab, nach dem alles anders und gut war. Zeitlebens blieb der Glaube bei Cash eine zentral wichtige Komponente, doch Erfolge und Misserfolge, Drogenabstürze und Alkohol, Untreue und tiefe Liebe gehören genauso in seine Biografie wie seine Musik. Aber Huff zitiert zu Beginn des Buchs ein Interview, das Reinhold Beckmann mit Johnny Cash führte und bei dem der Journalist den Gottesbezug, den sein Gast betonte, bei der Übersetzung einfach wegliess. Das korrigiert Huff. Er will den ganzen Cash sehen – in seiner Zerrissenheit, Widersprüchlichkeit und seiner trotzdem unerschütterlichen Gläubigkeit.

Was macht den «Man in Black» so interessant?

Autor Matthias Huff

Die einen mögen einfach seine rauchige Stimme. Andere seinen Einsatz für Arme, Entrechtete und Gefängnisinsassen. Gerade dies macht viel von der Faszination aus, die Johnny Cash heute noch hervorruft. Dabei war er jemand, der sich und seine Einstellung immer auch inszenierte: dass er nur schwarze Kleidung trug, stellte er als Solidarisierung mit Menschen am Rande dar – an anderer Stelle meinte er, dass es einfach praktisch wäre, weil man den Schmutz nicht so schnell sähe.

Im Nachruf auf ihn stellte Emmilou Harris klar: «Man hat das Wort Charisma erfunden, um zu beschreiben, was Johnny Cash hat.» Und Bono ergänzte: «Im Vergleich zu Johnny Cash sind wir alle Weicheier.» Gerade die Brüche in seinem Leben machen ihn interessant. Sie zeigen einen Menschen und Christen, der immer wieder versagt und trotz allem an Gott festhält – und an dem Gott auch festhält. Gleichzeitig ist er einer der wenigen Musiker, die nie ein Geheimnis aus ihrem Glauben gemacht haben, und dessen Platten und CDs trotzdem in jedem normalen Laden erhältlich sind. Der Musiker Rick Scott beschrieb das Phänomen so: «Johnny Cash machte es cool, ein Schurke zu sein, der Christus liebt.»

Warum (noch ein) Buch über Johnny Cash?

Vieles, was Huff kenntnisreich zusammenträgt, wurde schon an anderer Stelle erwähnt. Gleichzeitig bringt der Journalist auch jüngeren Musikliebhabern einen Sänger näher, dessen Glaube gerade im europäischen Raum noch nie eine besonders grosse Rolle gespielt hat. Die Form ist dabei für viele gewöhnungsbedürftig. Das gut 200-seitige Buch hat einen 20-seitigen Anhang zu den zahlreichen Fussnoten und Belegen, ohne dass es wissenschaftliche Ansprüche erheben würde. Dazu fehlt Huff als Fan auch der kritische Abstand. Das Buch bewegt sich irgendwo zwischen Sachbuch und Biografie, ist aber gut lesbar. Zahlreiche Coverfotos der Schallplatten illustrieren den Text und unterstreichen seine Aussagen. Ähnliches sollen wohl auch die eingestreuten Bibelverse erreichen, die in grau hinterlegten Boxen im Text stehen. Da sie nur selten einen direkten Zusammenhang zum Inhalt bieten, irritieren sie allerdings mehr als dass sie helfen würden.

Insgesamt ist Matthias Huff mit seinem Buch ein frischer Zugang zu einem bekannten und doch unbekannten Musiker gelungen. Und weil Johnny Cash bis heute gehört wird und grossen Einfluss auf Musikschaffende weltweit hat, lädt das Buch dazu ein, sich zu seinem runden Todestag neu oder zum ersten Mal mit dem Musiker auseinanderzusetzen, dessen «Arme zu kurz waren, um mit Gott zu boxen».

Zum Buch:
Johnny Cash. Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen

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Datum: 04.09.2023
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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