Was stört sie in Deutschland am meisten? „Die Hektik“, sagt Sabine Kuegler (Foto), „Ich vermisse die Ruhe.“ Ruhe, die die heute 32-Jährige in ihrer Kindheit im Überfluss hatte: 12 Jahre lang lebte sie im Regenwald von West-Papua/Indonesien. Ihre Eltern, die damals als Missionare und Sprachforscher für die Bibelübersetzer-Organisation „Wycliff“ arbeiteten, wollten das gerade entdeckte Dschungelvolk der Fayu näher kennen lernen. Sabine und ihre Geschwister erlebten die ursprüngliche Lebensweise und die Menschen dort wie ein Paradies. Das ist bis heute so. Ihre Kinder jedenfalls würde sie „sofort dort aufwachsen lassen“. Mit 17 muss Sabine den Dschungel verlassen, um ihren Schulabschluss zu machen. Sie geht zunächst in ein Internat in der Schweiz, später nach Japan und die USA, mittlerweile lebt sie in Norddeutschland. Doch richtig angekommen ist sie in der westlichen Zivilisation immer noch nicht: „Ich bin unglücklich, fühle mich oft sehr verloren, wie ein Geist, der nicht zur Ruhe kommt“, schreibt sie in ihrem Buch „Dschungelkind“ (Droemer), in dem sie ihre Lebensgeschichte festgehalten hat und mit dem sie wochenlang auf sämtlichen Bestseller-Listen vertreten war. Nach Jahren der Krise ist ihr Glaube ist heute wieder ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, auch wenn sie gemeindlich noch nicht so recht Anker geworfen und nur losen Kontakt zu einer Freikirche hat: „Ich bin keine perfekte Christin“, sagt sie, „aber wichtig ist doch vor allem, dass man sich selbst und Gott gegenüber ehrlich ist.“ Im Sommer möchte Sabine Kuegler für ein paar Wochen nach West-Papua, ins „Tal der Verlorenen“ zurückkehren, und einen Dokumentarfilm über ihre Heimat drehen. Und wieder nach Deutschland zurückkehren, auch wenn es ihr schwer fällt. Denn eins hat sie mittlerweile verstanden: „Ich werde nirgends zu Hause sein, wenn ich meine Heimat nicht in mir finde.“
Datum: 27.10.2005
Quelle: Neues Leben