Interview mit Gitta Leuschner, Referentin und Seelsorgerin

„Sexualität ist kein Bereich für Verbotschilder!“

„Die schönste Nebensache der Welt“ war Gottes Idee. Doch das himmlische Geschenk „Sexualität“ ist zerbrechlich. Unsachgemässe Behandlung hinterlässt Scherben. Das weiss auch Single Gitta Leuschner, Referentin und Seelsorgerin. Sie macht Mut, im Bereich Sexualität Gottes Grenzen zu vertrauen.
Sexualität ist kein Bereich

Haben Sie in den letzten Jahren eine Veränderung der Sexualmoral registriert?
Gitta Leuschner: Hier hat schon eine gravierende Verände­rung stattgefunden. Innerhalb der Gesellschaft sind ja sehr viele Tabus aufgegeben worden. Sexualität ist das grosse Thema überhaupt, ob in Talkshows, in Zeitschriften oder im Film. Das hat natürlich auch Einfluss auf Menschen mit christlichem Hintergrund. Allein das „Warten bis zur Ehe” wird oft nicht mehr so eng gese­hen. Das Lustprinzip „If it feels good – do it! Wenn es sich gut anfühlt, tu’s einfach!” ist heute sehr stark ausgeprägt.

Wie hat Gott sich das mit der Sexualität denn gedacht?
Tja, das ist ein Riesenthema. Zunächst einmal: Über „Gott und Sexualität” können wir eigentlich nur spre­chen, wenn ich Gott liebe und wenn ich das, was er sagt, für richtig und wichtig und für gut hal­te. Gott hat uns als geschlechtliche Wesen geschaffen, als Mann und Frau. In allem, was wir tun und sagen, drücken wir uns geschlechts­spezifisch aus. Sexualität ist damit nicht nur ein Bereich meines Lebens, sondern sie ist eine Funktion meines gesam­ten Wesens. Sexualität an sich ist ein Geschenk Gottes, und ihr körperlicher Ausdruck ist ein Ausdruck der Liebe. Gott hat uns die Sexualität als etwas Gutes geschenkt, nicht als einen Bereich der Verbots­schilder. Er hat sie uns zur Freiheit geschenkt – und doch in­nerhalb positiver Grenzen.

Nun mag mancher diese Grenzen aber gar nicht als so positiv betrachten. Warum hat Gott den Rahmen denn so eng gesteckt? Er hätte ja auch sagen können: „Nun, wenn ihr euch einig seid - mir soll's egal sein!”
Wenn zwei Menschen Sex haben, ist das so eine tiefe Vereini­gung mit ihrem Körper, ihrer Seele und ihrem Geist, eine so totale Hingabe und Verschmelzung, so tief, so durchdringend, so beeindruckend – dafür muss es doch einen Schutz geben! Zur Sexualität gehört es, dass ich den anderen erst einmal kennen lerne, dass ich Vertrauen aufbaue, dass ich den anderen in seiner Persönlichkeit erfasse. Heute lernt man sich kennen und landet gleich im Bett. Man ver­schenkt etwas ganz Kostbares, man gibt sich aus in kleiner Münze! Es ist, als wenn man ein Weihnachtsgeschenk, das mit Liebe für mich eingepackt wurde, vor Weihnachten auspackt. Wir müssen erkennen, wie kostbar unsere Sexualität ist. Sie ist zu schön und zu wertvoll. Ich weiss, wovon ich rede. Ich war lange Zeit Atheistin, habe nach dem Lustprinzip gelebt. Machen wir uns nichts vor: Die Auswirkungen praktizierter Sexualität sind ganz schön beeindruckend!

Zum Beispiel?
Was ich schon erwähnte: Man gibt sich hin, man wird von dem anderen ja auch ein stückweit vereinnahmt und eventuell wieder weggeworfen. Das gibt eine Verletzung. Dazu kann man sich Krankheiten einhandeln, oder ein Kind kann entstehen, das nicht gewollt ist. Wenn man sich dazu entschliesst, es zu bekommen, wächst es vielleicht ohne Vater auf. Gut, nun kann man sagen: Es gibt heute so viele Schei­dungen, so viele allein erziehende Müt­ter und Väter. Aber das war nicht Got­tes ursprünglicher Plan, so hatte er sich das nicht gedacht.

Nun wird manchmal eingeworfen, dass es gar keine definitive Bi­belstelle zum „Sexverbot“ vor der Ehe gäbe. Ist das so?
Sagen wir es so: Die gesamte Aussage der Bibel weist darauf hin, dass Gott Reinheit liebt und er die Sexualität wirklich nur in den Rahmen der Ehe gestellt hat. Sexualität ausserhalb der Ehe bezeichnet sie mit „Hurerei, Unzucht, Ehebruch”, je nachdem, ob sie vor oder neben der Ehe praktiziert wird. Dabei dürfen wir nie vergessen: „Gott ist die Liebe”, wie es zum Beispiel in 1. Johannes 4,16 steht, und alles, was er tut, tut er aus Liebe. Wenn ich das glau­be und für mich in Anspruch nehme, dann werde ich Bibelstellen auch nicht ständig missverstehen. Ich werde ja sa­gen können zum Nein Gottes, auch wenn das manchmal ohne Frage ganz schön hart ist!

Wie sieht es eigentlich mit der Masturbation aus, wenn jemand allein stehend ist? Ist das eine Lösung?
Nun, Masturbation soll eine Ventilfunktion haben, und sicher hilft sie, ein gewisses Mass an Druck abzubauen. Aber: Wenn ich Sexualität von Gott her verstehe, fällt auch das darunter, wie Gott es sich nicht gedacht hat. Wenn ich Masturbation unter dem Begriff „Zielverfehlung” einordne, dann kann ich sie Gott bekennen. Man sollte hier schon freier werden mit der Zeit. Denn es geht letztlich nicht nur um das Körperliche, sondern auch um die Reinheit meiner Gedankenwelt, die dabei von sexuellen Bildern bestimmt wird.

Kommen wir von der Theorie zur Praxis: Da will ein Single wirklich als Christ leben und ist dieser sexualisierten Umgebung ausgesetzt. Wohin mit all den Wünschen, Eindrücken und Sehnsüchten?
Natürlich sind diese Wünsche da, wir sind ja auf das „Du” angelegt. Was aber nicht bedeutet, dass ich nur auf einen Mann oder auf eine Frau hin geschaffen bin. Wir sind als Ergänzung zueinander gedacht – doch unser wahres Gegenüber ist Gott. Solange ich keine Beziehung zu ihm habe, werde ich immer suchen. Anderer­seits brauchen wir auch andere Menschen. Gott selbst hat festgestellt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei!” Ich kann nicht nur Gott haben, aber er muss in meinem Leben an erster Stelle stehen. Dann erledigt sich schon sehr viel. Und dennoch bleiben Sehn­süchte und Wünsche. Aber auch damit kön­nen wir zu Gott kommen. Wir dürfen Gott sagen: „Ja, ich habe diese Bedürfnisse! Ich habe eine Sexualität, die nach Erfüllung drängt! Aber ich gebe das jetzt an dich ab.“ Wenn man im­mer nur an dem hängen bleibt, was man nicht hat, dann entwertet das die Lebens­qualität enorm.

Autorin: Sabine Schmidt

Datum: 16.02.2006
Quelle: Neues Leben

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung