Mit Jesus kehrte das Gesetz zurück

Steuergesetz
Gesetz
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Steuergesetze, Verkehrsgesetze oder Baugesetze mögen als Beispiele für das notwendige Übel genügen. "Du musst" oder "du darfst nicht" erscheinen als Schattenseiten des Lebens. Immerhin ist als Christ ein gewisses Aufatmen möglich. Christus hat doch dem Gesetz ein Ende gesetzt. Wirklich? Ich bin der festen Überzeugung, mit Jesus kamen neue Gesetze hinzu.

Das Universum ist voller Gesetze. Verschiedenste Naturgesetze, unterschiedlichste Staatsgesetze und geistliche Gesetze. Was ist ein Gesetz? Ich möchte es einmal so definieren: Ein Gesetz legt bestimmte Grenzen, Bedingungen und Regeln fest. Innerhalb dieser Begrenzung, ergibt sich ein Handlungsspielraum. Nehmen wir als Veranschaulichung das Naturgesetz der Schwerkraft. Menschen leben im Handlungsspielraum der Gravitation. Das hat viele Vorteile. Menschen können gehen, fahren, pflanzen, bauen, mit Schiffen auf dem Wasser fahren usw. Aber es setzt unserem Dasein auch klare Grenzen. Wir können nicht fliegen, und wenn mir oder einem unserer Kinder ein Teller aus den Händen fällt, ist er hin. Ein Gesetz bietet also Möglichkeiten an, die es zu nutzen gilt, setzt Bedingungen fest und straft einen Übertritt. Wir können ein Gesetz auch mit einem Vertrag samt seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen, Vereinbarungen und Forderungen vergleichen.

Gesetz als Sammelbegriff

Haben wir nur eine ganz bestimmte Vorstellung von der Bedeutung des Wortes "Gesetz" in der Bibel, stossen wir schnell an unsere Grenzen und bringen die verschiedenen Aussagen zu diesem Thema nicht mehr unter einen Hut. Gesetz ist nicht einfach Gesetz, sondern eindeutig ein Sammelbegriff. Ich möchte es vergleichen mit dem Sammelbegriff Flugzeug. Darunter fallen unbestritten die verschiedensten Typen von Fluggeräten. Sportflugzeuge, Amphibienflugzeuge, Passagierflugzeuge, Transportflugzeuge, Kampfflugzeuge … Naturgesetze, Staatsgesetze oder geistliche Gesetze sind ebenso unterschiedlich. Jedes hat ein anderes Ziel, eine andere Bedeutung und einen anderen Geltungsbereich.

Und nicht nur das. "Gesetz" wird in der Bibel nicht nur als Sammelbegriff oder Bezeichnung einzelner Gesetze oder Gebote gebraucht. "Gesetz" gilt als Redewendung für das ganze Alte Testament oder Teile davon. Insbesondere als Bezeichnung der fünf Bücher von Mose. Im Neuen Testament findet sich "Gesetz" auch als Inbegriff des zusammengefassten Gotteswillens in den wichtigsten Geboten. Herzstück davon sind die 10 Gebote bzw. das höchste Gebot. Daneben tauchen in der Bibel auch Gesetze auf, die nicht als solche bezeichnet werden, aber dennoch Gesetze sind. Saat und Ernte, Segen und Fluch, aus dem Mund kommt das, was im Herz ist usw. Ebenso wichtig zu erwähnen ist das Gesetz der Sünde und des Todes, das mit der ersten Sünde im Paradies von da an den geistlichen Lebensraum des Menschen bestimmte und bis heute bestimmt.

Was ist Torah?

Hinter dem deutschen Wort "Gesetz" steckt das hebräische Wort Torah oder das griechische Nomos. Torah heisst aber eigentlich nicht Gesetz und ist an sich auch nicht als Gesetz gedacht. Torah bedeutet Anweisung, Unterweisung oder Lehre und wird im Alten Testament auch für die elterliche Erziehung gebraucht (Sprüche 1,8; 13,14).

So ist Torah im ursprünglichen Sinn einfach Gottes Wort oder die göttliche Offenbarung. Sie möchte die Menschen anweisen, richtig zu leben und das Heil zu finden. Aus diesem Grund ist es problematisch, Torah immer mit Gesetz zu übersetzen. Die mit den Geboten verbundene Rechtsforderung, alles erfüllen zu müssen, um gerecht zu sein, macht die göttlichen Weisungen dann selbstverständlich zum Gesetz. Vielleicht wurde deshalb im Griechischen das Wort Nomos (Gesetz) für Torah verwendet, obwohl auch Nomos ursprünglich nicht Gesetz im heutigen Sinn meint.

Gott ging es bei der Torah nicht ums Verbieten allein. Gott war der Lebensraum, den die Torah den Menschen bot, ebenso wichtig. Die Torah verlieh dem Menschen des alten Bundes Recht und Würde - im Gegensatz zur Barbarei der heidnische Kulturen. So wurde beispielsweise die endlos fortgesetzte Blutrache, von Kain heraufbeschworen, auf "Gleiches mit Gleichem", "Auge um Auge" reduziert. Die Torah Gottes überbot und überbietet heute noch alle kulturell oder religiös gewachsenen Ordnungen.

Dreifach aufgehoben

Wir können schauen, wohin wir wollen: Weder Jesus, noch irgend ein anderer Schreiber des Neuen Testamentes hat sich gegen das Alte Testament oder eines der Gebote geäussert. Jesus hat klar und deutlich gesagt, es werde kein Jota - kleinster Buchstabe im hebräischen Alphabet - jemals ungültig werden.

Jesus hob also in seiner Lehre das Alte Testament auf, im Sinne von konservieren und bewahren. Gottes Wille, sein Ziel und die geistlichen Gesetze, sind seit je her und in beiden Testamenten dieselben!

Was Jesus im eigentlichen Sinn aufhob, war das Opfer- und Zeremonialgesetz. Allein dieses war sprichwörtlich vorläufig. Weil Jesus das einmalige, ein für alle Mal gültige Opfer ist, sind diese Ordnungen überflüssig geworden. Hier wurden die Gesetze, die Vertragsbedingungen, das Kleingedruckte des neuen Bundes geändert. Nach wie vor bleibt aber das Gesetz, das da lautet "keine Vergebung und Sühne ohne gültiges Opfer", in Kraft.

Und schließlich hob Jesus das Gesetz auf eine höhere Stufe. Höher muss unbedingt im Sinn von ursprünglicher verstanden werden. Gott will und wollte schon immer Gerechtigkeit im Herzen der Menschen und nicht nur in äusserlichen Handlungen. Darum scheint es so, als würde Jesus die Gebote Gottes verschärfen. "Ich aber sage euch …" Jesus machte aber nichts anderes, als das Verständnis des Gesetzes auf den ursprünglichen Sinn zurückzuführen. Als Nachdruck schob er später das höchste Gebot, die Liebe, hinterher - Zitate aus dem Alten Testament! Damit nahm Jesus dem Gesetz die Mittlerfunktion, die es im Judentum eingenommen hatte. Der Bund und auch die Ziele des Bundes traten mehr und mehr in der Hintergrund. Das Gesetz wurde als erfüllbar betrachtet, und die Rettung entsprang der vollkommenen Einhaltung der Gebote. Das Halten der Gebote war aus Gottes Sicht aber nie ein Weg zum Heil. Mit den Opfern machte Gott von Anfang an klar: Damit ein Mensch gerecht werden kann, braucht es Sühne. Ebenso schlug Gott, schon vor der Gesetzgebung am Sinai, bei Abraham den Pflock der Glaubensgerechtigkeit ein (Römer 4).

Welches Gesetz beseitigte Jesus?

Zwangsläufig erhebt sich nun die Frage, welchem Gesetz Jesus ein Ende bereitet hat. Von welchem Gesetz befreit Jesus einen Menschen, der sich zu ihm hinwendet und aus dem Heiligen Geist zu einer neuen Schöpfung wird? Jesus befreite uns nicht von den Naturgesetzen und noch nicht vom Gesetz der Sterblichkeit, das liegt auf der Hand. "Denn Christus ist des Gesetzes Ende (besser: Ziel, Erfüllung), jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit" (Römer 10,4). Jesus bejahte das Todesurteil für Gesetzesbrecher als rechtmässige Forderung des Gesetzes. Wer nur eines der Gebote einmal nicht halten kann, hat den ewigen Tod verdient. Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus dieses Gesetz in allen Belangen bestätigt. Zugleich erfüllte er aber alle Gebote Gottes in vollkommener Weise. Er blieb damit gerecht und vollkommen vor seinem Vater. Somit konnte er die Stellung als Vermittler der Gerechtigkeit und des ewigen Lebens übernehmen. Wer das im Glauben in Anspruch nimmt, darf der ewigen Rettung gewiss sein.

"Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes" (Römer 8,2). Durch seinen Tod und seine Auferstehung entstanden neue geistliche Gesetzmässigkeiten. Der Todesfluch für den Gesetzesübertreter und das Gesetz der Sünde und des Todes sind für den wiedergeborenen Menschen gebrochen. Es gibt für ihn keinen Zwang zur Sünde mehr. Für ihn gelten nun neue Gesetzmässigkeiten. Anders ausgedrückt: sein geistlicher Lebensraum, seine Lebensbedingungen, haben sich radikal geändert. Damit sind wir bei den neuen Gesetzen des zweiten Testamentes angelangt.

Die "neuen Gesetze" des neuen Bundes

Ich bin auf sechs solcher geistlichen Gesetze gestossen, bei denen das Wort "Gesetz" explizit vorkommt und die alle im Alten Testament bereits keimhaft vorhanden sind. Diese neuen Gesetze haben wohlverstanden nichts mit einer Forderung, die bei Nichterfüllung zum Tod führt, zu tun. Vielmehr geht es um den neuen geistlichen Lebensraum, das Klima des Christseins, und um Frucht, die im Leben eines Nachfolgers wirksam und sichtbar werden soll.

Gesetz des Glaubens (Römer 3,27).
Ein Mensch kann allein durch den Glauben an Jesus Christus vor Gott gerecht gesprochen werden. Dabei wird er zu 100 Prozent begnadigt.

Gesetz des Geistes (Römer 7,6).
Im Gegensatz zum Alten Testament wohnt Jesus durch den Heiligen Geist bleibend im Geist jedes wiedergeborenen Menschen. Führung geschieht folglich direkter, von innen heraus, und nicht nur indirekt über bestimmte Gebote.

Gesetz des Lebens aus dem Geist Gottes (Römer 8,2).
Allein durch den Heiligen Geist erhalten wir das wahre Leben aus Gott, das wiederum der Heilige Geist füllen und gestalten möchte.

Gesetz der Liebe (Römer 13,8-10).
Die Liebe soll jede Beziehung, die ein Christ hat, prägen.

Gesetz von Christus (Galater 6,2).
Vergeben und anderen helfen, Vergebung zu erhalten, sei es von Gott oder von Menschen, ist die Erfüllung dieses neuen Gesetzes der grenzenlosen Vergebung.

Gesetz der Freiheit (Jakobus 1,25).
Knüpft an Johannes 8,31-36 an. Wachstum im Glauben bedeutet Vertiefung im Wort Gottes, in Wort und Tat. Dies führt zu einer wachsenden Erkenntnis der göttlichen Wahrheit, die wiederum die geistliche Freiheit eines Nachfolgers erweitert.

Riegel, Spiegel, Regel

Was für eine Bedeutung haben nun die Gebote noch für Christen? Jemand, der in Jesus gerecht ist vor Gott und vom Heiligen Geist geführt wird, braucht doch keine Gebote mehr! Richtig. Aber wir sind noch nicht am Ziel, und unsere geistgewirkte Ethik ist noch viel zu wenig ausgeprägt. Darum gilt es als Geheiligte, die göttliche Verordnung angemessen anzuwenden (1. Timotheus 1,8 und 9). Die Reformatoren haben da bereits klug vorgearbeitet.

· Das Gesetz ist ein Riegel gegen das Böse. Ohne verbindliche Ordnung brechen Chaos und Anarchie aus. Staatliche Gesetze sollen nach wie vor dem Bösen einen Riegel schieben. Wenn sich diese Gesetze aber von der biblischen Ordnung entfernen, erreichen sie ihr Ziel nicht mehr.

· Das Gesetz ist ein Spiegel für das menschliche Gewissen. Die Gebote decken Sünde auf. Ohne Gebote blieb die Sünde verborgen. Keiner wüsste, was Sünde ist, und bräuchte auch kein belastetes Gewissen zu haben. Bei Ungläubigen werden die Gebote so zum "Umerzieher" auf Jesus hin. Sie zeigen die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen auf, möchten die Sehnsucht nach Rettung entfachen und sind eine Aufforderung, das Angebot von Jesus anzunehmen. Für Nachfolger von Jesus sind sie ein Prüfstein für Fehlverhalten, das Leuchtfeuer der Heiligung, sozusagen das GPS (Global Positioning System = Satelliten Navigationssystem) für die Seele.

· Das Gesetz gibt uns Regeln für das Leben. Christen sind nicht autonom. Das Reich Gottes ist ein geordnetes, gesetzmässiges Reich. Die Gebote sind Leitplanken und Orientierungshilfen. Sie zeigen uns die Grenzen des gesunden Handlungsspielraumes auf. Ebenso die geistlichen Folgen bei Nichtbeachtung. Denn schließlich sollen sie uns schon in diesem Leben glücklich machen.

Datum: 26.03.2002
Autor: Peter Hauser

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