Extreme Armut raubt Würde

Das Evangelium ganzheitlich leben

Afrikanern würdevoll und auf Augenhöhe begegnen, gemeinsam das Evangelium leben und sehen, wie 100'000 Menschen der extremen Armut entkommen: Peter Seeberger glaubt, dass dies mehr als ein Traum ist.
Peter Seeberger (rechts) stösst mit Kokosnüssen auf eine gute Zusammenarbeit an (Bild: zVg)
Interview mit BR Simonetta Sommaruga – an der StopArmutkonferenz gegen Menschenhandel 2013 in Bern
Delegationen aus vier afrikanischen Nationen an der Planungskonferenz von Cent Mille Fleurs 2020 in Benin

Peter Seeberger war Bibelschullehrer und Unternehmer in Afrika, Pastor in der Schweiz und Leiter von StopArmut: Das waren prägende Stationen auf seinem Weg des Lernens, wie ganzheitliches Christsein weltweit aussehen kann.

Burkina Faso

Von 1990 bis 2000 lebte Peter mit seiner Familie in Burkina Faso und unterstützte den Aufbau einer Bibelschule. «Erst nach Jahren merkte ich, wie dabei ganz wesentliche Elemente fehlten.» Die klassischen theologischen Fächer waren etabliert. Doch welche Antwort hatte die Gemeinde auf die grassierende Armut und die Abhängigkeit von westlichen Geldgebern? Etwas musste sich ändern, um der Not der Menschen nachhaltig zu begegnen. So investierte sich Peter, neben dem Lehren an der Bibelschule, als Unternehmer.

Geschäftsbeziehungen wurden entwickelt, die einheimischen Christen halfen, Einnahmen zu generieren. «Auf diese Weise wurden lokale Kirchen finanziell eigenständiger.» Durch ein Exportgeschäft fanden circa 10'000 afrikanische Bauernfamilien Arbeit und Verdienst.

Wir müssen Afrikanern Würde geben

Von Schweizern wurde Peter oft missverstanden: «Du verschwendest deine Zeit mit deinen Geschäften. Du solltest dich lieber auf den Bibelunterricht konzentrieren.» Hinter solchen Aussagen steckt die Unterteilung von geistlicher und materieller Arbeit, wobei letztere als minderwertig gilt. Für Peter hat es aber viel mit dem Evangelium und Würde zu tun, wenn afrikanische Gemeinden aus einer Abhängigkeit von westlichen Ländern herausgeführt werden.

Einige der Freundschaften, die Peter während seiner Afrikajahre aufgebaut hatte, pflegte er auch nach seiner Rückkehr in die Schweiz. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er nicht, welche Bedeutung diese Beziehungen für ein späteres Engagement haben sollten.

StopArmut

Nach Jahren der pastoralen Tätigkeit in der Schweiz wurde Peter 2009 angefragt, als Leiter bei StopArmut Schweiz einzusteigen. Eine Arbeit, die ihm weitere Perspektiven öffnete. «Das erste Mal fühlte ich mich darin verstanden, das Evangelium ganzheitlich zu leben.» StopArmut ist eine Kampagne der Evangelischen Allianz, die sich, als Teil der weltweiten Micha-Bewegung versteht. Die Kampagne setzt sich für gerechtere Gesellschaftsstrukturen auf der Grundlage von Micha Kapitel 6, Vers 8 ein und orientiert sich an den von der UNO erklärten 17 Zielen für nachhaltigen Entwicklung.

Während der kommenden Jahre begegnete Peter vielen Christen aus unterschiedlichen Nationen, welche alle der oftmals vorherrschenden stereotypen Theologie müde waren und sich nach einem ganzheitlich gelebten Christsein ausstreckten. Die Kirche durfte sich vor Themen wie Korruption, Menschenhandel oder globaler Ungerechtigkeit nicht verschliessen. Bis 2019 blieb Peter in leitender Funktion bei StopArmut – es waren prägende Jahre.

Der Armut effizient begegnen

Über Jahrzehnte war Peter immer wieder berührt von der weltweiten Armut. Er erkannte diese als ein strukturelles Problem. Die Frage war nun: «Wie können wir als Kirche einen Unterschied machen?» Dies kann nur gelingen, wenn wir Missstände in den eigenen Reihen beseitigen. Auch die verbreitete Theologie einer Zweiteilung von Geistlichem und Materiellem, will Peter unbedingt überwinden. «Schliesslich muss der Glaube an Jesus in allen Bereichen des Lebens Ausdruck finden.»

Armut innerhalb der Gemeinde zu bekämpfen, wurde Peter zunehmend wichtig. Seine westafrikanischen Freunde und er entwickelten ein simples, aber äusserst intelligentes Konzept, durch welches 100'000 Christen den Weg aus der Armut zu einem Leben in Würde finden sollen. Die zentralen Elemente dazu sind Eigenverantwortung und Solidarität.

Cent Mille Fleurs

Cent Mille Fleurs (100'000 Blumen) heisst das Projekt, welches Peter von der Schweiz aus unterstützt. Er ist begeistert: Nachhaltige Hilfe durch ein länderübergreifendes Projekt, mit Afrikanern als Drahtzieher und getragen durch freundschaftliche Beziehungen von Christen in Führungspositionen. Die meisten dieser Leiter sind ehemalige Bibelschüler von Peter. Christen in Burkina Faso, Benin, Togo und der Elfenbeinküste sollen innert zehn Jahren die extreme Armut in den eigenen Reihen eliminieren. Nahrung, Gesundheit, Obdach, Arbeit und Glaube sind einige der Bereiche, welche die Basis für ein Leben in Würde bilden.

Mit mehreren Missionswerken war Peter bereits in Kontakt. Er fragte sich jedoch, welche Organisation geeignet ist, den ganzheitlichen Ansatz von Cent Mille Fleurs mitzutragen. Ein Freund wies ihn auf den ehrenamtlich funktionierende Verein International Friendship Ministry hin, welcher die freundschaftsbasierte Zusammenarbeit von Schweizern und Afrikanern fördert. Peter nahm Kontakt auf und kurze Zeit später war ein gemeinsames Vorwärtsgehen beschlossen.

Peters Wunsch, mit afrikanischen Freunden und Partnern auf Augenhöhe zusammen zu arbeiten und gemeinsam das Evangelium in seiner Ganzheitlichkeit zu leben, nimmt Gestalt an. «Wir schaffen mit unseren finanziellen Mitteln keine neuen Abhängigkeiten sondern ermutigen unsere Freunde, das eigene Potential auszuschöpfen. Wenn dies gelingt, wird es nachhaltig.» Trotzdem sieht Peter die Verantwortung der Gemeinde in der Schweiz, von ihrem Wohlstand mit Christen zu teilen, die in extremer Armut leben.

Detaillierter Beschrieb über Cent Mille Fleurs und die Möglichkeit zum Mithelfen finden Sie hier.

Informationen über International Friendship Ministry finden Sie hier.

Zum Thema:
StopArmut Klimafasten: «Mach Schluss!»
Gemeinsame Ausrichtung: StopArmut im Gespräch mit Ökumenischer Kampagne
StopArmut-Konferenz: Wo stehen die Kirchen bei der Klima-Thematik?

Datum: 11.09.2020
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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