Darüber reden, aber nicht so!

4 Klischees, die keinem weiterhelfen

Es gibt viele Arten über etwas zu reden
Mancher Trost klingt so fromm, dass er direkt aus der Bibel zu stammen scheint. Doch er steht gar nicht darin und hat oft nur wenig mit Jesus und seiner Art zu reden und zu trösten zu tun.

Immer wieder erleben Christen nicht nur selbst Herausforderungen, sondern stehen auch vor Leid, Schwierigkeiten und Problemen im Leben anderer Menschen. Manchmal werden sie dann direkt gefragt: «Was sagst du als gläubiger Mensch denn dazu?» Und manchmal spüren sie den Impuls, hier helfen und trösten zu wollen, von selbst. Das ist wunderbar. Aber es wird dann schädlich, wenn sie aus Gewohnheit oder Überzeugung in die Kiste der «frommen Gedanken ohne Mehrwert» greifen. Davon gibt es viele. Vier besonders häufig verwendete sind diese:

Klischee 1: Gott gibt dir nie mehr, als du tragen kannst

Die Sehnsucht hinter dieser Zusage ist verständlich. Man sieht einen Menschen leiden und will ihm erklären, dass dieses Leid begrenzt ist. Bis jetzt war es hart, aber schlimmer wird es nicht kommen. Steht dazu nicht auch ein Vers in der Bibel, der das sagt? Ja, allerdings setzt dieser Vers einen anderen Schwerpunkt und hat damit eine andere Aussage. Paulus erklärt den Korinthern: «Es hat euch bisher nur menschliche Versuchung betroffen. Gott aber ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern er wird zugleich mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie ertragen könnt.»

In diesem Vers geht es nicht um alles, was Menschen widerfährt, sondern um sogenannte «Prüfungen» durch Gott. Wenn jemand sein Kind durch einen tragischen Unfall verloren hat oder andere dramatische Dinge erlebt, braucht diese Person nicht zu denken: «Das muss ich jetzt durchhalten und ‘ertragen’.» Gott verspricht durchaus, im Schmerz bei seinen Leuten zu sein und seine Treue gilt für alle Zusammenhänge, doch die Realität ist auch, dass Menschen am Leid zerbrechen können – und das ist kein Massstab für den Grad ihres Glaubens.

Klischee 2: Gott will, dass du glücklich bist

Steht das nicht irgendwo in den Sprüchen oder im Prediger? Sorry. Und obwohl die Bibel einiges zum Thema Glück sagt, ist kein pauschales Glücksversprechen dabei. Ansonsten würde Gott seine Arbeit auch nicht besonders gut machen… Glück ist ein Gemütszustand unter anderen, es gehört unbedingt dazu, aber man erfährt es weder ausschliesslich noch dauerhaft. Es hört sich unbequem an, aber Charakterentwicklung funktioniert nicht, wenn Menschen Tag und Nacht glücklich sind. Sie funktioniert auch nicht, wenn sie permanentes Glück als Ziel haben und jede Art von Unbehagen oder Störung vermeiden möchten. Wer Glück so erleben will, macht es zur Droge, die er erleben muss, und degradiert Gott damit zum Dealer, der für den nächsten «Schuss» zuständig ist.

Klischee 3: Du musst dir selbst vergeben

Auch hier stimmt die Grundannahme, die hinter der Zusage steht, die man anderen geben möchte: Menschen brauchen Vergebung! Und wenn sie diese erhalten, ist es wichtig, das auch anzunehmen. So stabil wie die menschliche Persönlichkeit auch «gebaut» ist, sie ist nicht dazu geeignet, dauerhaft Schuld und Scham mit sich herumzuschleppen – sie geht daran kaputt. Da hört es sich zunächst folgerichtig an, wenn man sich selbst vergibt.

Es ist tatsächlich ein wichtiger Punkt, sich selbst und anderen zu vergeben. Schwierig wird es, wenn man ihn losgelöst von der Vergebung betrachtet, die Gott gewährt. In erster Linie ist und bleibt er die Quelle und Voraussetzung für Vergebung, Umkehr und Neuanfang. Immer wieder unterstreichen die biblischen Autoren wie in Psalm 86: «Denn du, Herr, bist gut und vergibst gern; und du bist reich an Gnade für alle, die dich anrufen.» Wo Menschen diese Vergebung erfahren, können sie sie weitergeben – wo nicht, da bleibt es ein fast unerfüllbarer Anspruch, selbst wenn es nicht um andere, sondern «nur» um einen selbst geht.

Klischee 4: Wenn etwas nicht geklappt hat, dann hat Gott einen besseren Plan

Diese Aussage hört man, wenn man sich beworben, aber jemand anderes die Stelle bekommen hat. Man hört sie, wenn eine Beziehung auseinandergegangen ist und bei vielen anderen Gelegenheiten. Wieder steckt dahinter etwas sehr Positives: die Grundhaltung, dass Gott es gut meint. Doch der Fokus liegt ausschliesslich auf dem Hier und Jetzt. Ein Märchen ist erst dann zu Ende, wenn der Prinz gekommen ist, seine Prinzessin gegen alle Widerstände geheiratet hat und mit ihr «glücklich bis ans Ende ihrer Tage» zusammenlebt. Das ist jedoch nicht biblisch, sondern Disney.

Wenn etwas scheinbar Gutes nicht eintritt oder aufhört, bedeutet es nicht, dass etwas «Besseres» (was immer das dann wäre) eintreten müsste. Praktisch gesehen kann man natürlich jemanden, der ein Kind verloren hat, damit trösten, dass auch Hiob am Ende seine Verluste und verstorbenen Kinder «doppelt erstattete», doch gerade dieses Extrembeispiel macht deutlich, wie krank solch ein «Trost» in Wirklichkeit wäre.

Trost ohne Klischees

Wer mit Leid konfrontiert wird, ist oft sprachlos. Wer mit echten Problemen zu tun hat, dem fehlen oft die Lösungen. Doch miteinander zu schweigen, zu beten, sich in den Arm zu nehmen und sich gegenseitig daran zu erinnern, dass Gott trotzdem da ist, hilft mehr als der Griff in die Kiste der «frommen Gedanken ohne Mehrwert».

Es gibt echten Trost in diesem Leben! Und Gott ist ein «Gott des Trostes». Doch Trost spenden können Christen nur, wenn sie auf Klischees verzichten und sich vom Anspruch verabschieden, dass solcher Trost bitte sofort und direkt einzutreten hätte.

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Datum: 25.03.2024
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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