Mode

Dilbaras Traum wurde wahr

In einer Einzimmerwohnung fing Dilbara Aschimbajeva an, Kleider zu entwerfen. Sie hatte zwei Nähmaschinen. Das war vor neun Jahren. Heute ist Dilbara eine international bekannte Modeschöpferin, ihre Kleider sind auch in Boutiquen im Westen zu kaufen. Möglich gemacht hat das die Schweizer Stiftung BPN. Sie hat 425 Jungunternehmer in Entwicklungsländern gefördert.
Dilbara Aschimbajeva (vorne links) mit Models, die in Aarau erstmals in der Schweiz ihre Kollektion zeigten.
Gründer und Stiftungsratspräsident: Jürg Opprecht fördert KMU als Rückgrat der Wirtschaft in Entwicklungsländern.
Von der Amag zu BPN: Der ehemalige Automanager Roland Frauchiger wirkt neu als CEO der Stiftung.
In einer Einzimmerwohnung fing Dilbara Aschimbajeva an, Kleider zu entwerfen.
Das BPN-Konzept besteht aus Krediten zu fairen Konditionen, betriebswirtschaftlicher Ausbildung und Coaching für die geförderten Unternehmer.

Mitte Juni feierte die Stiftung (BPN steht für Business Professional Network) mit 200 Sponsoren und Gästen im Kultur- und Kongresshaus in Aarau das zehnjährige Bestehen. Der Gründer Jürg Opprecht stellte dabei den Ex-Amag-Chef Roland Frauchiger als neuen CEO vor. Dilbara Aschimbajeva kann als erfolgreiches Beipiel einer KMU-Förderung in Kirgisien gelten. «Ich war noch angestellt als Designerin, aber ich habe gespürt, dass ich etwas Eigenes anfangen muss.»

Das war schwierig in Kirgisien. Nach dem Zerfall der Sowjetunion mit ihrer Planwirtschaft sollte das Land auf die freie Marktwirtschaft umstellen, doch sein Wirtschaftssystem brach zusammen. Dilbara fehlten die Mittel, um ein Unternehmen zu gründen. Dank einem Kredit von BPN kaufte sie vor neun Jahren zusätzliche Nähmaschinen und erwarb eine Geschäftsliegenschaft.

Praktische Unterstützung

«Die finanzielle Hilfe war entscheidend für mich, doch noch wichtiger war die moralische und praktische Unterstützung durch die Mitarbeiter von BPN, die mich besuchten und an mich geglaubt haben», erzählt Dilbara. Sie schuf ihr eigenes Modelabel «Dilbar Fashion House» und wurde in Moskau an einer Modewoche als Nachwuchsdesignerin prämiert. Mittlerweilen ist die kreative Frau aus der kirgisischen Hauptstadt Bischkek international bekannt. Sie verkauft ihre Kreationen in Boutiquen wie derjenigen in der amerikanischen Hauptstadt Washington. In Aarau löste die Moderatorin Applaus unter den Damen im Saal aus mit dem Hinweis, die von kirgisischen Models gezeigten Haute Couture-Kreationen von Dilbara seien nach der Veranstaltung zu kaufen.

Impuls in Kirgisien

 Die entscheidenden Impulse zur Gründung der Stiftung BPN erhielt Jürg Opprecht 1998 auf einer Reise durch Kirgisien. In dem Land waren damals sechs von zehn Personen arbeitslos. Opprecht sprach an einem Workshop in der Hauptstadt Bischkek darüber, wie man Unternehmen gründet. Entgegen seinen Erwartungen baten ihn Einheimische nicht um Almosen. «Ich traf vielmehr Leute mit Ideen, die etwas konnten. Ihnen fehlte jedoch Startkapital, und sie baten mich, ihnen mit Krediten und Fachwissen zu helfen», erzählte Opprecht in Aarau. Er habe in diesen Menschen den Wunsch gesehen, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.

Der Elektroingenieur Jürg Opprecht leitete 12 Jahre lang das Familienunternehmen Soudronic in Bergdietikon im Kanton Aargau. 1998 verkaufte er diese Maschinenbau-Firma. Mit einem Teil des Erlöses äufneten Jürg und Benzli Opprecht ihre Stiftung Titus zur Förderung und Verbreitung des christlichen Glaubens. Mit einer Starteinlage von einer Million Franken gründeten sie 1999 zudem die Stiftung Business Professional Network (BPN). Die Stiftung Titus trägt seither die administrativen Kosten von BPN in der Schweiz. Alle Darlehen und Spenden fliessen direkt in die jeweiligen Entwicklungsländer.

Hilfe zur Selbsthilfe

«Der einzige Weg aus der Armut ist eine funktionierende Wirtschaft», betonte Jürg Opprecht an der Jubiläumsfeier. Deshalb setzt BPN mit Hilfe zur Selbsthilfe das Potential von Unternehmerinnen und Unternehmern in Entwicklungsländern frei. Durch diese Unterstützung werden sie fähig, Ideen umzusetzen und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeitslose Menschen erhalten eine Aufgabe und damit Selbstwert und Würde.

Das BPN-Konzept besteht aus Krediten zu fairen Konditionen, betriebswirtschaftlicher Ausbildung und Coaching für die geförderten Unternehmer. Ferner gründet BPN Unternehmervereine, in denen Firmengründer sich gegenseitig unterstützen. Dieses Konzept hat BPN zuerst in Kirgisien, danach in Benin und seit zwei Jahren in Nicaragua umgesetzt.

Schweizer Paten für KMU

Rund 200 Investoren aus der Schweiz haben in den vergangenen Jahren eine Unternehmer-Patenschaft für kleine und mittlere Unternehmen in Kirgisien, Benin und Nicaragua übernommen. Vor allem Personen, die selber unternehmerisch aktiv sind, begeistert der Ansatz von BPN. Wer eine Unternehmer-Patenschaft übernimmt, gewährt einem KMU über BPN ein fünfjähriges zinsloses Darlehen zwischen 3‘000 und 20‘000 US-Dollar für Maschinen und weitere Investitionen. Dazu kommen 1‘600 Franken als Mindestbeitrag pro Jahr während der Kreditlaufzeit für Ausbildung, Coaching und den Unternehmerverein. Gut 90 Prozent der Unternehmer zahlen die Kredite zurück. Die Beträge fliessen an die Darlehensgeber zurück oder dienen BPN zur Unterstützung weiterer KMU.

Automanager als CEO

Nach zehnjähriger Aufbauarbeit zieht sich Jürg Opprecht aus dem operativen Geschäft zurück und konzentriert sich auf das Präsidium des BPN-Stiftungsrates. In Aarau hat er Roland Frauchiger als neuen CEO vorgestellt. Frauchiger ist 49-jährig, verheiratet und Vater von drei Kindern. Er wuchs im Kanton Aargau auf und schloss seine Ausbildung an der ETH Zürich als Maschineningenieur und mit einem Doktortitel ab. In den vergangenen 13 Jahren wirkte er bei Amag in Schinznach, wo er sich zum CEO hochdiente. Roland Frauchiger begann seine Kontakte zu BPN als Investor.

Inzwischen lernte er auf Reisen Projekte in Kirgisien und Nicaragua kennen. Roland Frauchiger, Nina Zaugg und Hans Wilhelm bilden seit dem 1. Juni die neue Geschäftsleitung von BPN in Bern.

Start in Kirgisien

Im zentralasiatischen Staat Kirgisien wohnen rund fünf Millionen Menschen.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion kennt das Land seit 1991 die Demokratie.

Nach der Gründung 1999 unterstützte BPN im ersten Jahr elf Unternehmer in Kirgisien. Bis Ende 2005 profitierten bereits 170 Firmen mit über 3‘500 Mitarbeitenden von der BPN-Förderung. Als Hindernisse stellten sich die Bürokratie und die Korruption heraus.

BPN rät ihren Unternehmern, sich nicht auf Korruption einzulassen und vermittelt ihnen ethische Werte. Diese animieren wiederum Freunde und Geschäftspartner, ehrlich zu wirtschaften. «Der Erfolg des Programmes in den letzten Jahren ist beeindruckend. Unternehmer werden nicht nur finanziell unterstützt und professionell ausgebildet, sie werden auch zur ehrlichen Geschäftsführung motiviert. Unser Land braucht noch viele solcher Unternehmer», sagt der kirgisische Premierminister Kulov über BPN.

Arzt backt Brote

Der kirgisische Arzt Erik konnte seine Familie nicht versorgen. So richtete er 1994 eine kleine Bäckerei ein, die rasch auf 20 Mitarbeitende anwuchs.

Ein BPN-Kredit half ihm, die Produktion auf Sandwiches zu erweitern. Damit schuf er 15 neue Arbeitsplätze.

Auch die Ärztin Tschinara konnte von ihrer Anstellung in einem staatlichen Spital nicht leben. Sie baute deshalb eine eigene Klinik auf mit Apotheke, Allgemeinmedizin, Gynäkologie und einer Zahnarztpraxis. Ein BPN-Kredit half ihr, die Klinik mit medizinischen Geräten auszurüsten. Tschinara beschäftigt heute rund 20 Mitarbeitende.

Armut in Benin überwinden

Der westafrikanische Staat Benin war bis 1990 ein kommunistisches Land und funktioniert heute als stabile Demokratie. Seit 2004 ist BPN in dieser Republik aktiv durch Darlehen von bis zu 10 000 Euro für Unternehmer. Dank dieser Kredite, Ausbildung und Coaching hilft BPN Menschen in Benin, aus der Armutsspirale auszusteigen. Als Unternehmer erarbeiten sie sich und ihren Angestellten eine nachhaltige Lebensgrundlage. Sie sorgen für ihre Familien und ermöglichen ihren Kindern einen Zugang zu Bildung.

Geschickte Menschen

In Nicaragua mit seinen handwerklich geschickten und lebensfrohen Menschen unterstützt BPN seit Mitte 2006 Personen, die ein Unternehmen gründen. Das Land mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern ist touristisch kaum erschlossen, weist jedoch eine reiche Geschichte und landschaftliche Schönheit auf. Der Unternehmer Domingo und seine Frau produzieren mit ihren Mitarbeitenden Süssgetränke, die sie auf den Strassen und in Supermärkten verkaufen. Mit einem BPN-Darlehen kaufte das Paar eine neue Abfüllmaschine und eine Filteranlage.

Die Unternehmerin Iveth und ihre sechs Angestellten produzieren mit einfachen Mitteln eine Getreide-Fruchtmischung, die auf dem Markt grossen Anklang findet. Einheimische nehmen diese Mischung als Getränk oder als Müsli ein. BPN half Iveth, in eine Getreidemühle und in einen Trockner zu investieren. Sie konnte zudem ihre Mitarbeiterzahl verdoppeln.

Jährlich fördert BPN 80 neue Unternehmer mit einem Potential von über 1‘000 Arbeitsplätzen. BPN will das in Kirgisien, Benin und Nicaragua erprobte Modell in weiteren Entwicklungsländern umsetzen.

Datum: 25.06.2009
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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