Grenzen überschreiten

«Wer sind die Samaritaner in unserem Dorf?»

«Als Volkskirche erreichen wir nur einen geringen Teil des Volks.» Der englische Pfarrer George Lings lädt die Kirche ein, neue Formen von Gemeinde zuzulassen, zu gestalten und anzuerkennen.  Christen sollten, heute wie einst die erste Generation, Grenzen überschreiten.
«Selbst herausfinden, was der Weg ist.»
George Lings.

Der anglikanische Theologe George Lings gehört zu den Pionieren der Gemeindegründungsbewegung in der Church of England, der anglikanischen Staatskirche. Gemeindepfarrer während 22 Jahren, leitet er seit 1997 das Sheffield Centre, das die «Fresh Expressions of Church» (neue Ausdrucksformen von Kirche) beobachtet und Gemeindegründer schult und berät. Wie Lings in einem Vortrag am 20. Mai 2011  Kirchgemeindehaus Bäretswil im Zürcher Oberland sagte, dürfte es in England und Wales bereits über tausend «fresh expressions» geben.

Vom Heiligen Geist geschubst und gestossen

Um zu erläutern, was in der anglikanischen Kirche abgeht, zog der Pfarrer die Apostelgeschichte heran. «Die Kirche wurde verändert durch den Heiligen Geist und die Erfahrung der Mission.» Die Voraussetzungen für die erste Missionsreise, zu der Barnabas und Paulus aus Antiochia aufbrachen, waren in den Jahren zuvor erlebt und geschaffen worden. George Lings schilderte die Sprünge und Grenzüberschreitungen von Apostelgeschichte 8-12. Durch die Verfolgung wurden die Christen aus der Gemeinschaft in Jerusalem «wie Vögelchen aus einem Nest hinausgestossen».

Schock für die bestandenen Christen

Dass Samaritaner unvermittelt Christen wurden schockierte die Judenchristen in Jerusalem zuerst. Die Apostel erkannten Gottes Handeln in der Erweckung – dies obwohl die Samaritaner Jesus in ihrer Kultur nachfolgten. Lings legte die Lektion, die die Apostel zu lernen hatten, auf heute um: «Wer sind die Samaritaner in unserem Dorf?» Der Heilige Geist habe weitere «beunruhigende Lektionen» bereitgehalten: Philippus wurde von Samaria abgezogen und auf eine einsame Landstrasse beordert. Vor Damaskus habe Jesus Saulus geblendet und ihn rekrutiert. «Gott überrascht Saulus und die Kirche. Er bricht die Grenzen dessen auf, was wir für möglich halten. Er wählt Schlüsselpersonen für den Durchbruch aus.»

In die Mission hineingeworfen

Die Gemeinde von Antiochien betete und fastete – und hörte von Gott. Es gab keine Theologen,  die umfangreiche Papiere verfassten. «Ohne sie um Erlaubnis zu fragen, setzte der Heilige Geist zur Mission an. Dass die Christen in die Mission mit Gott hineingeworfen wurden, gab ihnen eine tiefere Sicht der Mission Gottes.» Es war, so Lings mit britischem Humor, eine «Reise vom Bekannten über das Zweifelhafte zum Undenkbaren». Mit Samaritanern, die die Juden nicht mochten und schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hatten, habe der Wandel eingesetzt. «In England müssen wir auch fragen: Wer sind heute die Samaritaner? Wer ist verletzt worden? Wer ist nicht hier, weil wir hier sind? Wie können wir mit ihnen in Kontakt kommen? Wie können sie Jesus entdecken? Wie wird die Kirche aussehen, die sie gestalten?»

Bewährtes und Riskantes

Seinen Hörern im Zürcher Oberland gab der Gemeindegründungsexperte aus Sheffield kein Patentrezept. «Ihr müsst selbst herausfinden, was hier der Weg ist.» Die gegenseitige Wertschätzung von traditioneller Gemeinde und neuen Gemeinschaftsformen sei entscheidend. «Beide denken, dass es beide braucht. Keine sieht die andere als überflüssig an.» In allem dürfe mit dem Heiligen Geist gerechnet werden: «So führt Gott: ein kleines Schubsen, ein Flüstern – und du fängst an dich zu fragen: Was bedeutet das?»

Zum Thema (in englischer Sprache):
Fresh expressions: changing church for a changing world
Fresh expressions auf Youtube

Datum: 25.05.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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