Politischer Märtyrer oder konsequenter Bekenner?

Dietrich Bonhoeffer
Bonhoeffer im Gefängnis

Vor 60 Jahren – am 9. April – wurde der deutsche Christ, Theologe und Widerstandskämpfer gegen die Nazis, Dietrich Bonhoeffer, durch ein später korrigiertes Fehlurteil hingerichtet. Er stellt uns bis heute vor die Frage, was die letzte Konsequenz des Glaubens sein kann.

Dietrich Bonhoeffer war alles andere als ein Glaubensromantiker. Das weit bekannte Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag“, das er zur Jahreswende 1944/45 als Gedicht schrieb, kann da schon täuschen.

Bonhoeffer galt als hoch gebildeter Theologe, der gleichzeitig einen ganz kindlichen Glauben hatte. Seine Eltern lebten ihm und seinen sieben Geschwistern den Glauben beispielhaft vor und lehrten sie, selbständig zu denken und Verantwortung zu übernehmen. Mit dem Resultat, dass keines der Kinder später auf die Nazi-Propaganda hereinfiel.

Glaube und Verstand

Mit seinem wachen Geist, seinem kritischen Verstand und seiner Hingabe an Gott litt Dietrich unter der verheerenden Entwicklung und „Ver-Führung“ seiner Zeit. Die Konsequenz seines Glaubens bedeutete für ihn, sich dem Widerstand anzuschliessen. Daneben sprach er – wo immer es möglich war –, über die Gründe seines Widerstandes gegen die Nazis. In einer Radiopredigt sprach er vom „Ver-Führer“. Da wurde er ausgeblendet. Zuvor hatte er der jungen Generation gesagt, dass der Mensch und insbesondere der Jugendliche so lange das Bedürfnis habe, einem Führer Autorität über sich zu geben, als er sich selbst nicht reif, stark und verantwortlich genug fühle, den in diese Autorität gelegten Anspruch selbst zu verwirklichen. Hier lag nach seiner Beobachtung auch der Grund für den Führer-Kult im damaligen Deutschland.

Als akademischer Theologe bildete er Nachwuchs aus, der seine Überzeugung teilte. Gegenüber der gleichgeschalteten Bewegung der „Deutschen Christen“ leistete er Überzeugungsarbeit, mit wenig Erfolg. Er wusste schon lange: „Hitler wählen, das heisst Krieg“.

Das Unheil verhindern

Er wollte das menschlich gesehen Unmögliche tun und diesen Krieg verhindern. So schloss er sich einer Bewegung an, die sich nichts Geringeres auf den Schild gesetzt hatte, als den Tyrannen zu töten. Er nutzte seine Auslandaufenthalte als Angestellter im Auslandamt der Wehrmacht für Kontakte mit Kräften, die den Widerstand in Deutschland unterstützten. Da kam ihm die Gestapo auf die Spur und verhaftete ihn. Am 20. Juli 1944 misslang ein Attentat auf den Führer, obwohl eigentlich alles nach Plan lief. Bonhoeffer selbst wurde zum Tod verurteilt und am 9. April 1945 entkleidet und gehenkt.

Der Tyrannenmord und die Kirche

Die Kirche tat sich lange schwer mit dem Handeln ihres Pfarrers und Professors. Lange hiess es, die Kirche könne das Attentat auf Hitler niemals gutheissen. Bonhoeffer sei ein politischer, nicht ein christlicher Märtyrer, sagte 1953 Bischof Meiser von der evangelisch-bayerischen Landeskirche. Bis heute kam es in dieser Sache zu keiner offiziellen Korrektur. Auch die Gerichte Deutschlands taten sich schwer, die Legitimität des Todesurteils anzuzweifeln. Erst 1998 wurden Bonhoeffer und seine Mitstreiter rehabilitiert.

Bonhoeffer stellte seine Zeit vor die Frage, wie weit ein Christ gehen kann, um grösstes Unheil zu verhindern. Hätten vielleicht Millionen gerettet werden können, wenn das Attentat auf den „Führer“ gelungen wäre? Wir wissen es nicht. Sicher ist, dass Bonhoeffer sein Leben eingesetzt hat mit dem Ziel, Unheil zu verhindern und viele vor dem Tod zu bewahren. In diesem Sinne wird sein Vorbild noch lange leuchten.

Datum: 29.03.2005
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Jesus.ch

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