Manche liefen zwei Tagesmärsche zur Schulung
Reinhard Knödler: Die Bibel Liga ist für Gemeinden weltweit eine helfende Hand in der Ausbildung von Kleingruppenleitern und Gemeindegründern, aber natürlich auch dadurch, dass wir interessierte Menschen zu Bibelstudiengruppen einladen und ihnen Gottes Wort schenken. Im deutschsprachigen Raum verbreiten wir keine Bibeln, sondern sind mit unserer Unterstützungsarbeit Sprachrohr für Hundertausende, die noch keinen Zugang zu einer eigenen Bibel haben. Wir bewegen Bibeln zu Menschen, aber auch Menschen zur Bibel. Zusätzlich bieten wir hier bei uns Bibelprodukte an, die wir «Appetitanreger zum Bibellesen» nennen, zum Beispiel ein Bibel-Tagebuch, Bibelkärtchen oder Hängeschilder zum Auswendiglernen von Bibelversen.
Welche Rolle spielt der Schweizer Zweig?
Von Kehrsatz bei Bern versendet ein ehrenamtliches
Team unsere Bibelprodukte an Schweizer Besteller. Darüber hinaus haben
Schweizer Unterstützer mit grosszügigen Spenden weltweit Zehntausenden die
Teilnahme an einem Bibelstudienkurs und eine eigene Bibel ermöglicht. Alle Aktivitäten
für den gesamten deutschsprachigen Raum werden von einem kleinen Team im Süden
Deutschlands koordiniert.
Ein Eckpfeiler der Arbeit ist das Philippus-Programm,
was genau geschieht durch dieses?
Das Philippus-Programm dient Gemeinden in unseren 40
Einsatzländern als Schulungsprogramm für Evangelisation und Jüngerschaft.
Vorbild dafür ist Apostelgeschichte, Kapitel 8, Verse 26-39: Dort erklärt der Evangelist
Philippus einem Äthiopier ausgehend von einer alttestamentlichen Prophetie das
Evangelium und führt diesen zum Glauben an Jesus Christus. Unsere einheimischen
Bibel Liga-Mitarbeiter bilden Christen zu ehrenamtlichen Kleingruppenleitern
aus und stellen ihnen Bibeln und Schulungsmaterial zur Verfügung. In den
letzten Jahren wurden mehrere hunderttausend Kleingruppenleiter ausgebildet und
haben Millionen Menschen an einem Bibelkurs der Bibel Liga teilgenommen. Viele
Bibelgruppen-Teilnehmer haben trotz sozialer Anfeindung oder sogar Lebensgefahr
die Gruppen besucht und sind Nachfolger Jesu geworden.
Über tausend Gemeinden sind durch die Bibel Liga
gegründet worden – wie wird da vorgegangen?
Die
Bibel Liga selbst gründet keine Gemeinden. Aber wir helfen potentiellen
Gemeindegründern, die in unerreichten Stadtteilen oder Dörfern eine neue
Gemeinde gründen wollen. Unsere Gemeindegründer-Ausbildung dauert in der Regel
ein Jahr und umfasst fünf Schulungseinheiten, die im Wechsel aus
Blockunterricht und praktischer Anwendung bestehen. Dabei geht es vor allem um
die Vermittlung praktischer Fähigkeiten: Wie gestalte ich einen Gottesdienst?
Wie leite ich eine Bibelstudiengruppe? Wie kann ich das Evangelium einladend
weitergeben? Aber auch um administrative Aufgaben wie Buchführung, Zeitmanagement
und Personalführung. Jeder Gemeindegründer, der sich für diese Ausbildung
bewirbt, muss schon ein Zielgebiet für seine zukünftige Gemeinde ausgewählt
haben und beginnt dort parallel zu seiner Ausbildung auch mit den ersten
Aktivitäten.
Wie «entsteht» eine solche neue Gemeinde?
Es gibt ganz verschiedene Ausgangssituationen,
aber meistens starten Gemeindegründungen mit evangelistischen Einsätzen. Bei
Gesprächen auf öffentlichen Plätzen oder Hausbesuchen berichten die Mitglieder
des Gründungsteams von ihrem Weg mit Jesus und bieten für Nöte der
Ortsansässigen Gebet an. Wenn Einzelne Interesse bekunden, wird ein erster
Termin und Ort für eine Bibelstudiengruppe festgelegt, oft in dem Haus
oder auf dem Grundstück eines geistlich Suchenden. Manches Mal ziehen der
Gemeindegründer und seine Familie direkt in das Zielgebiet, aber viele pendeln
zwischen ihrem Wohnort und dem Gemeindegründungsgebiet. Wenn die ersten
Personen zum Glauben finden, wird vom Gemeindegründer und seiner sendenden
Gemeinde zu einem Taufgottesdienst eingeladen. Manches Gründungsprojekt
scheitert, aber viele entwickeln sich zu einer stabilen Gemeinschaft. Wir
erfassen Gemeindegründungen in unserer Statistik erst ab einer Gemeinschaft von
20 Personen, von denen mindestens 1/3 Erwachsene sind.
Was ist das nächste grössere Projekt der Bibel Liga?
In diesem Jahr setzen wir einen Schwerpunkt auf
Thailand. 94,6 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten. 79 der 114 Volksgruppen
gelten als vom Evangelium unerreicht. Allerdings gibt es eine neue Offenheit
gegenüber dem Evangelium, besonders in ländlichen Regionen. Die wachsende Zahl
der Jesus-Nachfolger macht Mut: Anfang der 1950er-Jahre gab es nur rund 14'000
Christen, heute etwa 680'000. Dieses und nächstes Jahr wollen wir mit unseren
Unterstützern mindestens 20'000 thailändische Absolventen von
Bibelstudiengruppen mit Gottes Wort beschenken.
Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
Mich bewegt der geistliche Hunger und Durst, dem ich
in unseren Einsatzländern begegne. Ich bin Madagassen begegnet, die zwei Tage Fussmarsch
auf sich genommen haben, um bei einer Schulung dabei zu sein und die dann ihr
Bibelpaket voller Freude nach Hause getragen haben. Oder ich denke an den
Leiter einer mosambikanischen Landgemeinde, der mir seine zerfledderte Bibel
zeigte und erzählte, dass er schon seit mehreren Jahren mit dieser Bibel eine
Gemeinde mit 80 Mitgliedern leitet. Er war der einzige Bibelbesitzer und las
seinen Brüdern und Schwestern Woche für Woche aus seiner Bibel vor. Heute haben
sie glücklicherweise Zugang zu Gottes Wort in ihrer Sprache. Aber mich bewegt
es auch, wenn ich mit Frauen und Männer hier bei uns spreche, die Gottes Wort
für so bedeutsam und glaubensstärkend halten, dass Sie sich Zeit nehmen, es
auswendig zu lernen. Menschen, die keine «Auswendiglern-Naturtalente» sind,
aber dennoch biblischen Texten in ihrem Verstand und Herzen Raum geben.
Zur Webseite:
Bibel Liga
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet