Historische Bibelübersetzung: Übertragung der „Septuaginta“ abgeschlossen

Die „Septuaginta“: Erstmals in deutscher Sprache erhältlich.
Fragment der „Septuaginta“.

Erstmals in deutscher Sprache präsentieren Bibel-Experten bei einer internationalen Tagung in Wuppertal Leseproben der bedeutendsten Bibelübersetzung der Antike. Die über 2000 Jahre alte Bibel der Urchristenheit, die Septuaginta, geht auf jüdische Gelehrte in Alexandrien zurück.

Die deutsche Übersetzung sei jetzt abgeschlossen, der Druckprozess im Gange, erklärte der Saarbrücker Neutestamentler Wolfgang Kraus. 130 internationale Bibelwissenschaftler waren bei der Vorstellung erster Leseproben in Wuppertal dabei.

Einer Legende zufolge sollen im 3. Jahrhundert vor Christus 72 jüdische Älteste die fünf Bücher Mose vom Hebräischen ins Griechische übersetzt haben. Daher kommt der Name Septuaginta, was in Latein «die Siebzig» bedeutet. Die Septuaginta gilt als älteste und bedeutendste Übersetzung des Alten Testaments und war die Bibel der frühen Christenheit.

Enormer Aufwand

«In wenigen Monaten wird die Septuaginta erstmals als deutsche Gesamtausgabe mit Erläuterungen in zwei Bänden erscheinen», sagt Kraus. Sieben Jahre lang hat ein internationales Team von rund 80 Bibelwissenschaftlern dafür Pionierarbeit geleistet: 53 Bücher des griechischen Alten Testamentes mussten zuverlässig übersetzt, in «lesbares Deutsch» gebracht und wissenschaftlich erläutert werden, berichtet der Theologieprofessor.

Beteiligt waren Theologen des Alten und des Neuen Testamentes, Altphilologen, Althistoriker, Judaisten, Ägyptologen und Experten früher Kirchengeschichte aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Australien und den USA. Für jedes Buch der Schrift gab es nach Auskunft von Kraus Fachleute.

Am Institut für Evangelische Theologie der Universität in Koblenz wurden die Ergebnisse der Bibelforscher koordiniert und zu einem Gesamtwerk verschmolzen. Am «Feinschliff» des Erläuterungsbandes, der wie die eigentliche Übersetzung allein rund 2500 Seiten umfasst, wird noch gearbeitet, berichtet Kraus. Er will gemeinsam mit dem Neutestamentler Martin Karrer aus Wuppertal die beiden Bände bei der Deutschen Bibelgesellschaft herausgeben. Beide Wissenschaftler hatten das Übersetzungsprojekt initiiert und 1999 an der Universität Koblenz-Landau gestartet.

Weitere Ausgaben in Arbeit

Eine Gesamtausgabe der Septuaginta in einer modernen Sprache gibt es bisher nur in einer englischen Version aus dem 19. Jahrhundert, so Kraus. Derzeit arbeiteten auch Wissenschaftler in Frankreich, Italien, Spanien, Nordamerika und Israel an Übersetzungen in die jeweilige Landessprache.

Aus der Sicht von Kraus schliesst das Septuaginta-Projekt in Deutschland eine Lücke: Die Bibelübersetzung führe die Breite des jüdischen Denkens vor Augen, seine Eigenart in hellenistischer Zeit und seine Vielfalt um die Zeitenwende. Der christlich-jüdische Dialog könne dadurch neue Impulse erhalten. Grosses Interesse zeigten auch die orthodoxen Kirchen, sagt Kraus. Die in Deutschland lebenden orthodoxen Christen könnten die Übersetzung zur Bibellektüre und bei Gottesdienstfeiern nutzen.

Das Übersetzungsprojekt hatte einen Etat von rund 600.000 Euro. Daran haben sich die Evangelische Kirche im Rheinland, die Deutsche Bibelgesellschaft, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sowie die Universitäten in Saarbrücken, Wuppertal und Koblenz als Hauptgeldgeber beteiligt.

Datum: 21.07.2006
Quelle: Epd

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