250x pro Woche «Heiland Sack»

Würde, Freundlichkeit und Lebensmittel verteilen

Wöchentlich erhalten in der Vineyard-Gemeinde Basel 250 Menschen einen «Heiland Sack» mit Lebensmitteln. Inzwischen helfen zahlreiche ehemalige Bezüger beim Verteilen mit.
Michel Fischer gibt nicht in erster Linie Lebensmittel, sondern Würde und Freundlichkeit weiter.

Als Michel Fischer vor elf Jahren als Pastor zur Vineyard Basel stiess, fragte er sich: «Wenn es uns als Gemeinde nicht mehr gäbe, würde dies in der Stadt jemand merken und uns vermissen?» Und dann als Zweites: «Wie können wir der Stadt Gutes tun?» 2010 gründete Fischer mit drei anderen das Projekt «Dienst am Nächsten» (DaN) und die Lebensmittelverteilung «Heiland Sack». Fünf Personen der Gemeinde waren damals in Not. Nach einigem Zögern nahmen diese fünf nach dem Gottesdienst je einen Sack mit Lebensmitteln, die andere Gottesdienstbesucher mitgebracht hatten. «Weil wir immer mehr Lebensmittel erhielten, fragten wir nach, wer andere Menschen in Not kenne.» So beschreibt DaN-Leiter Michel Fischer den Start der Verteilung «Heiland Sack».

30 Prozent Schweizer Empfänger

Heute werden wöchentlich 250 solcher Lebensmittel-Säcke abgegeben. Die Schweizer Tafel liefert dazu den Inhalt, den sie bei Grossverteilern einsammelt. DaN Basel, seit 2014 ein eigenständiger Verein, betreibt damit nach Aussage von Michel Fischer in den Räumlichkeiten der Vineyard-Gemeinde die grösste von mittlerweile 25 Basler Abgabestellen. Etwa 30 Prozent der Empfänger sind Schweizer.

Das Sozialamt nicht ersetzen

«Wir wollen Leuten helfen, sind aber kein Sozialamt», sagt Michel Fischer. DaN hilft deshalb, an die richtige Anlaufstelle zu gelangen. In welchem Bereich sie selber vertieft helfen können, hängt immer auch ab von den momentanen personellen Ressourcen. «Aktuell haben wir mehrere Finanzspezialisten und können da konkret beraten.» Aber das eigentliche Anliegen ist anders gelagert: «Unser Kernbusiness ist es, Würde und Freundlichkeit zu verteilen.» An vielen Stellen begegneten diese Menschen einer gewissen Skepsis, und das führe sie in die Einsamkeit. «Liebevollen Umgang zu erleben verändert jedoch die Leute. So schöpfen sie Mut, dranzubleiben und wieder zu den entsprechenden Anlaufstellen zu gehen.» Die Lebensmittelabgabe ist also der sichtbare Ausdruck der Liebe, die das DaN-Team weitergibt.

Mit dem Namen «Heiland Sack» gibt DaN einem Schimpfwort einen neuen Inhalt. «Wir schaffen das Schimpfwort ab. Symbolisch ist im Sack auch der Heiland mit dabei.» Auch den Spendern tue die Verteilung gut, deshalb steht auf der anderen Sackseite: «Teilen hilft heilen».

Nach und nach kommen Fragen

Eine Geschichte freut Michel Fischer besonders. Eine Frau kam zur Verteilung und sagte gleich: «Mit diesem Gott will ich nichts zu tun haben!» Fischers Reaktion: «Herzlich willkommen!» Nach zwei Monaten wollte sie mehr über die Kirche wissen. Weitere vier Monate später fragte sie: «Michel, könntest du für mich beten?» Nach einem Jahr besuchte sie ein erstes Mal den Gottesdienst, um nach nochmals 18 Monaten ihr Leben Jesus anzuvertrauen. Jetzt kommt sie unregelmässig zum Gottesdienst. «Nach einem solchen Prozess kann man auch solide mit den Leuten vorangehen», bilanziert Michel Fischer. Die Heiland-Sack-Empfänger hätten eine ganz andere Kultur. Sie müssten nicht die Kultur der Gemeinde übernehmen. Das würde sie überfordern. Fast alle im Verteil-Team waren aber ursprünglich Bezüger. Die Mitarbeit gibt den Leuten Würde und sie werden gecoacht. «Sie erleben bei uns Werte des Reiches Gottes.»

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Datum: 08.03.2019
Autor: David Gysel
Quelle: idea Schweiz

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